NASA-Astronomen hatten die Wahrscheinlichkeit eines Treffers in sieben Jahren zwischenzeitlich auf 3,1 Prozent hochgesetzt. Dann jedoch ein etwas entwarnendes Update: Die Gefahr eines Einschlags wurde am Mittwoch, den 19. Februar wieder auf 1,5 Prozent heruntergestuft, so die NASA.
Asteroiden können der Erde durchaus gefährlich werden
Noch sind die Unsicherheiten bezüglich eines möglichen Einschlags des Asteroiden 2024 YR4 sehr groß. Um die Größe des auf 40 bis 90 Meter geschätzten Brockens und damit seine potenzielle Zerstörungskraft genauer zu ermitteln, soll das James-Webb-Weltraumteleskop den Asteroiden 2024 YR4 Anfang März mit seinen Infrarotoptiken anvisieren.
Die DART Mission der NASA hat erfolgreich gezeigt, dass man Asteroiden von ihrer Bahn ablenken kann – durch den Einschlag einer Raumsonde. Würde das auch funktionieren um die Erde vor einem Einschlag zu bewahren?

Eine Einschlagswahrscheinlichkeit von 3,1 Prozent. Woher kommt diese Zahl?
Die kommt vom Center for Near Earth Object Studies der NASA, also dem Institut der Raumfahrtagentur, das sich mit Asteroiden beschäftigt, die der Erde nahekommen oder nahekommen könnten. Da muss man aber gleich dazusagen, wir sprechen hier von astronomischer Nähe.
Nach aktuellen Berechnungen könnte sich der Asteroid uns auf etwa 420.000 Kilometer annähern, und zwar um Weihnachten 2032. Zum Vergleich, der Mond ist zwischen 360.000 und 405.000 Kilometer von der Erde entfernt. Das ist astronomisch gesehen, recht nahe, aber 400.000 Kilometer sind 400.000 Kilometer, das ist schon sehr weit weg.
Aber wenn man jetzt so eine Umlaufbahn eines Asteroiden und auch die sogenannten close approaches, also Annäherungsereignisse – wenn man die auf so lange Zeit berechnet, dann gibt es eine gewisse Unsicherheit. Und nach bisherigen Beobachtungen kommt man eben zu dem Ergebnis, dass, diese Unsicherheit mitberechnet, ein Einschlag auf der Erde eine Wahrscheinlichkeit von 3,1 Prozent hat. Das ist zwar relativ hoch, aber auch hier wieder: hoch aus astronomischer Sicht. Dass es zu einem Einschlag kommt, das ist relativ unwahrscheinlich.

Welche Gefahr von einem Asteroiden ausgeht, hängt ja nicht nur damit zusammen, ob er auf der Erde einschlägt, sondern auch von anderen Faktoren, wie groß, wo er einschlägt, und so weiter. Gibt es da Schätzungen zur Gefahr?
Ja, dafür gibt es verschiedene Skalen, zum Beispiel die Turiner Skala, die geht von null bis zehn und gleichzeitig von weiß, über grün, gelb, orange zu rot – um das auch optisch zu verdeutlichen, wie gefährlich ein Ereignis ist – und da ist der Asteroid aktuell bei einer drei, was im gelben Bereich liegt.
Das bedeutet, die Einschlagswahrscheinlichkeit ist größer als ein Prozent, ein Einschlag würde lokale Zerstörungen verursachen, die Annäherung ist weniger als ein Jahrzehnt entfernt – aber, ganz großes aber: Im Gegensatz zum roten Bereich, geht man im gelben Bereich davon aus, dass eine weitere Beobachtung ergeben wird, dass der Asteroid keine Gefahr darstellt. Also, nicht, dass er erst zu einer zwei und einer eins zurückgestuft wird, sondern dass er direkt auf eine null zurückgestuft werden kann.
Und 2024 YR4 ist derzeit auch der einzige Asteroid, der über einer null eingestuft wird. Da sollten wir also ein Blick draufhaben, müssen aber absolut keine Angst haben.

Aber denken wir trotzdem mal weiter: „Lokale Zerstörung“ hast du gesagt, was bedeutet das? Wie gefährlich könnte er werden?
Es würde sehr drauf ankommen, wo der Einschlag stattfinden würde. Die Explosion hätte wahrscheinlich eine Sprengkraft von etwa acht Megatonnen TNT-Äquivalent und da sind wir auf jeden Fall im Bereich von mittelstarken Atombomben. Das ist 500-mal mehr als die Hiroshima-Bombe und so im Bereich von Wasserstoffbomben. Die stärkste jemals gezündete Atombombe, war die Zar-Bombe, die 1961 von der damaligen Sowjetunion getestet wurde, mit etwa 50 Megatonnen.
Und um das mit einem anderen Asteroideneinschlag zu vergleichen, ist das Tunguska-Ereignis von 1908 in Sibirien ein ganz guter Vergleich: Wahrscheinlich war das ein Einschlag mit einer Sprengkraft von zwei bis vier Megatonnen, allerdings über komplett unbesiedeltem Gebiet. Die nächste Siedlung war etwa 65 Kilometer entfernt. Dort gingen tatsächlich auch Fenster kaputt. Menschliche Todesopfer gab es zwischen keinem und zwei, also sowas kann glimpflich ausgehen.
Würde es eine Metropole treffen, gäbe es Millionen Todesopfer. Doch der Großteil der Landfläche ist nicht bis dünn besiedelt. Würde ein Asteroid im Meer einschlagen, könnte das auch eine Katastrophe auslösen, Stichwort: Tsunami.

Gibt es da Vermutungen, wo das passieren könnte?
Das wäre, wenn dann etwas nördlich vom Äquator zwischen Mittelamerika und Südchina. Da gibt es schon ein paar riesige Städte – Lagos, Mumbai und Dhaka, zum Beispiel – aber es gibt eben auch viel kaum oder gar nicht besiedeltes Land, aber auch Wasser, was wie gesagt auch sehr gefährlich wäre.
Auch wieder ein Aber: Sollte das wirklich passieren, dann werden wir immer genauer vorhersagen können, wann und wo der Einschlag stattfinden würde, und es würde im Gegensatz zu vielen anderen Naturkatastrophen viel Zeit geben, um Menschen in Sicherheit zu bringen.
Könnten wir einen Einschlag, würde er denn stattfinden, auch verhindern? Die Dart-Mission hat ja gezeigt, dass das funktionieren könnte, würde man eine kleine Sonde auf einem Asteroiden einschlagen lassen.
Ja, das wäre tatsächlich eine Möglichkeit. Das Bremer Unternehmen OHB arbeitet sogar schon an einem Plan. Und die haben auch schon ein bisschen Erfahrung mit planetarer Verteidigung: OHB hat die Hera-Sonde gebaut, die gerade auf dem Weg zu Dimorphos ist, um die Folgen des Einschlags der Sonde genauer zu untersuchen.
Das nächste Startfenster für so eine Mission wäre 2028, da fliegt 2024 YR4 das nächste Mal an der Erde vorbei und man müsste ihm nur einen kleinen Schubser geben, das hat über die Millionen von Kilometer, die der Asteroid durchs All fliegt, riesige Auswirkungen.
Wie geht es jetzt weiter? Wann wissen wir mehr?
Im März und im Mai 2025 soll das James-Webb-Weltraumteleskop den Asteroiden genauer unter die Lupe nehmen. Dadurch will man mehr über seine Größe und Form rausfinden. Aktuell wird die Größe auf 40 bis 90 Meter geschätzt – und bei einem möglichen Einschlag würde es einen großen Unterschied machen, ob es eben 40 oder 90 Meter sind.
Das James-Webb-Teleskop wird auch mehr Daten über seine Flugbahn liefern können, aber die werden bis dahin ohnehin auch von Teleskopen hier auf der Erde gesammelt und möglicherweise wissen wir bis dahin schon sicher, dass von dem Asteroiden keine Gefahr ausgeht.