Digitale Illusion – reales Erlebnis
Von außen gesehen wirkt die Szenerie skurril: Vier Gestalten mit klobigen VR-Brillen auf dem Gesicht bewegen sich zögerlich durch die kahle Halle der Filmakademie in Ludwigsburg. In den Händen halten sie Controller, mit denen sie sinnlos in der Luft zu fuchteln scheinen.

Doch subjektiv erleben die Spieler etwas anderes: Mit Avataren erkunden sie gemeinsam das dreidimensionale, aufwendig gestaltete Labyrinth des gefürchteten Minotaurus. Den richtigen Weg finden, Türen öffnen, über Abgründen balancieren, mit dem Minotaurus kämpfen – die virtuelle Realität des Spiels bietet eine Menge Erlebnisse.
Virtual Reality: Leuchtturmprojekt aus Baden-Württemberg
Lisa Forelli, Producerin an der Filmakademie Baden-Württemberg, legt Wert auf die Feststellung, dass dies zwar ein Spiel sei, aber keine Spielerei. In dem von der EU als Leuchtturmprojekt geförderten MinoXR geht es auch darum, die Möglichkeiten dieser Technologie für weitere Anwendungen auszuloten.

Was wir hier entwickelt haben, ist eine sehr innovative Extended Reality Game Experience, die aber auf Technologien basiert, die ganz relevant für verschiedene Bereiche sind – zum Beispiel auch für die Medizin oder Therapieanwendungen, die durch Extended Reality wesentlich kostengünstiger gestaltet werden können.
Intensive Erfahrung dank virtueller Realität
Auch ich setze mir in Ludwigsburg die Virutal-Reality-Brille auf. Lisa Forelli begleitet mich. Sie hat sich in eine Minoerin verwandelt. Noch erscheint alles friedlich. Doch irgendwie flößt mir die fremde Umgebung Respekt ein.

Richtig unangenehm wird es, als wir über einem Abgrund über lose Balken balancieren - ganz reale Höhenangst. Von einem Gerippe leihe ich mir ein Schwert aus. Und da kommt er auch schon, der Minotaurus. Er greift mich an, zwingt mich zum Kampf. Ich haue und steche eine gefühlte Ewigkeit. Dann befreit mich einer der Ludwigsburger, nimmt mir die VR-Brille ab.
Die Producerin des Spiels, Lisa Forelli, weist darauf hin, wie besonders die Multiplayer-Funktion von MinoXR ist:
Ganz außergewöhnlich an dem Projekt ist, dass wir bis zu vier Spieler gleichzeitig hier in der Experience haben können. (...) Die Netzwerkkommunikation zwischen den VR-Brillen ist eine Herausforderung.
Virtual-Reality: Datenreduktion muss sein
Damit die Interaktion der Avatare miteinander und mit der virtuellen Welt in Echtzeit stattfinden kann, mussten die Datenmengen geringgehalten werden. Eine photorealistische Darstellung hätte die Technik überfordert, vor Allem weil ein Großteil des Datenflusses direkt zwischen den VR-Brillen stattfindet. So haben die Ludwigsburger sich für einen stilisierten Look entschieden, der sich an antiker Malerei auf Vasen orientiert.

Virtual Reality eignet sich auch zum Teambuilding
Dass die digitale, interaktive VR-Strategie ein Potenzial hat, das weit über die Welt der Spiele hinausweist, zeigt die Teambuilding-Software des österreichischen Herstellers Polycular. Hier „erwachen“ die Spieler in einem fremden Raumschiff. Gemeinsam erkunden sie ihre Umgebung, um zu verstehen, wie sich das Schiff steuern lässt.

Thomas Layer-Wagner von Polycular aus dem österreichischen Hallein empfiehlt diese Software beispielsweise für die Ausbildung von Lehrlingen:
Wenn man mit Leuten aus anderen Bereichen zusammenarbeitet, damit man ein Verständnis entwickelt, dass man vielleicht auch ein unterschiedliches Vokabular benutzt und unterschiedlich an Themen herangeht. Dafür wollen wir eine Sensibilität schaffen.
Auf dem Weg zum Massenphänomen
MinoXR und die Teambuilding-Software sind Teile des von der EU mit 5,7 Millionen Euro geförderten Forschungsverbundes „Emil“. Ziel ist es, den immersiven Zugang zu erweiterten Realitäten zu erforschen. Die Möglichkeiten der Extended Reality scheinen fast grenzenlos, ob in der Medizin, Schule, Ausbildung oder Kultur.

Schnelle Prozessoren und günstige Hardware ebnen den Weg in die breite Anwendung. Lisa Forelli sagt, wir stehen an einer Schwelle. Die Extended Reality wird in den nächsten Jahren zu einem Massenphänomen.