Nahaufnahme der Fellmusterung einer Giraffe. (Foto: IMAGO, IMAGO / YAY Images)

Paläontologie

Diese Ur-Giraffe war ein echter Dickschädel

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AUTOR/IN
Sophia Volkhardt
ONLINEFASSUNG
Lilly Zerbst

Ist sie das Einhorn der Urzeit? Forschende rekonstruieren das Erscheinungsbild der Ur-Giraffe und stellen fest: Das streitlustige Tier hatte einen scheibenförmigen Oberkopf, womöglich mit einem Horn, das es wie einen Rammbock einsetzte.

Ihren Namen "Diskokeryx xiezhi" hat die Urzeit Giraffe nicht von ungefähr. Ihr Namensgeber ist ein asiatisches Fabeltier, das einem Einhorn ähnelt. Denn das Besondere an diesem skurrilen Vorfahren der heutigen Giraffen ist die dicke, scheibenförmige Struktur am Kopf, die das Forscherteam rekonstruieren konnte. Es ähnelt einer Art Diskus-Einhorn – auf dieser Scheibe saß ein vermutlich domförmiges Horn.

Kampftaktik mit Köpfchen

Erstaunlich ist, dass der Giraffen-Vorfahr ganz anders aussah als unsere heutigen Giraffen. Die Urzeit Giraffen hatten nicht so einen langen Hals. Zum Kampf setzten sie ihren dicken Schädel wie einen Rammbock ein, erklärt Paläontologin Manuela Aiglstorfer vom Naturhistorischen Museum Mainz. Wie Steinböcke sollen die Giraffen einander angegriffen haben – mit einer enormen Kraft, wie kein anderes bisher bekanntes Wirbeltier.

Eine Mischung aus Giraffe und Ziege

Seit knapp 30 Jahren finden im Junggar-Becken im nordwestlichen China Grabungen statt, mit einzigartigen Fossilienfunden. Paläontolog:innen aus Deutschland, den USA, der Schweiz forschen unter chinesischer Leitung. In aufwendigen Verfahren wurde anhand der kleinteiligen Funde rekonstruiert, wie die Giraffe wohl ausgesehen haben muss.

Ausgewachsenes Okapi steht auf einer Wiese. (Foto: IMAGO, IMAGO / imagebroker)
Die Statur der Urzeitgiraffe habe den Forschenden zufolge eher der eines Okapis geähnelt.

Das Erscheinungsbild gleiche eher einem Okapi, erklärt Manuela Aiglstorfer. Bei der Farbgebung ginge man aber eher von der heutigen Fleckenmusterung der Giraffe aus, da sie eher in einem offenen Bereich gelebt haben. Die Statur könne man sich als Mischung aus Giraffe und Ziege vorstellen. Der Hals bestand aus dicken, röhrenförmig Wirbeln, die die heftigen Erschütterungen beim Aufprall abfangen mussten.

Warum hat die heutige Giraffe so einen langen Hals?

Die anatomischen Unterschiede lassen entscheidende Rückschlüsse auf den einzigartigen Hals heutiger Giraffen zu. Jedes Kind weiß, der Hals ist so lang, damit die Tiere in den Savannen auch die höher gelegenen Blätter in den Bäumen erreichen. Es könnte aber auch noch eine andere Erklärung geben, sagt Manuela Aiglstorfer.

Entscheidend könne auch das Sozialverhalten der Tiere sein. Bei den Urgiraffen hatte das großen Einfluss darauf, wie der Schädel und der Hals aussehen. Das lässt sich möglicherweise auch auf die die heutigen Giraffen übertragen. Schließlich werden die Hälse heute auch zum Kämpfen verwendet. Der Kampf war also vielleicht einer der Hauptgründe, warum der Giraffen-Hals im Laufe der Evolution immer länger wurde. Die Vorteile bei der Nahrungsbeschaffung sind möglicherweise „nur“ ein willkommener Nebeneffekt.

Giraffen schlagen im Kampf ihre Hälse aneinander. (Foto: IMAGO, IMAGO / imagebroker)
Zum Kampf schlagen Giraffen ihre langen Hälse aneinander. Zwei Männchen buhlen auf diese Weise zum Beispiel um eine weibliche Giraffe. Die Giraffe mit dem längeren Hals hat dabei möglicherweise bessere Chancen.

Forschende wollen die Veränderung von Ökosystemen besser verstehen

Die Arbeit der Paläontologin lässt aber nicht nur Rückschlüsse auf die evolutionären Zusammenhänge bei Giraffen zu – die Entwicklung der Tiere kann einen Ausblick auf unsere Zukunft liefern.

Die Forschenden versuchen die Ökosysteme von damals zu verstehen, um auch Rückschlüsse über die Veränderung der Ökosysteme heute zu ziehen. Zum Beispiel, welche Wanderungen es von Asien nach Europa gibt und was wir daraus lernen können für die Herausforderungen, mit denen wir heute konfrontiert sind – zum Beispiel was Klimaveränderung und die Veränderung von Ökosystemen anbelangt, so Manuela Aiglstorfer.

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