Ein fertiger Einzelspiegel des TRUMPF Lasers (Foto: ard-foto s1)

Deutscher Zukunftspreis 2020

Preisträger: Kleinere Mikrochips durch Laser-Technologie

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AUTOR/IN
Martin Miecznik
ONLINEFASSUNG
Vincent-Kolominsky-Rabas

Der Deutsche Zukunftspreis 2020 geht an die Entwickler der EUV-Lithographie. Mit dieser Technologie wird die Herstellung winziger Mikrochips plötzlich möglich.

Mikrochips sind längst ein grundlegender Bestandteil unseres Alltags. Dass wir riesige Datenmengen in Sekundenbruchteilen aufrufen und versenden können, hinterfragt kaum jemand - Ein Griff in die Hosentasche reicht bei den Meisten, um einen der leistungsstarken Rechenchips in der Hand zu halten. Dabei kann kaum jemand sagen, wie die Hersteller es schaffen, unsere Smartphones immer kleiner und leichter, aber trotzdem leistungsstärker werden zu lassen.

Auf dem zentralen Steuer-Chip sind als wesentlicher Bestandteil Transistoren angebracht. Nur damit kann das Smartphone arbeiten, Internetseiten öffnen oder Rechenoperationen durchführen. Je mehr Transistoren, desto mehr Rechnungen können durchgeführt werden.

Ein Computerschaltkreis von ganz nah (Foto: IMAGO, imago images / Imagechina-Tuchong)
Die Transistoren, die die Rechenleistung von Computerchips bestimmen, werden jedes Jahr kleiner. Mit der EUV-Lithografie wird dieser Prozess weiter beschleunigt.

Microchips werden immer leistungsfähiger

„1970 hatten wir circa 1.000 Transistoren auf einem Chip, und wenn wir jetzt gucken, Smartphone, neueste Generation, dann haben Sie auf einem Chip, der kleiner ist Ihre Fingerkuppe, 10 Milliarden Transistoren. Und darum geht´s eben. Leitungsfähigere Chips herzustellen, die gleichzeitig auch weniger Energie verbrauchen, und kostengünstiger sind, und das eben in diesem Takt, dass man alle zwei Jahre letztlich die Anzahl der Transistoren verdoppelt.“

So formuliert es Peter Kürz, der bei der Oberkochener Carl Zeiss AG an der Entwicklung einer neuen Technologie arbeitet, die sich EUV-Lithographie nennt. Mit ihr lassen sich Chips bauen, die noch kleiner und fähiger sind, als bisher. Für dieses Verfahren wurde das Entwicklerteam jetzt mit dem Deutschen Zukunftspreis 2020 ausgezeichnet.

Internationale Zusammenarbeit ermöglicht Fortschritt

Entwickelt wurde die EUV-Lithographie vom Optik- und Elektronikkonzern Zeiss, dem Laserhersteller Trumpf aus Ditzingen, dem Fraunhofer Institut IOF aus Jena und den niederländischen Konzern ASML. Zeiss, Trumpf und ASML konstruieren aber nicht die Computerchips, sondern eben die Geräte, mit denen die winzigen Chips hergestellt werden. ASML baut die Maschine, Trumpf baut den Laser und Zeiss das optische System.

Der Trumpf-Hochleistungslaser für die EUV-Lichterzeugung in der Montagehalle. (Foto: ard-foto s1)
Mit dem Trumpf-Hochleistungslaser für die EUV-Lichterzeugung lassen sich extrem kleine Mikrochips herstellen. Dafür sollen seine Entwickler mit dem deutschen Zukunftspreis ausgezeichnet werden.

Leistungsfähige Mikrochips mittels Lasertechnik

10 Milliarden Transistoren. Es ist nicht ganz leicht, diese unvorstellbare Menge in etwas wirklich Greifbares zu übersetzen. Es ist so, als ob die Oberkochener den Motor für einen neuen Rennwagen erfunden hätten. Wie schnell der Rennwagen fährt, hängt von vielen anderen ab, Konstrukteuren, Fahrern, Mechanikern. Aber dieser Motor, der ist eben entscheidend. Was er kann, erklärt Peter Kürz:

„Nehmen wir mal einen normalen Drucker. Wenn man sagt, das Bild wird sich aus Punkten, Pixeln aufbauen, dann hat ein Pixel bei der normalen Einstellung eines Druckers eine Größe von 85.000 Nanometern. Mit dem EUV-Tool kann man Strukturen - die haben die Größe von 13 Nanometern - abbilden. Und das bedeutet, dass wir auf eine DinA4-Seite ein Magazin wie den Spiegel circa 280.000 Mal draufdrucken können.“

Belichtung der Chips mit extremer Ultraviolett-Strahlung

Das EUV-Tool also ist das Herzstück der neuen Technologie. Abkürzung für „Extremes Ultraviolett“. Die Leiterbahnen auf Mikrochips werden damit unvorstellbar klein. Die runden Platten, die Wafer, aus denen nachher die Chips herausgesägt werden, sind Silizium-Scheiben, die mit Fotolack beschichtet wurden.

Eine Optik belichtet sie. Hundert Belichtungsvorgänge pro Platte, mit Hilfe von extrem ultraviolettem Licht, im Vakuum und statt mit Linsen mit Hilfe von Spiegeln. Das sind jedoch nicht etwa irgendwelche Spiegel, sondern die mit Abstand genauesten Spiegel der Welt.

Hohe Sicherheitsvorkehrungen für Konstruktion perfekter Spiegel

Ein Spiegel aus dem EUV-Lithografie-Projekt (Foto: ard-foto s1)
Die Spiegel, die für die Konstruktion von Mikrochips eingesetzt werden, müssen extrem glatt sein.

„Wenn Sie einen EUV-Spiegel auf die Größe Deutschlands vergrößern würden, hypothetisch, dann wären die kleinsten Abweichungen von der Sollform gerade mal 0,1 Millimeter hoch. So präzise ist der Spiegel gefertigt."

Solche Spiegel werden in gesicherten Produktionsstätten hergestellt, die nicht einfach zugänglich sind. Personal muss die Fertigungsräume durch eine Schleuse betreten, in der die Schuhe von unten gebürstet werden, danach werden sie mit Plastiküberziehern ausgestattet.

EUV High-NA-Spiegel (Foto: ard-foto s1)
Kein Staubkorn darf die Oberfläche der makellosen Spiegel, die beim EUV-Lithografie-Projekt eingesetzt werden, berühren.

Kein Staub darf in die Anlage kommen, wenn dort das Eingangstor hochgezogen wird. Das Schleifen der Spiegel erfordert viel Zeit: Unter der Zugabe von Schleifflüssigkeit und jeder Menge Wasser braucht die Maschine 6 Stunden für 0,2 Millimeter der Spiegelfläche. Und das ist der grobe Teil der Arbeiten.

Eine Wasserdüse verringert die Reibung bei der Fertigung eines Spiegels für das EUV-Lithografie-Projekt (Foto: ard-foto s1)
Für das Schleifen der Spiegel bei ihrer Fertigung wird viel Wasser benötigt.

Keine Angst vor Konkurrenz

Peter Kürz befürchtet nicht, dass ein solcher Einblick in den Herstellungsprozess dazu führen könnte, dass eine asiatische Großmacht diese Technologie kopieren und selbst auf den Markt bringen könnte. Es gibt mehrere Punkte, die ihn so sicher machen:

„Dass wir eine über 20-jährige Entwicklung haben, dass wir einen sehr hohen Aufwand auch gerade in diese Entwicklung hineingesteckt haben, alleine hier bei Zeiss über 2.000 Patente zum Thema EUV, von dem her ist es eben auch eine sehr gut abgesicherte Technologie. (…) Das andere ist eben das Know-How, das hier entstanden ist. Das überhaupt erst die Herstellung von EUV-Optiken möglich macht.“

2.300 Menschen arbeiten in Oberkochen schon jetzt an der EUV-Technologie, mit mehr als 2 Millionen Stunden Entwicklungszeit allein im vergangenen Jahr. Jetzt ist sie in Serie gegangen und sichert langfristig die Position des Firmenverbundes als Weltmarktführer.

Der Leiter der des Projekts zur EUV-Lithographie, Peter Kürz. (Foto: ard-foto s1)
Der Leiter der des Projekts zur EUV-Lithographie in der Halbleitersparte der Carl Zeiss SMT AG, Dr. rer. nat. Peter Kürz.

„Das ist ein erster Schritt, den man mit der EUV-Technologie gemacht hat, und man wird eben weitere Verbesserungen noch im nächsten Jahrzehnt und darüber hinaus mit dieser Technologie erzielen können.“

Von 8-Bit-Melodien zu Künstlicher Intelligenz

In Speicherkapazität übersetzt konnten die ersten Chips zur Zeit der ersten Mondlandung 1969 gerade mal einen Takt der 5. Symphonie von Beethoven in reduzierter 8-bit-Qualität abspielen.
Heute passt das Gesamtwerk Beethovens auf einen USB-Stick - und die gesammelten Kompositionen von Mozart, Bach, Haydn, Bruckner und Brahms noch dazu, als Videos in HD-Qualität.

Ein Mikrochip im Labor (Foto: ard-foto s1)
Die Anwendung von Mikrochips wird in naher Zukunft in allen möglichen Lebensbereichen zum Einsatz kommen. Dafür ist es wichtig, dass diese besonders klein und leistungsstark sind. Mit der EUV-Lithografie kommt man diesem Ziel einen weiteren Schritt näher.

Was diese neue Generation Computerchips einmal leisten kann, steht noch in den Sternen. Autonomes Fahren, Künstliche Intelligenz, Anwendungen im Gesundheitsbereich oder Möglichkeiten, die noch gar nicht ausgedacht sind. Man kann die Chancen oder die Risiken sehen, aber zumindest ist es keine Frage der Produktion mehr.

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