Es ist mehr als nur ein Streit um gutes Bier. Demnächst soll das Europäische Patentamt über ein Patent auf Züchtungen von Braugerste entscheiden. Beantragt hat es die große dänische Brauerei Carlsberg. Ein aktueller Fall in einer seit Jahren hitzig geführten Debatte um Patente auf so natürliche Dinge wie Pflanzen, Tiere oder Saatgut. Wir erklären, warum sie so umstritten sind.
Die Streitfrage: Was ist Natur, was ist erfinderische Leistung?
Die entscheidende Frage ist: Wo hört das Herkömmliche, Natürliche auf? Wo fängt das neu Erfundene, Patentierbare an? Darüber wird nicht nur beim Bier gestritten. Einige Beispiele für Patentanträge: Eine Paprika, die sich bei der Ernte leichter pflücken lässt. Eine Wassermelone, die keine Kerne enthält. Basilikum, das resistent gegen eine Pilzkrankheit ist. Oder Gerste, die das Bier besser schmecken lässt.
Die Voraussetzung für ein Patent ist: Es muss eine neue Erfindung sein, um darauf ein Patent zu bekommen. Einfach nur etwas, was in der Natur sowieso vorkommt, reicht da nicht. Denn ein Patent bedeutet schließlich einen gewissen Schutz - für die Forschung und für das Geld, das man in die Idee gesteckt hat.
Keine Patente auf herkömmlich gezüchtete Tiere und Pflanzen - aber Kritiker sehen Schlupflöcher
Diese klare Unterscheidung wurde vor Jahren eigens in Richtlinien und Gesetzen fest gezurrt. Patente auf Pflanzen und Tiere, die konventionell gezüchtet wurden, sind verboten. Was das gebraucht hat, ordnet die Patentkritikerin Verena Schmitt vom Umweltinstitut München ein:
Die patentierte kernlose Melone: Zufälliger Gartenfund oder erfinderische Leistung?
Das Umweltinstitut München ist mit mehreren anderen Organisationen Mitglied bei "Keine Patente auf Saatgut". Seit den 90er Jahren seien über 1500 Patentanträge eingereicht worden, berichtet Verena Schmitt. Über 200 Patente auf herkömmlich gezüchtete Pflanzen und Tiere seien erteilt worden.
Wenn die Pflanzen mit "im Wesentlichen biologischen Verfahren" gezüchtet wurden, dürfen sie eigentlich nicht patentiert werden. Aber diese rechtliche Vorgabe wird unterschiedlich ausgelegt.
Verena Schmitt erklärt das am Beispiel Wassermelone. Am Anfang stand eine Pflanze, die in einem Hausgarten gefunden wurde, die buschig wächst, nicht so viel Platz braucht und entsprechend mehr Ertrag bringt.
Dagegen hat der Verein "Keine Patente auf Saatgut" Ende letzten Jahres Einspruch erhoben.
Sorge um Einfluss von Agrarkonzernen auf unsere Ernährung
Wenn Samen, Pflanzen oder Tiere patentiert werden, dann hat der Patentinhaber gewissermaßen den Daumen drauf. Dann können sie von anderen Landwirten, Forschern oder Gärtnern nicht ohne Weiteres genutzt werden. Beispielsweise könnten auch Brauereien dann Lizenzgebühren zahlen müssen, wenn sie eine bestimmte Gerste verwenden.
Patentkritiker befürchten, dass große Konzerne mit dieser Patentmacht immer mehr Einfluss auf unsere tägliche Ernährung bekommen.
Verena Schmitt vom Umweltinstitut München weist als Ernährungsreferentin auf eine weitere Sorge hin:
Knapp 200.000 Unterschriften haben zahlreiche internationale Organisationen im vergangenen Jahr gesammelt und dem Europäischen Patentamt übergeben. Sie fordern ein Moratorium für Patente auf Pflanzen und Tiere. Es müsse rechtliche Klarheit geschaffen werden, was patentiert werden darf und was nicht.
Dabei sind auch die nationalen Regierungen gefordert. Die 38 Mitgliedsländer des Europäischen Patentübereinkommens haben über den Verwaltungsrat Einfluss auf das Europäische Patentamt.