Start der DART-Sonde am  (Foto: IMAGO, IMAGO / ZUMA Press)

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NASA testet Asteroidenabwehr mit DART-Sonde

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Uwe Gradwohl
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Im Sonnensystem kreisen Millionen von Asteroiden. Sie könnten auch die Erde treffen. Nun hat die NASA einen Asteroiden erfolgreich beschossen – als Testlauf für ein Abwehrsystem.

"Didymos" und "Dimorphos" – Sie sind die ersten beiden Asteroide, die die Menschheit ins Visier nimmt. Der kleinere Dimorphos wird auch gerne "Didimoon" genannt, denn wie ein Minimond umkreist er seinen größeren Kollegen. Seit Milliarden Jahren treiben sie friedlich als Pärchen durchs All. Und nichts deutet darauf hin, dass sie jemals mit der Erde zusammenstoßen könnten. Trotzdem wurden sie in der Nacht zum 27. September beschossen – als Teil einer NASA-Mission.

DART-Sonde soll in Asteroidenmond rauschen

Eine von der Erde aus gestartete Sonde sollte die beiden Asteroiden von ihrer Laufbahn ablenken. Es war ein Test für den Ernstfall: DART, so heißt die NASA-Sonde, steht für “double asteroid redirection test", zu Deutsch: “Doppel-Asteroid-Ablenkungs-Test".

Schematische Darstellung des Kurses der DART-Sonde auf den Asteroidenmond Dimorphos. (Foto: IMAGO, IMAGO / ZUMA Wire)
Die DART-Sonde soll in den Asteroidenmond Dimorphos prallen. Ist die Mission erfolgreich, verkürzt sich dessen Umlaufbahn um den Asteroiden Didymos. IMAGO / ZUMA Wire

Teil eins der Mission war erfolgreich. Zehn Monate lang wurde die Sonde von der Erde aus Richtung Ziel gesteuert. Während der letzten vier Stunden ihres Anflugs übernahmen jedoch ihre Kameras unterstützt durch eine Künstliche Intelligenz das Kommando. Die Sonde hat den kleineren von beiden Asteroiden in den Blick genommen, ihn eigenständig frontal angesteuert und sich mit fast sieben Kilometern pro Sekunde in ihn hineingerammt. Damit erreichte sie die siebenfache Geschwindigkeit einer Gewehrkugel.

NASA-Mission DART ist Testlauf für den Ernstfall

Asteroide könnten eines Tages die Erde treffen. Gerade Brocken in der Größe von Didymos und seinem Minimond könnten ganze Regionen von hunderten bis tausenden Kilometern Durchmesser auf der Erde verwüsten. Dabei sind die beiden nur 800 und 170 Meter groß. Und es gibt viel größere Asteroide, deren Einschlag erdumfassende Folgen haben würde. Mit dem Beschuss des kleineren Dimorphos will man grundsätzlich klären, wie ein locker gepackter Geröllhaufen im All überhaupt auf so einen Treffer reagiert.

Die SpaceX Falcon 9 Rakete hat die DART-Sonde an Bord. (Foto: IMAGO, IMAGO / ZUMA Wire)
Schon mehrfach in der Erdgeschichte haben Asteroideneinschläge zu massiven Massenaussterben geführt. Die NASA testet daher mit der DART-Mission das Umlenken eines Asteroidens durch den geplanten Crash mit einer Sonde. IMAGO / ZUMA Wire

Erfolgreiche Bahnänderung ist schwierig zu messen

Würde man auf einen allein fliegenden Brocken schießen, wäre es ziemlich schwierig zu prüfen, ob der Einschlag der Rammsonde die Bahn des Asteroiden tatsächlich verändert hat. Denn die Bahnänderung wird, egal wie gut der Schuss sitzt, sehr klein sein.

Es ist kaum möglich, eine so kleine Bahnänderung mit Teleskopen von der Erde aus zu messen. Bei einem frei fliegenden Asteroiden müsste man lange Zeit seine weitere Bahn verfolgen, um eine Abweichung von der Ursprungsbahn erkennen zu können.

Beschuss eines Asteroidenpaares vereinfacht die Messung

Die beiden Geröllhaufen, Didymos und sein Didimoon, verraten sehr schnell, welche Wirkung der Beschuss hat. Denn sie sind durch Gravitation aneinander gebunden: der eine kreist um den anderen – regelmäßig wie ein Uhrwerk. Durch den Treffer sollte sich Umlaufzeit des kleinen Mondes um seinen größeren Partner verkürzen. Statt bislang zwölf Stunden sollte er dann ein paar Minuten weniger für einen Umlauf benötigen.

Diese Veränderung ist mit Teleskopen von der Erde aus gut zu sehen. Denn wie es der Zufall will, liegt die Bahnebene des kleinen Dimorphos von der Erde aus gesehen genau so, dass er bei jeder Umrundung für kurze Zeit auch einmal hinter seinem Asteroidenkollegen verschwindet. Der kleinere Dimorphos wird dann von Didymos verdeckt. Diese Verdeckung können Teleskope auf der Erde erkennen.

Messungen bestätigen Erfolg der Mission

Wie Nasa-Chef Bill Nelson erklärte, war die DART-Mission in zweifacher Hinsicht ein Volltreffer. Denn nicht nur wurde die Morpheus genau getroffen. Der Aufschlag der Raumsonde hatte auch noch seine Bahn im Weltall verändert.

Und wie sich nun zwei Wochen nach dem Aufprall herausgestellt hat, hat sich diese Umlaufbahn seitdem nachweisbar verändert. Brauchte Dimorphos vor dem Aufprall elf Stunden und 55 Minuten für eine Umrundung von Didymos, waren es nach dem Aufschlag der Raumsonde elf Stunden und 23 Minuten, erklärte Nelson.

Die Umlaufzeit ist um 32 Minuten kürzer geworden. Durch den Aufprall hat sich die Umlaufbahn also verkleinert. Ein in der Menschheitsgeschichte bisher nie dagewesenes Experiment, dass in der Zukunft ein zentraler Bestandteil des planetaren Verteidigungssystems der NASA sein soll.

Weitere Sonden überprüfen Missionserfolg

Die Sonde lieferte bereits Live-Bilder von ihrem selbstzerstörerischen Anflug. Beobachtet wurde der Einschlag außerdem von LiciaCube, einer italienischen Sonde die im drei-Minuten-Abstand hinter DART herfliegt und Aufnahmen vom Einschlag liefert. Dann wird auch klar sein, wie tief der entstandene Krater ist.

In fünf Jahren wird die europäische Sonde HERA den Doppelasteroiden erreichen und die Bahn des kleinen Asteroidenmonds ab 2027 nochmals ganz genau vermessen. Die Mission ist also noch nicht beendet.

Wie sich bereits bei einem ersten Video des Manövers gezeigt hatte, hat die erste absichtlich herbeigeführte Kollision eines Raumfahrzeugs mit einem Asteroiden eine große Wirkung entfaltet. Die Nasa-Sonde hat den Himmelskörper wie gewünscht stark in Mitleidenschaft gezogen. So sah man auf den grobkörnigen Schwarz-Weiß-Bildern zunächst den Asteroidenmond Dimorphos und dann eine riesige Wolke aus Trümmerteilen und Staub vor Dimorphos.

"Wir haben bei Dimorphos einen Schaden angerichtet", sagte Patrick Michel von der Europäischen Weltraumagentur (ESA), die ebenfalls an der Auswertung des Experiments beteiligt ist. Das Volumen des "hinausgeschleuderten Materials" sei "ziemlich unglaublich". Anhand der Staubwolke können nun Schätzungen zur Dichte der Oberfläche von Dimorphos angestellt werden.

Illustration der Hera-Sonde im Anflug auf den Asteroidenmond Dimorphos. (Foto: IMAGO, IMAGO / ZUMA Wire)
Im Oktober 2024 wird die Sonde HERA planmäßig ins All starten. Sie soll das Didymos-Asteroidenpaar aus der Nähe beobachten und den Erfolg der DART-Mission untersuchen. IMAGO / ZUMA Wire

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