Geht von Geimpften keine Gefahr mehr aus?
So kann man es nicht sagen. Die Chance, dass Geimpfte andere anstecken ist gering, aber es ist nicht ausgeschlossen. Die Viruslast ist bei einer Infektion nach einer Impfung wohl deutlich niedriger als ohne. Sind Geimpfte einmal infektiös (also ansteckend) hält diese Infektiosität auch nicht so lange an wie bei ungeimpften Personen. Ähnlich sieht es das Robert-Koch-Institut bei Genesenen - zumindest in den ersten sechs Monaten nach ihrem positiven PCR-Test. Für diesem Zeitraum wird damit gerechnet, dass sie gegen eine Neuinfektion immun sind. Daher sollen für sie dann die gleichen Regeln gelten wie für Geimpfte.
Daten zu Ansteckungsrisiken gibt es inzwischen zu allen in Deutschland verimpften Impfstoffen:
Eine israelische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die Biontech-Impfung auch symptomlose Infektionen zu 90 Prozent verhindern kann. Eine noch nicht von Expert*innen gegengeprüfte britische Studie kommt auf 86 Prozent. Wer nicht infiziert ist, kann niemanden anstecken. Auch so wird also deutlich, dass von den meisten Geimpften wohl keine Ansteckungsgefahr ausgeht. Außerdem wird die Viruslast bei einer Infektion nach einer Biontech-Impfung laut einer weiteren noch nicht geprüften Untersuchung etwa vierfach verringert.
Eine US-amerikanische Untersuchung hat außerdem die Zahl der asymptomatischen Infektionen unter ungeimpften und mit einem mRNA-Mittel geimpften Menschen verglichen. Auch sie bestätigt sowohl dem Impfstoff von Biontech als auch von Moderna eine signifikante Reduktion asymptomatischer Covid-19-Fälle. Beim Mittel von Moderna geht eine noch nicht gegengeprüfte Studie davon aus, dass das Mittel die Ansteckungsrate schon nach der ersten Impfung um mindestens 61 Prozent verringert, vielleicht deutlich mehr.

Der Astrazeneca-Impfstoff soll asymptomatische Infektionen nach der ersten Impfung laut einer ebenfalls noch nicht überprüften Untersuchung um rund 67 Prozent verringern.
Der Impfstoff von Johnson and Johnson wird in Deutschland bisher zwar noch nicht verimpft, ist aber schon zugelassen. Dort ist die Datenlage zum Schutz vor Virus-Übertragungen dünner: Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA geht davon aus, dass das Mittel die Übertragungsrate verringern könnte, weil symptomatische Covid-19-Fälle verhindert werden. Inwieweit sich der Effekt aber auch auf symptomlose Verläufe übertragen lässt, ist noch unklar.
Das Robert Koch-Institut sagt deshalb jetzt, dass Geimpfte – und auch Genesene – wohl keine wesentliche Rolle mehr für die Pandemie spielen. Aber das RKI betont auch, dass das Übertragungsrisiko nicht null ist und Geimpfte deshalb trotzdem Maske tragen, Abstand halten und auf Hygiene achten sollten.
Sind die Erleichterungen für Geimpfte und Genesene also bedenklich?
Vermutlich nicht. Bei den neuen Regelungen geht es vor allem darum, dass sie in Situationen, in denen normalerweise ein negatives Covid-19-Testergebnis benötigt wird, keines mehr brauchen. Denn es ist davon auszugehen, dass diese Menschen – wenn sie denn einmal infektiös sein sollten – nur eine geringe Viruslast in sich tragen. Das heißt, sie würden von Schnelltests deshalb oftmals sowieso nicht als Infizierte erkannt werden. Im Gegensatz zu PCR-Tests sind Schnelltests ja relativ ungenau und zeigen hauptsächlich hochinfektiöse Menschen an.

Können sich Geimpfte selbst noch infizieren und erkranken?
Ja, das ist noch möglich. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber viel geringer als bei Ungeimpften. Je nach Impfstoff ist das auch etwas unterschiedlich. Aber alle bisher zugelassenen Impfungen schützen gut vor schweren Verläufen, also zum Beispiel vor Covid-19-bedingten Krankenhausaufenthalten. Ganz ausgeschlossen sind aber auch die nicht.
Sind Geimpfte dann auch vor den Mutanten geschützt? Oder hebeln die Mutanten möglicherweise den Impfschutz wieder aus?
Das kommt auf die Mutante an. In Deutschland ist jetzt vor allem B1.1.7 verbreitet. Das ist die Variante, die in Großbritannien entdeckt wurde. Der Impfschutz dagegen ist zwar etwas vermindert, aber immer noch ziemlich gut. Zu dem Mittel von Johnson und Johnson gibt es dazu allerdings auch noch keine öffentlichen Daten.
Und es gibt natürlich auch noch andere Mutanten, zum Beispiel B.1.351, die in Südafrika entdeckt wurde. Davor schützen die Impfungen tatsächlich nur noch eingeschränkt. Möglicherweise werden schwere Verläufe auch da noch gut verhindert. Das lässt sich im Moment noch nicht so genau sagen.

Biontech überprüft gerade, inwieweit der Impfstoff gegen die in Indien gefundene Variante 1.617 schützt. Konzernchef Ugur Sahin ist zuversichtlich, dass das der Fall ist.
Wie lange hält der Impfschutz nach dem jetzigen Stand der Forschung?
Das wird sich erst zeigen, wenn der Impfschutz irgendwann nachlässt. Zwischenergebnisse einer Studie, die Anfang April im Fachmagazin New England Journal of Medicine veröffentlicht wurden, deuten darauf hin, dass mit dem Impfstoff von Moderna Geimpfte auch sechs Monate nach der zweiten Impfung noch hohe Antikörperkonzentrationen aufweisen.
Es könnte sein, dass regelmäßige Auffrischungsimpfungen notwendig werden, ähnlich wie bei der Grippeimpfung. Ob und nach welcher Zeit man die braucht, ist noch unklar. Das wird natürlich auch davon abhängen, inwieweit das Virus möglicherweise noch weiter mutiert. Wahrscheinlich müssen die Impfstoffe dann regelmäßig angepasst werden.
Was ist mit den Menschen, die eine Corona-Erkrankung überstanden haben? Haben die denselben Schutz wie Geimpfte?
Auch das ist im Moment noch schwer zu sagen. Genesene sind wohl schon eine Weile immun. Wie lange, ist aber individuell unterschiedlich. Man geht davon aus, dass Genesene in der Regel mindestens ein halbes Jahr lang keine Neuinfektionen zu befürchten haben. Und solange man sich nicht infiziert, kann man auch niemand anderen anstecken. Allen, deren Infektion aber schon länger als 6 Monate her ist, empfiehlt das Robert-Koch-Institut, sich impfen zu lassen. Im Gegensatz zu den „normal“ Geimpften, bekommen sie aber nur eine Impfung und nicht zwei – nach aktuellem Kenntnisstand reicht die für einen effektiven Infektionsschutz aus.
