Am 1. Februar 2003 verglühte das Raumschiff Columbia beim Wiedereintritt in die Atmosphäre. Alle acht Insassen kamen dabei ums Leben. (Foto: picture-alliance / Reportdienste, dpa Frever)

Raumfahrt

20 Jahre nach „Columbia”-Unglück – Deshalb zerbrach das Space Shuttle

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David Beck
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Lena Schmidt

Am 1. Februar 2003 verglühte die Columbia beim Wiedereintritt in die Atmosphäre. Die gesamte Besatzung kam dabei ums Leben.

Obwohl es nicht die letzte Space Shuttle-Mission war, läutete dieses Unglück den Anfang vom Ende des Space Shuttle-Programms ein: Alle sieben Astronautinnen und Astronauten kamen bei dem Unglück ums Leben.

Ganze Crew kommt ums Leben

Die sieben Astronautinnen und Astronauten an Bord der Columbia starteten am 16. Januar 2003 ins All und forschten auf ihrer Mission unermüdlich. Im Frachtraum war das sogenannte Spacehab untergebracht – ein Weltraumlabor, in dem rund um die Uhr gearbeitet wurde. Die Crew führte insgesamt 32 Experimente durch.

Unter anderem wurden die Duftmoleküle einer Rose untersucht, vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt war ein Aquarium mit an Bord und aus Australien acht Radnetzspinnen, deren Netzbau in der Schwerelosigkeit untersucht werden sollte. 

Nach gut zwei Wochen Forschung im All, am 1. Februar 2003 um 14:15 Uhr unserer Zeit, zündete die Columbia für ungefähr zweieinhalb Minuten ihre Bremstriebwerke. Eine Stunde später sollte sie am Kennedy Space Center in Florida landen. 

Das Bild zeigt die Crew-Mitglieder der Columbia. (Foto: IMAGO, agefotostock)
Keines der sieben Crew-Mitglieder überlebte die Katastrophe. Hinten: David Brown, Laurel Clark, Michael Anderson, Ilan Ramon (v. l. n. r.) Vorne: Rick Husband, Kalpana Chawla, William McCool (v. l. n. r.)

750 Gramm schweres Stück ursächlich

Doch weshalb zerbrach das Space Shuttle? Nur 81 Sekunden nach dem letzten Raketenstart für den Rückflug der Columbia löst sich ein Stück der Schaumstoffisolierung des externen Tanks, ungefähr 750 Gramm schwer, und trifft mit geschätzt 600 bis 1.000 km/h den linken Flügel des Space Shuttles. Dieses Ereignis fiel zunächst gar nicht auf.

Erst als die Columbia bereits zwei Tage im Orbit war, wurde der Aufprall bei Analysen der Videos, die beim Start gemacht wurden, bemerkt. Die Arbeitsgruppe für Bildanalysen der NASA forderte Teleskopaufnahmen der Raumfähre an, um diese auf Schäden zu untersuchen. Die Gruppe befürchtete, dass die Hitzeschutzkacheln beschädigt sein könnten.

Das Bild zeigt die Columbia STS-107 bei ihrem Start vom Kennedy Space Center am 16. Januar 2003. (Foto: IMAGO, ZUMA Wire)
Die Columbia STS-107 startete am 16. Januar 2003 vom Kennedy Space Center in Florida. 16 Tage später zerbrach das Space Shuttle beim Wiedereintritt in die Atmosphäre.

Schaden unterschätzt

Die Space Shuttle-Ingenieure waren allerdings weniger besorgt. Ähnliche Vorfälle gab es bereits bei früheren Missionen und die betroffenen Shuttles hatten nie ernsthaften Schaden davongetragen. Eine Computer-Simulation ergab zwar, dass der Einschlag zu erheblichen Schäden am Hitzeschild der Tragfläche hätte führen können, doch das Programm neigte zur Übertreibung solcher Simulationen.

Außerdem ging man nicht davon aus, dass ein Stück Schaumstoff das Shuttle wirklich ernsthaft in Gefahr bringen konnte. Die Vermutung: Falls die Kacheln des Hitzeschilds beschädigt waren, dann nicht schwer genug, um der Raumfähre eine Rückkehr unmöglich zu machen.

15 Minuten vor geplanter Landung bricht Funkkontakt zur Crew ab

Doch als sie in 70 Kilometer Höhe bei 23-facher Schallgeschwindigkeit über Kalifornien fliegt, zeigen sich die ersten Probleme.

Im Kontrollzentrum informiert Jeff Kling, der zuständige Ingenieur für die mechanischen Systeme, den Flugdirektor Leroy Cain, dass vier unabhängige hydraulische Sensoren keine Daten mehr lieferten. Der Kontakt sei nacheinander, innerhalb von vier oder fünf Sekunden abgebrochen. Die Sensoren befänden sich im hinteren Teil der linken Tragfläche.

Zu diesem Zeitpunkt beobachten Augenzeugen bereits, wie Teile des Space Shuttles abbrechen. In Videoaufnahmen ist die Columbia deutlich als glühendes Objekt am Himmel über dem Südwesten der USA zu erkennen. Immer wieder brechen kleinere und größere Stücke ab, entfernen sich vom Space Shuttle und verglühen. Ungefähr 15 Minuten vor der geplanten Landung bricht der Funkkontakt zur Columbia endgültig ab. 

Das Bild zeigt das Space Mirror Memorial am Kennedy Space Center. (Foto: IMAGO, ZUMA Wire)
Das Space Mirror Memorial in Florida ist allen Astronautinnen und Austronauten gewidmet, die ihr Leben durch die Raumfahrt verloren haben. Die diesjährige NASA-Gedenktag, der am 26. Januar am Memorial stattgefunden hat, stand auch im Zeichen des Columbia-Unglücks vor 20 Jahren.

Schicksal der Columbia-Besatzung bereits beim Raketenstart besiegelt

Spätere Untersuchungen ergaben, dass das Stück der Schaumstoffisolierung, dass beim Start auf die Tragfläche traf, vermutlich ein Loch in den Hitzeschutz an der Flügelkante schlug. Bei einem Test wurde mit einer Stickstoffkanone ein ähnliches Stück Isoliermaterial mit ungefähr 800 km/h auf eine solche Kachel geschossen und riss ein 25 Zentimeter großes Loch hinein. 

Beim Wiedereintritt zerstörte heißes Plasma in der Erdatmosphäre die Tragfläche von innen und außen. Die Raumfähre war immer schlechter zu steuern, bis sie schließlich ihre aerodynamische Stabilität völlig verlor. Mit 15-facher Schallgeschwindigkeit begann sie zu trudeln und zerbrach unter den enormen Kräften. Trümmerteile wurden von West-Texas bis nach Louisiana gefunden – über mehr als 5.000 Quadratkilometer verteilt. 

Anfang vom Ende des Space Shuttle-Programms

Das Space Shuttle-Programm wurde zwei Jahre lang auf Eis gelegt, um das Unglück zu untersuchen und sicherzustellen, dass es sich nicht wiederholen würde. Noch bevor die nächste Mission startete verkündete der damalige US-Präsident George Bush, dass das Programm eingestellt werden würde, sobald die Internationale Raumstation fertig gestellt sei. 

Das Bild zeigt eine Original-Aufnahme der Challenger-Katastrophe. (Foto: IMAGO, agefotostock)
Die Columbia ist nicht das einzige Space Shuttle-Unglück. Am 28. Januar 1986 explodierte die Challenger kurz nach ihrem Start, auch hier kam die gesamte Besatzung ums Leben.

17 Jahre vor der Columbia, 1986, war das Space Shuttle Challenger beim Start zerbrochen. Mit diesen beiden Unglücken wurde das Space Shuttle-Programm das bisher tödlichste in der Raumfahrtgeschichte. 14 der 19 Astronautinnen und Astronauten, die bei einer Weltraummission ums Leben kamen, starben in einem Space Shuttle. 

Wie schon für die Crew der Challenger wurde auch für die der Columbia auf dem Nationalfriedhof in Arlington, Virginia, nahe der Hauptstadt Washington, D.C., ein Denkmal errichtet. 

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