In Zukunft wird es keine Hebammenschulen mehr geben. Stattdessen werden Hebammen in einem drei- bis vierjährigen Bachelor-Studium mit hohem Praxisanteil und einer staatlichen Abschlussprüfung ausgebildet.
Die Reform soll Hebammen auf die gestiegenen Berufsanforderungen vorbereiten
Dann werden alle angehenden Hebammen einen Bachelor-Abschluss machen müssen. Das ist die Folge einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2013. In allen anderen EU-Ländern und der Schweiz ist die Hebammenausbildung schon länger an der Hochschule. Nur Deutschland hat die Richtlinie bislang noch nicht umgesetzt. Das neue Gesetz tritt Anfang 2020 in Kraft, und damit gerade noch rechtzeitig zu der Frist, die die EU gesetzt hatte. Ansonsten hätten Deutschland Strafzahlungen gedroht.
Hebammenwissenschaft gibt es bereits als Studiengang
An der Uni Tübingen gibt es bereits einen Studiengang Hebammenwissenschaft. Bei dem praxisorientierten Unterricht üben die Hebammen-Studentinnen beispielsweise das Setzen von Spritzen an Simulations-Puppen. Nach etwas Übung können sie das auch an den Kommilitoninnen ausprobieren.
Studium wird verpflichtend
Vanessa studiert schon seit einem Jahr Hebammenwissenschaft, und besucht heute ihre Kommilitoninnen bei der Übung. Sie hat sich ganz bewusst für das Studium entschieden, und gegen die Ausbildung an der Berufsschule. „Ich finde den wissenschaftlichen Aspekt auch sehr interessant“, sagt sie. „Dadurch, dass das Studium an einer Universität ist, kann ich in die Wissenschaft gehen, aber auch in der Praxis arbeiten.“
Anerkennung im EU-Ausland
Das Problem der bisherigen deutschen Hebammen-Ausbildung ist, dass sie im EU-Ausland nicht anerkannt ist. Bisher war es schwierig für Hebammen, die hier ausgebildet wurden, auch anderswo zu arbeiten.
Die Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg, Jutta Eichenauer, hält die Reform für dringend notwendig. „Der Schritt war mehr als überfällig“, sagt sie. „Der Hebammenberuf hat sich stark verändert, daran muss die Ausbildung anschließen.“
Während bisher zehn Schuljahre für die Ausbildung ausreichten, ist in Zukunft allerdings ein zwölfjähriger Schulbesuch notwendig oder alternativ eine abgeschlossene Ausbildung im Pflegebereich.
Könnte die Reform den Hebammen-Mangel verstärken?
Aber nicht alle sind von der Reform überzeugt. Der Berufsverband der Frauenärzte und andere Gynäkologenverbände haben einen offenen Brief verfasst, in dem sie fordern: Die Ausbildung sollte weiter sowohl an Berufsschulen als auch akademisch angeboten werden. Ansonsten, so die Befürchtung, könnte es künftig weniger Absolventen geben. Der ohnehin herrschende Hebammen-Mangel würde dann noch verstärkt werden.
Claudia Plappert leitet den Studiengang in Tübingen kommissarisch und hält wenig von der Kritik aus dem offenen Brief. „Die Berufsgruppe der Hebammen ist zahlenmäßig nicht groß“, sagt sie. Unterschiedliche Kompetenzen in so einem kleinen Feld hält sie für unrealistisch. „Alle sollten gleich ausgebildet sein, und zwar akademisch“, sagt sie.
Ob die Reform etwas am Hebammen-Mangel ändert, bleibt abzuwarten. In Deutschland gibt es aktuell etwa 24.000 Hebammen. Die meisten von ihnen sind überlastet, weil sie immer mehr Aufgaben übernehmen und mehr Kinder geboren werden. Durch das Studium könnte der Beruf attraktiver werden – und vielleicht auch etwas besser bezahlt.