Eine Hebamme hört die Herztöne eines Babys im Mutterleib ab (Symbolbild) (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Geburtshilfe

Künftig sollen Hebammen studieren

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Lena Puttfarcken
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Ralf Kölbel
Ralf Kölbel, Online-Redakteur bei SWR Wissen aktuell sowie Redakteur bei SWR2 Wissen. (Foto: SWR, Christian Koch)

Hebammen sollen ihren Beruf in Zukunft im Rahmen eines Hochschulstudiums erlernen. Der Bundesrat hat einem entsprechenden Gesetz zugestimmt, das die Ausbildung reformiert.

In Zukunft wird es keine Hebammenschulen mehr geben. Stattdessen werden Hebammen in einem drei- bis vierjährigen Bachelor-Studium mit hohem Praxisanteil und einer staatlichen Abschlussprüfung ausgebildet.

Die Reform soll Hebammen auf die gestiegenen Berufsanforderungen vorbereiten

Dann werden alle angehenden Hebammen einen Bachelor-Abschluss machen müssen. Das ist die Folge einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2013. In allen anderen EU-Ländern und der Schweiz ist die Hebammenausbildung schon länger an der Hochschule. Nur Deutschland hat die Richtlinie bislang noch nicht umgesetzt. Das neue Gesetz tritt Anfang 2020 in Kraft, und damit gerade noch rechtzeitig zu der Frist, die die EU gesetzt hatte. Ansonsten hätten Deutschland Strafzahlungen gedroht.

Die Hebammenausbildung soll reformiert werden.  (Foto: SWR, SWR / Lena Puttfarcken)
Die Hebammenausbildung soll reformiert werden. Künftig soll es die Ausbildung nur noch als Studium geben. Damit wird es für Absolventinnen künftig auch einfacher, im EU-Ausland zu arbeiten.

Hebammenwissenschaft gibt es bereits als Studiengang

An der Uni Tübingen gibt es bereits einen Studiengang Hebammenwissenschaft. Bei dem praxisorientierten Unterricht üben die Hebammen-Studentinnen beispielsweise das Setzen von Spritzen an Simulations-Puppen. Nach etwas Übung können sie das auch an den Kommilitoninnen ausprobieren.

Hebammenausbildung in Tübingen  (Foto: SWR, SWR / Lena Puttfarcken)
Auch bei der akademischen Hebammenausbildung gibt es einen hohen Praxisanteil.

Studium wird verpflichtend

Vanessa studiert schon seit einem Jahr Hebammenwissenschaft, und besucht heute ihre Kommilitoninnen bei der Übung. Sie hat sich ganz bewusst für das Studium entschieden, und gegen die Ausbildung an der Berufsschule. „Ich finde den wissenschaftlichen Aspekt auch sehr interessant“, sagt sie. „Dadurch, dass das Studium an einer Universität ist, kann ich in die Wissenschaft gehen, aber auch in der Praxis arbeiten.“

Vanessa studiert schon seit einem Jahr Hebammenwissenschaft (Foto: SWR, SWR / Lena Puttfarcken)
Vanessa studiert schon seit einem Jahr Hebammenwissenschaft.

Anerkennung im EU-Ausland

Das Problem der bisherigen deutschen Hebammen-Ausbildung ist, dass sie im EU-Ausland nicht anerkannt ist. Bisher war es schwierig für Hebammen, die hier ausgebildet wurden, auch anderswo zu arbeiten.

Die Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg, Jutta Eichenauer, hält die Reform für dringend notwendig. „Der Schritt war mehr als überfällig“, sagt sie. „Der Hebammenberuf hat sich stark verändert, daran muss die Ausbildung anschließen.“

Jutta Eichenauer, Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg (Foto: SWR, SWR / Lena Puttfarcken)
Jutta Eichenauer, Vorsitzende des Hebammenverbands Baden-Württemberg, hält die Reform für dringend notwendig.

Während bisher zehn Schuljahre für die Ausbildung ausreichten, ist in Zukunft allerdings ein zwölfjähriger Schulbesuch notwendig oder alternativ eine abgeschlossene Ausbildung im Pflegebereich.

Könnte die Reform den Hebammen-Mangel verstärken?

Aber nicht alle sind von der Reform überzeugt. Der Berufsverband der Frauenärzte und andere Gynäkologenverbände haben einen offenen Brief verfasst, in dem sie fordern: Die Ausbildung sollte weiter sowohl an Berufsschulen als auch akademisch angeboten werden. Ansonsten, so die Befürchtung, könnte es künftig weniger Absolventen geben. Der ohnehin herrschende Hebammen-Mangel würde dann noch verstärkt werden.

Claudia Plappert leitet den Studiengang Hebammenwissenschaft in Tübingen kommissarisch. (Foto: SWR, SWR / Lena Puttfarcken)
Claudia Plappert leitet den Studiengang Hebammenwissenschaft in Tübingen kommissarisch. Sie fordert eine akademische Ausbildung für alle Hebammen.

Claudia Plappert leitet den Studiengang in Tübingen kommissarisch und hält wenig von der Kritik aus dem offenen Brief. „Die Berufsgruppe der Hebammen ist zahlenmäßig nicht groß“, sagt sie. Unterschiedliche Kompetenzen in so einem kleinen Feld hält sie für unrealistisch. „Alle sollten gleich ausgebildet sein, und zwar akademisch“, sagt sie.

Ob die Reform etwas am Hebammen-Mangel ändert, bleibt abzuwarten. In Deutschland gibt es aktuell etwa 24.000 Hebammen. Die meisten von ihnen sind überlastet, weil sie immer mehr Aufgaben übernehmen und mehr Kinder geboren werden. Durch das Studium könnte der Beruf attraktiver werden – und vielleicht auch etwas besser bezahlt.

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