Philippinische Inseln um Palau  (Foto: IMAGO, imago images / Nature Picture Library)

Geographie

Ups, 500 neue Inseln entdeckt

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AUTOR/IN
Thomas Hillebrandt
ONLINEFASSUNG
Anja Braun

Die Philippinen, einer der größten Inselstaaten der Welt, haben Zuwachs bekommen. Wissenschaftler haben über 500 neue Inseln gefunden. Entdeckt wurden sie durch Radarsatelliten.

Auf der internationalen Konferenz GeoAdvances 2019 in Manila haben Wissenschaftler ihre neuesten Erkenntnisse vorgestellt. Die Entdeckungen verdanken sie zahlreichen Daten aus Erdbeobachtungssatelliten.

Zahlreiche Erdbeobachtungssatelliten der ESA wie hier ein Sentinel tasten aus 700 Kilometer Höhe die Erdoberfläche ab. (Foto: ESA)
Zahlreiche Erdbeobachtungssatelliten der ESA wie hier ein Sentinel tasten aus 700 Kilometer Höhe die Erdoberfläche ab.

Der erste „Sentinel“-Satellit wurde 2014 in den Weltraum transportiert. Heute gibt es bereits ganze Familien von Erdbeobachtungssatelliten der Europäischen Weltraumagentur ESA. Aus 700 Kilometer Höhe tasten sie die Erdoberfläche in 80 bis 400 Kilometer breiten Streifen ab, dank der Radartechnik völlig unbeeinflusst von Wetterbedingungen, Wolkenbedeckung und Tageslicht. Die ESA gewährt offenen und kostenlosen Zugriff auf die so gewonnenen Daten. So konnten die philippinischen Wissenschaftler diese Daten mit denen anderer Satelliten kombinieren, um auch kleinste Höhenunterschiede in der philippinischen Inselwelt zu erfassen - und vor allem deren Veränderungen.

Satellitenaufnahme zur Fernerkundung eines Teils der philippinischen Inseln.  (Foto: DLR)
Karte zur Fernerkundung eines Teils der philippinischen Inseln.

Die philippinischen Wissenschaftler erstellten aus den Daten ein digitales Höhenmodell ihrer Heimatregion und fanden so mehrere Hundert bisher unentdeckte Inseln.

digitales Höhenmodell, das aus Satellitenaufnahmen generiert wurde. (Foto: DLR)
Sicht des Satelliten auf den Ausschnitt der Karte mit vorgelagerten phlippinischen Inseln.

Eine Insel wird dabei nach einer schlichten Regel erfasst:

„Die einzige Norm, die es tatsächlich gibt, ist, dass eine Insel dauerhaft aus dem Meer stechen muss. Die Größe ist dabei egal, aber zum Beispiel bei vulkanischen Aktivitäten kann es ja vorkommen, dass eine Insel nur mal kurz aus dem Wasser sticht und dann wieder absinkt. Das ist dann natürlich keine Insel.“

Inseln haben die Philippinen eigentlich genug. Doch die wurden das letzte Mal 1945 offiziell gezählt, damals kam man auf genau 7107. Mit der neuen, auf der Konferenz in Manila vorgestellten Zählung per Satellit, kommt die nationale Behörde für Kartierung nun auf 7641, die Philippinen haben also genau 534 Inseln mehr als bislang angenommen.

Karten der philippinischen Inselwelt müssen neu gezeichnet werden

Bewohnt sind von allen Inseln nur etwa ein Viertel. Die über 100 Millionen Einwohner der Philippinen leben im Wesentlichen auf drei großen Inselgruppen: Luzon, mit der Hauptstadt Manila, Visayas und Mindanao. Nun müssen die Karten der philippinischen Inselwelt neu gezeichnet werden.

Satellitenaufnahme der philippinischen Inseln (Foto: DLR)
Jetzt müssen die Karten der philippinischen Inselwelt neu überarbeitet werden. Hier eine aktuelle Aufnahme.

Solange eine Insel innerhalb eines Staatsgebietes auftritt, ist das nicht weiter schwierig. Sobald Inseln aber in internationalen Gewässern auftauchen, wird es schon relevant, vor allem wenn irgendwelche Georessourcen dahinterstecken. Dann muss man sich auf internationaler Ebene einigen, wem diese Inseln letztendlich gehören.

Streit um die neue Inseln ist vorprogrammiert

Vermutlich wird auch um die über 500 neu entdeckten Inseln gerungen werden. Denn die Philippinen liegen in einer der konfliktreichsten Regionen der Erde. In Südostasien, rund um das Südchinesische Meer, gibt es schon seit den 1950er Jahren Auseinandersetzungen zwischen den Philippinen und den übrigen Anrainerstaaten Indonesien, Vietnam, Malaysia und vor allem China.

China schüttet Korallenriffe zu Inseln auf

Der Verlauf von Meeresgrenzen in diesem rohstoff- und fischreichen Meeresgebiet mit wichtigen Schifffahrtsrouten ist in vielen Fällen nicht geklärt. China lässt etwa seit Jahren kleine Korallenriffe zu großen Inseln aufschütten, um mit den darauf angelegten Militäranlagen Stärke zu zeigen und den Verlauf von Meeresgrenzen zu seinen Gunsten zu ändern.

Die künstliche Insel Subi Reef im Südchinesische Meer. China lässt in der Region Riffe und Atolle aufschütten und baut militärische Einrichtungen darauf, um Gebietsansprüche sicher zu stellen.  (Foto: picture-alliance / Reportdienste, Picture Alliance)
Die künstliche Insel Subi Reef im Südchinesischen Meer. China lässt in der Region Atolle aufschütten und baut militärische Einrichtungen darauf, um Gebietsansprüche sicher zu stellen.

Durch die neuen Inseln könnten sich Grenzen verändern

Inseln sind in dieser Region ein Mittel, die eigenen ökonomischen und sicherheitspolitischen Interessen durchzusetzen. Die 534 neu entdeckten Inseln, die die Philippinen nun ihr Eigen nennen, sind also nicht nur eine Frage der Geographie. Sie können in Zukunft eine große politische Bedeutung bekommen, wenn durch sie die Grenzziehung in Südostasien neu diskutiert werden muss. Inseln sind also auch eine „strategische Ressource“.

Inselsuche per Satellit geht weiter

Fernerkundungsprofessor Stefan Hinz vom KIT ist sicher: Die „Inselsuche per Satellit“ wird in dieser Region auf jeden Fall weiter gehen:

Unsere Erde ist ja in dauerhafter Veränderung und mit den neuen Satellitensystem können wir das auch viel besser beobachten, in viel kürzeren Zyklen. Es würde mich überhaupt nicht wundern, wenn zukünftig Küstenveränderungen oder eben immer mal wieder auch neue Inseln gefunden würden.

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