Rätselhaftes Gas auf dem Roten Planeten

Wie das Methan auf den Mars kam

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AUTOR/IN
Uwe Gradwohl für SWR Wissen. Onlinebearbeitung: Ralf Kölbel

Von Uwe Gradwohl

Auf dem Mars gibt es keine pupsenden Wiederkäuer. Aber trotzdem gibt es dort Methan. Wie es dahin kommt, das ist eines der spannendsten Rätsel der Marsforschung.

Methan ist ein empfindliches Molekül. Sonnenlicht reicht aus, um es aufzuspalten und damit zu zerstören. Deshalb würde Methan in der Erdatmosphäre normalerweise nicht vorkommen. Tut es aber doch, weil es beispielsweise in den Mägen von Wiederkäuern neu gebildet und von diesen in die Erdatmosphäre gepupst wird.

Wie kommt Methangas auf den Mars?

Marsforscher haben ein weiteres Puzzlestückchen auf der Suche nach der Lösung gefunden: Der Methangehalt der Marsatmosphäre ist sehr gering. Weniger als ein Tausendstel des Methans, das in der irdischen Luft zu finden ist, wurde in der Marsatmosphäre entdeckt. Aber das Marsmethan existiert, und weil Methan auf der Erde u.a. auch von Lebewesen produziert wird, regt das Marsmethan die Fantasie von Forschern und Marsfans kräftig an.

Zweifel an hohen Messwerten

Für zusätzliche Irritation gesorgt hatte schon seit Längerem, dass neben den meist niedrigen Methanwerten immer wieder einmal an einzelnen Orten stark erhöhte Werte gemessen wurden. Der NASA-Rover Curiosity beispielsweise schickte am 15. Juni 2013 einen Datensatz zur Erde, aus dem hervorging, dass an Curiositys Aufenthaltsort, dem Gale-Krater, an diesem Tag 10-fach erhöhte Methanwerte aufgetreten waren. Für Marsverhältnisse ein regelrechter Methanausbruch. Aber waren diese seltsamen Messwerte korrekt? Daran gab es immer wieder Zweifel.

Zweite Messung bestätigt hohe Methanwerte

Doch, sie stimmen, sagt nun ein internationales Forscherteam, das sich mit einer ganz anderen Datensammlung beschäftigt hat. Und in dieser anderen Datensammlung hat das Team den mysteriösen Methanausbruch ein zweites Mal entdeckt. Nicht in den Daten von Curiosity, sondern in denen des europäischen Marssatelliten Mars Express, der seit über 15 Jahren um den roten Planeten kreist und im Jahr 2013 genau einen Tag nach den Curiosity-Messungen den Gale-Krater überflog. Mit einer verfeinerten Analysemethode entdeckten die Forscher, dass tatsächlich auch Marsexpress im Juni 2013 einen Methan-Peak wahrgenommen hatte.

Marsbeben rüttelt an Eisdeckel

Zum ersten Mal wurde damit ein Methanereignis auf dem Mars durch zwei unabhängige Messungen bestätigt. Und noch besser: Die Wissenschaftler sind sich nun sicher, dass das Gas nicht im Gale-Krater selbst entstand, sondern ein wenig abseits davon, wo Dauerfrost im Untergrund herrscht. Der Eisdeckel im Untergrund verhindert normalerweise, dass Methan aus der Tiefe an die Oberfläche aufsteigt.

An der nun gefundenen Stelle ist der Dauerfrost jedoch von einer tektonischen Verwerfung im Marsgestein von unten nach oben durchbrochen. Denkbar ist, dass bei leichten Marsbeben die Kontaktflächen von Eisdeckel und Gesteinsverwerfung aufreißen und Spalten bilden, durch die Tonnen von Methan auf einen Schlag an die Oberfläche strömen könnten.

Geringere Methanwerte im Winter

Dass der Eisdeckel im Untergrund den Methangehalt der Marsatmosphäre mit steuert, legen auch neuere Messungen des Curiosity Rovers nahe. Sie zeigen, dass im Marswinter, bei stark durchfrorenem Untergrund, sprich dickem Eisdeckel, der Methangehalt der Marsluft sinkt, um während des Sommers bei schwächelndem Frost im Untergrund regelmäßig wieder anzusteigen.

Doch ob dieses Methan, das da aus der Tiefe emporsteigt, durch chemische Prozesse zwischen Wasser und Gestein entsteht oder der Lebensaktivität von Marsmikroben zu verdanken ist – diese Frage bleibt weiter offen.

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Uwe Gradwohl für SWR Wissen. Onlinebearbeitung: Ralf Kölbel