Libanesische Soldaten suchen in Beirut nach Überlebenden - die massive Explosion im Hafen könnte durch eine große Menge Ammoniumnitrat ausgelöst worden sein. (Foto: dpa Bildfunk, Hassan Ammar/AP/dpa)

Unglück in Beirut

So explosiv war Ammoniumnitrat schon im Südwesten

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Stefanie Peyk
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Heidi Keller

Ammoniumnitrat ist in vielen Düngemitteln enthalten, hochexplosiv und giftig. Nicht nur in Beirut, auch bei uns im Südwesten hat die Chemikalie bereits dramatische Unglücksfälle verursacht.

Ammoniumnitrat ist ein Salz, das sich günstig aus Ammoniak und Salpetersäure herstellen lässt. Es ist Hauptbestandteil vieler Dünger, denn es liefert den für Pflanzen wichtigen Stickstoff. Wegen seiner enormen Sprengkraft wird Ammoniumnitrat aber auch für die Herstellung von Sprengstoffen verwendet.

Hunderte Tote und rund 2.000 Verletzte bei BASF-Unglück in Ludwigshafen

In der Vergangenheit ist es immer wieder zu schweren Unfällen mit Ammoniumnitrat gekommen. Zum Beispiel 1921 im BASF-Zweigwerk Ludwigshafen-Oppau: Damals gingen viele Tonnen Dünger in die Luft - ein Mischsalz aus Ammoniumsulfat und Ammoniumnitrat.

Arbeiter hatten versucht, den verklumpten Dünger mit kleineren Sprengungen aufzulockern - ein zu dieser Zeit gängiges Verfahren. Am 21. September 1921 ging die Sache schrecklich schief. Angeblich war die Explosion bis nach Frankfurt zu hören. Andere Quellen behaupten sogar, bis nach München. Die Katastrophe kostete rund 560 Menschen das Leben, fast 2.000 wurden verletzt. Gemessen an der Opferzahl war es das bisher größte Unglück in der Geschichte der BASF und der deutschen chemischen Industrie. Fast alle Häuser in Oppau wurden zerstört oder beschädigt.

Ruinen des BASF-Werks Ludwigshafen-Oppau: Die Explosion 1921 durch Ammoniumsulfat riss einen riesigen Krater ins Erdreich. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / arkivi)
Ruinen des BASF-Werks Ludwigshafen-Oppau: Die Explosion 1921 riss einen riesigen Krater ins Erdreich.

Großes Fischsterben in der Jagst: Löschwasser mit Ammoniumnitrat

2015 löste Ammoniumnitrat-Dünger eine Umweltkatastrophe im Kreis Schwäbisch Hall aus. Nach dem Brand einer Mühle flossen mit dem Löschwasser große Mengen Ammoniumnitrat in die Jagst. Tausende Fische verendeten.

Dramatisches Fischsterben 2015 in der Jagst, ausgelöst durch Ammoniumnitrat. (Foto: dpa Bildfunk, Uwe Anspach/dpa)
20 Tonnen toter Fische nach dem großen Fischsterben 2015 in der Jagst, ausgelöst durch Ammoniumnitrat.

Die Liste weiterer Unglücke weltweit ist lang

Auch in Frankreich und den USA sind schon Düngemittelfabriken explodiert. Genauso wie Frachter, die mit Ammoniumnitrat beladen waren - oder ein Zug in Nordkorea. 2015 wurden bei einem Chemieunglück im chinesischen Tianjin hunderte Menschen verletzt oder getötet. Vor Ort sollen neben anderen Substanzen rund 800 Tonnen Ammoniumnitrat gelagert worden sein.

Auch Terroristen haben Ammoniumnitrat eingesetzt

Bei den Terroranschlägen in Oklahoma City 1995 und in Oslo 2011 explodierten Autobomben, die die Attentäter mit Hilfe von Ammoniumnitrat hergestellt hatten.

Strenge Regeln im Umgang mit der Chemikalie

Das alles zeigt: Beim Umgang mit Ammoniumnitrat ist höchste Vorsicht geboten. Die Substanz darf nicht zusammen mit brennbaren Stoffen lagern und muss vor Hitze geschützt werden. Starke Sonneneinstrahlung zum Beispiel ist tabu. Bei der Lagerung in Silos darf Ammoniumnitrat nur bis zu einer bestimmten Höhe eingefüllt werden, heißt es in einem Arbeitsschutzlexikon, sonst wird der Druck am Fuß des Silos zu hoch - dann besteht Explosionsgefahr.

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