KIT-Forscher Paul Kant  an der Kraftstoffsyntheseanlage am Institut für Mikroverfahrenstechnik des KIT.  (Foto:  KIT/Patrick Langer)

Kraftstoff "Power to X"

KIT forscht an Benzin aus Strom und Luft

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Uwe Gradwohl, Leiter der Redaktion SWR Wissen Aktuell. (Foto: SWR, Christian Koch)
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Anja Braun, Reporterin und Redakteurin SWR Wissen aktuell. (Foto: SWR, Christian Koch)

Das Karlsruher Institut für Technologie forscht an einer revolutionären Technologie, um künftig umweltfreundlich Energie zu speichern und Treibstoffe herzustellen.

"Power to X" kann man schlicht mit Umwandlung von Leistung in irgendwas übersetzen. Dahinter steckt die Idee, elektrische Energie, die man gerade nicht braucht, zu speichern, indem man daraus etwas produziert. Das kann zum Beispiel ein Gas, eine Flüssigkeit oder eine Chemikalie sein.  

Hoffnungsträger Wasserstoff

Das Ganze beginnt meist mit der Herstellung von Wasserstoff: Wird beispielsweise der an einem stürmischen Herbsttag überschüssig produzierte Windstrom in Wasser geleitet, dann blubbert Wasserstoff an einer der beiden Elektroden an die Oberfläche, an der anderen Sauerstoff.

Das Wasserstoffgas kann später in Tanks gespeichert werden und bei Bedarf wieder elektrischen Strom erzeugen - in einer sogenannten Brennstoffzelle.

Aus dem Wasserstoffgas kann aber auch flüssiger Treibstoff für Fahrzeuge hergestellt werden. Benzin, Kerosin oder Diesel. Der Treibstoff entsteht aus dem mit Hilfe des Überschuss-Stroms hergestellten Wasserstoff und dazu noch Kohlendioxid, das aus der Luft oder aus Industrieabgasen entnommen werden kann.

Der Tankdeckel Autos mit der Aufschrift "H2" für Wasserstoff steht offen und der Tank wird an einer Zapfsäule befüllt. (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance / Sebastian Kahnert / dpa-Zentralbild / dpa)
Aus dem Wasserstoffgas kann flüssiger Treibstoff für Fahrzeuge hergestellt werden. Benzin, Kerosin oder Diesel.

Im KIT wird aus Strom und Luft Benzin produziert

Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben Forscher nun eine Pilotanlage aufgebaut, die das Verfahren umsetzt. Sie produziert aus Strom und Luft Benzin. Die Anlage ist so groß wie ein Schiffscontainer und bisher weltweit einmalig. Sie zieht das Treibhausgas Kohlendioxid mit Hilfe eines neu entwickelten Filtermaterials aus der Luft.

In dem Elektrolyse-Prozess wird nicht nur Wasserstoff erzeugt, sondern gleichzeitig noch das Kohlendioxid in Kohlenmonoxid verwandelt. Aus dem Kohlenmonoxid und dem Wasserstoff entsteht am Ende der Prozesskette klimaneutraler Treibstoff.

KIT-Forscher betonen: Anlagen dieser Art könnten dezentral dort gebaut werden, wo genügend regenerativ erzeugter Strom zur Verfügung steht.

Power to Liquid und Power to Chemical Konzepte

Diese Verfahren der Kraftstoffgewinnung werden unter den Begriff "Power to Liquid" zusammengefasst. Einen Schritt weiter gehen die "Power to Chemical"-Konzepte. Damit gemeint ist die Nutzung von Strom, Wasserstoff und Kohlendioxid zur Herstellung komplexerer Chemikalien, die bislang aus Erdöl raffiniert werden und welche die chemische Industrie beispielsweise für die Produktion von Kunststoffen benötigt.

Leider noch enorm teuer und bisher nicht wirklich umweltfreundlich

Im Prinzip könnten so alle Grundstoffe einer modernen Industriegesellschaft hergestellt werden aus Strom, Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid. Derzeit sind die notwendigen Verfahren noch so teuer, dass keiner die Produkte bezahlen will. Und solange am Beginn dieser Prozesskette Kohlestrom eingesetzt wird, schaden diese Verfahren der Umwelt mehr als sie nutzen. Erst wenn die Stromversorgung auf 100 Prozent Ökostrom umgestellt ist, wird "Power to X" Sinn machen.