Wo genau ist der Notfallort? Diese Frage können viele Anrufer bei einem Notruf oft nicht direkt beantworten. Wichtige Sekunden vergehen. Immer wieder muss die Rettungsleitstelle lange nachfragen, um den Standort herauszufinden. Mit der neuen Notruftechnik Advanced Mobile Location (AML) sehen die Rettungsleitstellen den genauen Standort direkt auf ihren Bildschirmen.
Für Notrufe unter der 112, um Feuerwehr und Rettungsdienste zu erreichen, wird die Ortung mit dem AML-Verfahren bereits eingesetzt. Nun stimmte der Landesdatenschutzbeauftragte Tobias Keber auch einem bundesweiten Pilotbetrieb für die Notrufnummer 110 zu. Damit soll es auch der Polizei in ganz Deutschland erlaubt sein, die AML-Technik für die Handy-Ortung zu nutzen.
Standort kommt direkt vom Smartphone
Wählt jemand den Notruf, werden auf dem Smartphone alle verfügbaren Standortdienste aktiviert – auch wenn sie zuvor ausgeschaltet waren. Über die GPS-Funktion erhält das Smartphone seine aktuellen Koordinaten. Zusätzlich sucht das Smartphone nach WLAN-Netzen und Mobilfunkmasten in der Umgebung.
Alle Daten werden dann automatisch mit einer SMS verschickt. So kann die zuständige Rettungsleitstelle den Standort metergenau bestimmen. Die Rettungssanitäter und der Notarzt bekommen die Standortdaten direkt auf ihr Navigationsgerät geschickt und können so schneller zum Notfallort.
Freiburger Leitstelle brachte die Technik nach Deutschland
Andere EU-Länder nutzten die Technik schon Jahre früher, während in Deutschland Datenschützer und Mobilfunkunternehmen einen früheren Start verhindert hatten. Gleichzeitig erklärte sich keiner dazu bereit, die AML-Technik für ganz Deutschland aufzubauen.
Einzig das Team der Freiburger Rettungsleitstelle sah die Notwendigkeit und beschloss, die Daten auch für alle anderen Leitstellen zur Verfügung zu stellen. Informatiker Henning Schmidtpott von der Freiburger Rettungsleitstelle hat mit Datenschützern gesprochen und die Mobilfunkunternehmen überzeugt.
Alle Standortermittlungen laufen über die Freiburger und Berliner Rettungsleitstelle, die sich auch für die AML-Technik eingesetzt hat. An beiden Standorten stehen nun Server, die für ganz Deutschland die Technik bereitstellen. Um den Datenschutz zu gewährleisten, werden die Mobilfunkdaten hier nach 60 Minuten wieder gelöscht.
Technik wird auf den Smartphones automatisch freigeschaltet
Die Technik muss auf den Smartphones nur aktiviert werden. Das passiert durch die üblichen Updates für die Smartphones. Sie wird dann natürlich nur bei einem Notruf freigeschaltet, wenn der Smartphone-Nutzer die 112 wählt.
Die Technik funktionierte zum Start auf allen modernen Android-Smartphones. Mitte Dezember 2019 brachte Apple das System-Update iOS 13.3 für das iPhone heraus, mit dem AML-basierte Notrufe in Deutschland unterstützt werden.
Neue Notruftechnik hat noch Schwächen
Ganz perfekt ist die neue Notruftechnik aber noch nicht. Sie versagt, wenn wir über unseren eigenen Mobilfunkanbieter kein Netz haben. Die Rettungsleitstelle kann zwar mit uns telefonieren, aber keinen genauen Standort ermitteln.
Das ist vor allem in ländlichen Gebieten ein Problem, weil hier nicht alle Mobilfunknetze gleich ausgebaut sind. „Zum Glück betrifft das aber nicht viele Notrufe“, sagt Henning Schmidtpott von der Freiburger Rettungsleitstelle. Andere EU-Länder seien schon dabei, die Technik zu verbessern.
Drei Jahre wird jetzt getestet
In Deutschland wurde die AML-Technik erst einmal drei Jahre lang getestet. Bis dahin stellten die Freiburger und Berliner Feuerwehr die Technik kostenlos für die deutschen Rettungsstellen zur Verfügung. Eine Technik, mit der beim Notruf wichtige Sekunden gespart werden können. Zeit, die im Ernstfall Leben retten kann.