Energiewende

Welchen Nutzen bringen synthetische Kraftstoffe?

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INTERVIEW
Christoph König im Gespräch mit Manfred Fischedick
ONLINEFASSUNG
Ralf Kölbel

Diese Art der Kraftstoffe werden immer wieder als sinnvolle Alternativen zu Benzin diskutiert, doch ihre Einsatzmöglichkeiten sind beschränkt.

Dekarbonisierung, das ist die Vokabel, die man in der Autoindustrie gerne verwendet. Das heißt: Autos sollen in Zukunft kein CO2 mehr ausstoßen. Und um das Ziel zu erreichen, setzt die Automobilbranche auf Elektroautos. Aber auch dieses Modell hat Nachteile.

Die Herstellung der Akkus hinterlässt einen deutlichen ökologischen Fußabdruck. Die Rohstoffe werden zum Teil unter fragwürdigen Bedingungen abgebaut und der Strom für die Akkuladung muss auch irgendwoher kommen.

Aber es gibt noch eine andere Idee, wie man das Klima schonen und vielleicht sogar den Verbrennungsmotor retten könnte. Das hoffen zumindest Optimisten: synthetische Kraftstoffe auf der Basis von Wasserstoff. Was kann diese Technik theoretisch leisten? Und was sind die Herausforderungen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Professor Manfred Fischedick vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie:

Was braucht man um so einen synthetischen Kraftstoff herzustellen?

Der Ausgangspunkt für synthetische Kraftstoffe ist zunächst mal Strom, zum Beispiel aus Sonnenenergie oder Windenergie, mit dem dann über Elektrolyse Wasserstoff hergestellt wird. Und daraus entstehen dann mit weiteren chemischen Verfahren, zum Beispiel der Fischer-Tropsch-Synthese oder der Ethanolgewinnung flüssige synthetische Kraftstoffe, die erneuerbaren Ursprungs sind und auf unterschiedliche Art und Weise eingesetzt werden können.

Wieviel Strom braucht man für die Herstellung?

Das ist einer der Knackpunkte der synthetischen Kraftstoffe. Wenn man das mal vergleicht mit einem rein elektrisch betriebenen Fahrzeug, dann braucht man für die gleiche Dienstleistung, also zum Beispiel 100 Kilometer Fahrt von A nach B das etwa sechs- bis siebenfache an Ausgangsstrom, um diesen Kraftstoff herzustellen. Zudem hat der Verbrennungsmotor eine schlechtere Effizienz als ein Elektromotor.

Ein Fläschchen mit synthetischem Kraftstoff (Foto: dpa Bildfunk, picture alliance/Arno Burgi/dpa-Zentralbild/dpa)
Synthetischer Kraftstoff ist derzeit noch recht teuer in der Herstellung, könnte aber durchaus künftig eine Rolle in der Mobilität der Zukunft spielen.

Lohnt sich denn diese Technik dann überhaupt?

Man sollte sich genau überlegen, wo man diese Technologie oder diese Kraftstoffe einsetzt. Sicherlich ist nicht in großem Maßstab, aber das kann überall da Sinn machen, wo der direkte Einsatz von Elektrofahrzeugen schwierig ist. Das gilt insbesondere für den Luftverkehr. Den Luftverkehr kann man sich nicht batterieelektrisch vorstellen.

Es gilt vielleicht auch für ganz große Lkws außerhalb von Autobahnen, die man eben auch nicht elektrifizieren kann. Das sind so typische Anwendungsgebiete, wo synthetische Kraftstoffe in jedem Fall Sinn machen, aber sicherlich werden sie nicht die Elektromobilität beispielsweise in Städten verdrängen.

Ein moderner Brennstoffzellen-Zug des Herstellers Alstom (Foto: SWR, Alstom - Foto: Michael Wittwer/Alstom/dpa)
Brennstoffzellenzug von Alstom

Diese Technik funktioniert also nur im Zusammenspiel mit anderen Technologien, und dazu gehört auch das elektrisch betriebene Auto?

In Zukunft werden wir mit Sicherheit im Verkehrsbereich einen Kraftstoffmix sehen. In den Städten wird es mit Sicherheit die direkte batteriebezogene Elektromobilität geben, wo wir kurze Reichweiten für völlig ausreichend halten. Möglicherweise werden wir auch wasserstoffbetriebene Fahrzeuge sehen, die auch längere Reichweiten haben, vielleicht auch wasserstoffbetriebene Lkws.
Und dann werden noch die synthetischen Kraftstoffe zum Einsatz kommen, für all die Fälle, wo weder Wasserstoff noch der direkte Stromeinsatz funktioniert. Das gilt vor allen Dingen für den Luftverkehr und vielleicht für einige Sonderanwendungen.

Kann man mit synthetischen Kraftstoffen auch bestehende Infrastruktur nutzen, indem man z.B. Tankstellen umrüstet?

Das ist einer der großen Vorteile synthetischer Kraftstoffe: Es sind flüssige Kraftstoffe. Das heißt: Man kann im Grunde die Infrastruktur, wie wir sie jetzt haben, auch weiter nutzen. Die Tankstellen müssen nur mit wenig Aufwand umgerüstet werden. Auch die bestehenden Transportinfrastrukturen könnten wohl weiter genutzt werden. Die heutigen ölexportierenden Länder könnten in der Zukunft dann auch solche synthetischen Kraftstoffe herstellen und über die vorhandenen Transportwege verteilen.

picture allianceFelix Königdpa (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)
Synthetische Kraftstoffe lassen sich im Prinzip so anpassen, dass sie auch in herkömmlichen Fahrzeugen genutzt werden können.

Kann man synthetische Kraftstoffe auch mit herkömmlichen Motoren nutzen? Oder müsste man aufwändig umrüsten?

Auch das ist ein Vorteil, dass man keine aufwändige Umrüstung braucht. Ein synthetischer Kraftstoff kann mit seinen Eigenschaften auch so hergestellt werden, dass er quasi dem Benzin und Diesel adäquat ist oder im Luftverkehr dem Kerosin ähnliche Eigenschaften hat und dann in solchen Motoren auch eingesetzt werden kann. Das ist sicherlich ein Vorteil.
Der Nachteil ist, dass die Motoren natürlich gegenüber dem Elektroantrieb einen schlechteren Wirkungsgrad haben. Und das führt dazu, dass ich dann in der Summe einen höheren Stromverbrauch habe, um diese Stoffe herzustellen.

Synthetische Kraftstoffe sind wegen der hohen Herstellungskosten recht teuer. Wird der Preis für synthetische Kraftstoffe irgendwann auch wettbewerbsfähig?

Das hängt natürlich ein Stück weit von der Referenzgröße ab. Wenn wir an Systeme denken, die irgendwann mal völlig treibhausgasneutral, also ohne Kohlendioxid-Emissionen auskommen müssen, da muss man sich die Frage stellen: Was sind die Alternativen? Und dann gibt es möglicherweise irgendwann jenseits der synthetischen Kraftstoffe keine Alternativen mehr. Insbesondere eben im Flugverkehr ist das weniger eine Frage der Wettbewerbsfähigkeit.

 Ein Flugzeug wird am Flughafen in München  betankt (Foto: dpa Bildfunk, Fotograf:Andreas Geber)
Die Luftfahrt-Branche will den Kraftstoff-Verbrauch senken.

Die Frage ist: Wie dezidiert drückt man jetzt ein solches System der CO2-Freiheit durch? Von den Kosten her ist sicherlich so, dass synthetische Kraftstoffe heute und auch vielleicht in den nächsten 10 -15 Jahren noch deutlich teurer sein werden als Benzin und Diesel. Wahrscheinlich in der Größenordnung von ungefähr einem Euro pro Liter mehr. Das heißt von alleine werden sie nicht wettbewerbsfähig sein, sondern nur in einem strengeren CO2-Regime. Also wenn Treibhausgasminderung eine noch höhere Bedeutung hat, als es heute der Fall ist.

Ist es in Zukunft sinnvoll, Stromüberschüsse aus Wind und Sonne zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe zu verwenden, quasi als Energiespeicher?

Wir kommen sicherlich in immer mehr Phasen rein, wo wir Energiespeicherung brauchen, vielleicht noch nicht jetzt 2019. Aber spätestens in zehn Jahren werden wir mehr Zeiten haben, wo wir eine Stromspeicherung auch über Tage oder Wochen brauchen. Und da bieten sich unterschiedliche Optionen: Das kann man in Form von Wasserstoff machen. Das kann man aber auch in Form von synthetischen Kraftstoffen machen. Und diese synthetische Kraftstoffe könnten dann natürlich tatsächlich eingesetzt werden, für die Zwecke, die wir gerade schon diskutiert haben.

Aber jetzt kommt das große Aber: Die Größenordnungen werden nicht ausreichen, um den gesamten Verkehrsbereich in Deutschland mit synthetischen Kraftstoffen zu beliefern. Das heißt , man wird diese Kraftstoffe dann auch noch importieren müssen.

Das würde im übrigen auch für den Wasserstoff gelten, wenn man den als zentralen Kraftstoff nutzt. Allein mit heimischen Quellen und allein mit den Stromüberschussen die es irgendwann mal gibt, werden wir sicherlich nicht auskommen.

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