Weltraumforschung

Wie kann Asteroidenabwehr gelingen?

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Thomas Hillebrandt
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Ralf Kölbel

Asteroiden aus dem All sind eine durchaus reale Bedrohung. Jetzt wird mit HERA unter europäischer Beteiligung ein neues System zur Asteroidenabwehr entwickelt.

Als der Action-Blockbuster „Armageddon“ vor über 20 Jahren in die Kinos kam, war die Bedrohung durch Asteroiden vor allem Stoff für Hollywood - und Bruce Willis rettete tapfer, aber völlig realitätsfern, ganz allein die Welt. Die Sicht auf die Gefahren aus dem All hat sich seitdem grundlegend verändert.

Das Thema ist inzwischen auch im Deutschen Bundestag angekommen, mit der Erkenntnis: Wir müssen uns auf die Wissenschaft und nicht auf „Helden“ verlassen.

Lassen Sie uns gemeinsam Probleme angehen wie die Abwehr von Asteroiden, wenn sie sich auf einer gefährlichen Bahn bewegen. Der Bruce Willis ist in meinem Alter. Dass das wie in „Armageddon“ noch lange klappt mit ihm, davon müssen wir uns vielleicht verabschieden. Das müssen wir anders lösen in Zukunft.

Asteroiden sind eine durchaus realistische Bedrohung für die Erde. (Foto: IMAGO, imago/Kraehn)
Asteroiden sind eine durchaus realistische Bedrohung für die Erde.

Weltraumlagezentrum warnt vor Gefahren aus dem All

Dazu gehört: Wissen, ob und wann was auf zu uns kommt. Genau dafür gibt es seit 2009 das „Weltraumlagezentrum“ in Uedem am Niederrhein. Von hier aus werden die militärischen und zivilen deutschen Satelliten überwacht, um sie zum Beispiel vor Weltraumschrott oder erhöhter kosmischer Strahlung zu schützen – und es gibt noch eine weitere Aufgabe.

Das nationale Weltraumlagezentrum wird bei einer entsprechenden Annäherung von natürlichen Objekten aktiv von der ESA benachrichtigt und mit den entsprechenden Bahndaten versorgt. Diese Daten werden analysiert und daraus wird dann eine Bedrohungsanalyse erstellt.

1000 erdnahe Objekte könnten die Erde treffen

Die Bewertung einer möglichen Bedrohung durch „erdnahe Objekte“, wie Asteroiden, ist seit 2011 keine allein militärische Aufgabe mehr. Seitdem arbeiten im Weltraumlagezentrum auch zivile Experten des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Sie liefern den wissenschaftlichen Hintergrund zu den NEOs, den „Near Earth Objects“, analysieren Bahndaten, berechnen das Bedrohungspotential. Die Aufgabe wächst ständig.

Experten des Weltraumlagezentrums Uelich ermitteln das Gefährungspotenzial einzelner Objekte im All. (Foto: IMAGO, imago)
Experten des Weltraumlagezentrums Uelich ermitteln das Gefährungspotenzial einzelner Objekte im All.

Die ESA spricht von 20.000 erdnahen Objekten, die sind bereits gut vermessen. Davon kann bei aktuell knapp 1000 Objekten eine Einschlagsgefahr nicht komplett ausgeschlossen werden. Sie ist gering, aber sie kann nicht ausgeschlossen werden. Da werden noch sehr viel mehr sein.

Zahlreiche Verletzte bei Asteroiodeneinschlag in Russland

Nur ein Beispiel: Im Februar 2013 trifft ein 20-Meter-Asteroid die russische Stadt Tscheljabinsk. Das Objekt zerbricht zum Glück in der Erdatmosphäre, so dass nur kleine Bruchstücke einschlagen. Dennoch beschädigt die Druckwelle etwa 3700 Gebäude und verletzte fast 1500 Menschen. Die Gefahr aus dem Weltall ist also sehr real.

Bruchstück des Asteroiden im russischen Tscheljabinsk (Foto: IMAGO, imago stock&people)
Sieht eher harmlos aus: Ein Bruchstück des Asteroiden, der im Februar 2013 im russischen Tscheljabinsk viele Häuser beschädigte und bei rund 1.500 Menschen für Verletztungen sorgte.

ExpertInnen wie Sina Scholz gehen davon aus, dass man bei Objekten ab rund 50 Metern Durchmesser eine internationale Abwehrmission starten würde, wenn man diese mit genug Vorlaufzeit entdeckt. Ab rund einem Kilometer Durchmesser hätte ein Asteroideneinschlag globale Effekte. Da würde man nicht riskieren, dass es auf die Erde trifft.

Asteroidenabwehr wird erprobt

Bei der Entwicklung einer solchen Asteroidenabwehr spielt die ESA-Raumsonde HERA eine entscheidende Rolle, die 2023 starten soll. Ihr Ziel: Der Doppelasteroid „Didymos“. Dort, so der Plan, ist vorher die NASA-Sonde DART mit 6 Kilometern pro Sekunde in den kleineren der beiden Asteroiden gekracht.

HERA soll dann einige Monate später in eine Umlaufbahn einschwenken und genau nachschauen, ob der Einschlag stark genug war, den 160 Meter großen Asteroiden aus der Bahn zu lenken.

HERA-Mission zur Abwehr von Asteroiden (Foto: IMAGO, imago stock&people / ESA)
Die HERA-Mission soll zeigen, wir gut sich Asteroiden durch einen gezielten Einschlag von ihrer Laufbahn ablenken lassen.

Sonde hinterlässt Krater

Die Aufgabe von HERA ist es, die Physik dieses Einschlages genau zu messen und zu charakterisieren. Das heißt: Wie sieht der Krater genau aus, wie groß und wie tief ist er, wie viel Material ist ausgeworfen worden – und wie stark ist der Asteroid tatsächlich abgelenkt worden?

Wenn es funktioniert, wäre das ein wissenschaftlicher Durchbruch und das HERA-DART-Projekt ein Vorbild für zukünftige Asteroidenabwehr-Missionen.

Gelder für Asteroidenabwehr müssen erst bewilligt werden

Doch dafür muss die Europäische Weltraumagentur ESA erst einmal rund 300 Millionen Euro bewilligt bekommen.

Um Asteroiden erfolgreich ablenken zu können, muss man sie aber erst einmal entdecken. Im Weltraumlagezentrum ist die noch sehr lückenhafte Überwachung der „NEOs“ daher ein wichtiges Thema. Der Tscheljabinsk-Asteroid kam damals aus Richtung Sonne und war nicht beobachtbar. Anders als das Objekt "2017EA", das vor zwei Jahren der Erde nahekam.

Einschlag eines größeren Asteroiden könnte verheerende Folgen haben

Sein Vorbeiflug wurde von den Forschern genau analysiert. "2017EA" flog relativ nah an die geostationären Satelliten heran. „2017EA“ war nur knapp 3 Meter groß - und flog vorbei. Doch der Einschlag eines weit größeren Objektes mit verheerenden, globalen Auswirkungen kommt, statistisch gesehen, alle zehn- bis hunderttausend Jahre vor.

Dass es passiert ist klar. Es sind so viele Objekte da draußen, viele davon sehen wir nicht, fliegen eben um die Sonne auf Bahnen, die über viele Jahre teilweise nicht beobachtbar sind und es ist nicht die Frage ob es passiert, es ist die Frage wann es passiert.

Technik für die Zukunft, jenseits von Science Fiction

Aber wenn die HERA-Mission starten kann und die Asteroiden-Ablenkung gelingt, kann die Menschheit realistische Technologien für den Ernstfall entwickeln - jenseits aller Hollywood-Fantasie.

Denn wenn Action-Held Bruce Willis in "Armageddon" den Asteroiden per Atombombe sprengt, ist das zwar „ganz großes Kino“, aber eben unrealistische „Science Fiction“ - und das könnte den Weltuntergang wohl nicht verhindern.

Asteroidenabwehr ist mehr als nur Science Fiction. Es geht darum, Technologien für den Ernstfall zu entwickeln. (Foto: IMAGO, imago/blickwinkel/McPHOTO/M.xGannx)
Asteroidenabwehr ist mehr als nur Science Fiction. Es geht darum, Technologien für den Ernstfall zu entwickeln.
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