Physik

Vor 125 Jahren entdeckt Henri Becquerel die Strahlung von Uran

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Thomas Hillebrandt
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Christian Burg

Der Iran hätte gerne mehr davon. Die Bundesregierung möchte ihres so schnell wie möglich endlagern. Dass über Uran so heftig diskutiert wird, ist dem Physiker Henri Becquerel zu verdanken. Er hat vor 125 Jahren zum ersten Mal über die Strahlung von Uran berichtet.

In der Wissenschaft sind Zufälle gar nicht so selten. Viele große Erfindungen und Entdeckungen verdanken ihre Existenz der Verkettung glücklicher Umstände. Das war bei der Entdeckung des Penicillins oder bei der Entdeckung der Röntgenstrahlung so, aber auch bei der Entwicklung der als „Post-It“ bekannten bunten Haftzettel und der blauen Viagra-Pille. Nicht anders war es bei einer Entdeckung, die die Welt verändert hat, wie kaum eine zweite.

„Die Versuche, von denen ich hier berichten möchte, beziehen sich auf die Strahlung, die von Kristallplättchen des Uran-Kalium-Doppelsulfats emittiert wird. Die Phosphoreszenz dieses Stoffes ist sehr intensiv, aber die Nachleuchtzeit nicht länger als eine Hundertstelsekunde.“ 

So beschreibt der französische Physiker Antoine Henri Becquerel 1896 in seinem Buch „Über die unsichtbare Strahlung phosphoreszierender Körper“ wie er mit einer Vielzahl wissenschaftlicher Versuche etwas entdeckte, das die Tür zu etwas völlig Neuem aufgestoßen hat. 

Becquerels Annahme

Zu Beginn des Jahres 1896 beschäftigt Becquerel sich, wie weltweit viele andere Forscher auch, mit den kurz zuvor entdeckten Röntgenstrahlen, diesem völlig neuen, noch etwas mystisch wirkenden physikalischen Phänomen. Er nimmt an, dass Röntgenstrahlen als Begleiterscheinungen von Fluoreszenz entstehen.

Der französische Physiker Antoine Henri Becquerel (Foto: IMAGO, IMAGO / Design Pics)
Der französische Physiker Antoine Henri Becquerel stammte von eine Reihe von Physikern ab. Schon Becquerels Großvater Antoine Cesar Becquerel und vor allem sein Vater Alexandre Edmond Becquerel waren Physiker.

Schon Becquerels Großvater und Vater waren Physiker. Dadurch besaß Becquerel eine umfangreiche Sammlung von Ultraviolett-fluoreszierenden Kristallen und Mineralien – darunter auch Uransalz.

Dieses benutzt er, um seine Annahme zu beweisen. Becquerel verpackt Fotoplatten in schwarzes Papier, legt ein Stück Uransalz darauf und setzt das Ganze dem Sonnenlicht aus. Und dort, wo das in der Sonne fluoreszierende Uransalz lag, ist die Platte geschwärzt. Seine Annahme, wie er es später in seinem Buch beschreibt, scheint damit bestätigt.

Und dann kam der Zufall

"Es zeigte sich, dass die Strahlung, die von diesem Stoff emittiert wird, wenn er dem Sonnenlicht oder diffusem Licht ausgesetzt ist, nicht nur einige Lagen schwarzes Papier, sondern auch Metalle durchdringt, z. B. eine Platte oder dünne Schicht aus Aluminium", schreibt Becquerel. Es musste sich um die Wirkung einer sehr durchdringenden Strahlung handeln.

Und dann kommt der große Zufall: Weil Becquerel für seine Forschung Sonnenlicht braucht, bricht er seine Versuche ab, als das Wetter schlechter wird, legt die Platten mit den Uransalzen in eine Schublade und entwickelt sie aber ein paar Tage später, um zu sehen, ob sie noch brauchbar sind.

Zu seiner völligen Überraschung sind die Umrisse des Uranstückes auf den Platten abgebildet – ohne Sonneneinwirkung. Ursache scheint eine unsichtbare Strahlung zu sein, die von bestimmten Uransalzen ausgeht und mühelos das schwarze Einwickelpapier durchdringt.

Eine Strahlung, die nicht zum sichtbaren Licht gehört

Am 24. Februar 1896 schreibt Becquerel eine erste Mitteilung über seine Versuche an die Akademie der Wissenschaften in Paris – und setzt sie fort. Becquerel wiederholt den Versuchsaufbau, variiert Lage und Größe von Fotoplatten und Uransalz – und kommt immer zum gleichen Ergebnis: Die Uransalze hinterlassen auch im Dunkeln Spuren auf den Fotoplatten. Es ist der offensichtliche Beweis, dass eine Strahlung existiert, die nicht zum Spektrum des sichtbaren Lichts gehört, die sich, wie Becquerel später über seine Forschung schreibt, „unabhängig von äußeren Einwirkungen bemerkbar macht“. Diese Strahlung nennt Becquerel schließlich "Uranstrahlen". 

"Da die Sonne an den folgenden Tagen immer noch nicht schien, entwickelte ich die Platten in der Erwartung, nur schwache Abbildungen zu finden. Aber im Gegenteil: Die Silhouetten erschienen in großer Deutlichkeit. Ich dachte mir sofort, dass der Prozess in völliger Dunkelheit vonstattengehen müsse. Aus diesen Experimenten muss geschlossen werden, dass die fragliche phosphoreszierende Substanz Strahlen emittiert, die durch das undurchsichtige Papier hindurchtreten".

Marie Curie entdeckte weitere radioaktive Elemente

Zu dieser Zeit schreibt Marie Curie ihre Doktorarbeit bei Becquerel. Bei Untersuchung dieses Phänomens findet sie weitere Elemente, welche ähnliche Eigenschaften aufweisen wie Uran. Darunter auch das Element Radium, für das sie und ihr Mann Pierre Curie den Namen vorschlagen.

Radium spielte bei der Erforschung der Radioaktivität eine Schlüsselrolle. Das Element ist in allen Uranmineralien zu finden und war, zusammen mit seinem Zerfallsprodukt Radon, jahrzehntelang die einzige starke Quelle von Radioaktivität. Bei ihren Experimenten in diesem völlig neuen Bereich der Physik verwendet Marie Curie zum ersten Mal den Begriff „radioaktive Strahlung“. 

Nobelpreis (Foto: IMAGO, IMAGO / SKATA)
1903 erhalten Henri Becquerel, Marie und Pierre Curie den Nobelpreis für die Entdeckung der Radioaktivität.

Physik-Nobelpreis für die Entdeckung der Radioaktivität

1903 erhält Henri Becquerel dann zusammen mit dem Ehepaar Marie und Pierre Curie den Physik-Nobelpreis „Für die Entdeckung der Radioaktivität.“ Zu dieser Zeit ist Henri Becquerel bereits schwer krank, leidet unter Verbrennungen, da er ständig Proben verschiedener Strahlenquellen mit sich herumträgt.  

Noch weiß niemand genau, welche schrecklichen Folgen die neu entdeckten Strahlen haben können.  

Fass mit radioaktiven Materialien (Foto: IMAGO, IMAGO / agefotostock)
Wie gefährlich radiaktive Strahlung ist, wurde erst im Laufe der Jahre entdeckt.

Antoine Henri Becquerel stirbt am 25. August 1908 im Alter von 55 Jahren an den Folgen radioaktiver Strahlung. Seine Entdeckung hat die Welt verändert und ihm zu Ehren besitzt eine radioaktive Substanz, wenn pro Sekunde ein Atomkern zerfällt, eine Aktivität von genau einem „Becquerel“. 

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