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Woher kommt die Redewendung "Wie die Jungfrau zum Kind kommen"

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Rolf-Bernhard Essig
Rolf-Bernhard Essig (Foto: IMAGO, SWR, imago/Lichtgut)

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Über diese Redewendung wundern sich nicht nur junge Menschen, sondern auch solche ohne christliche Erziehung. Sie heißt soviel wie "Unverhofft kommt oft" oder "etwas ohne sein Zutun bekommen".

Viel diskutierte Theorie: Befruchtung durchs Ohr

Die übliche Art, wie die Jungfrau zum Kind kommt, ist hier nicht gemeint, eher schon eine überraschende Art, beispielsweise die Befruchtung durchs Ohr. Tatsächlich gehörte diese Idee zu den viel diskutierten Theorien scholastischer Theologen vor etwa 1.000 Jahren. Sie versuchten damit, die geheimnisvolle Menschwerdung Christi zu erklären. Es geht in der Redensart eben nicht um irgendeine Jungfrau, sondern um die Mutter Jesu.

Die Jungfrau, die noch mit keinem Mann zusammen gewesen war, nennt man medizinisch eine virgo intacta. Aber Maria musste, so dachten die Theologen, doch irgendwie den göttlichen Samen in ihre Gebärmutter bekommen haben. Die Scholastiker kamen unter anderem durch den Text des Johannes-Evangeliums "Das Wort ward Fleisch" auf eine Vermutung: Es waren die Ohren Mariens, durch welche die göttlichen Worte des Engels gekommen waren – und damit waren sie auch die Eingangspforte für die Befruchtung.

Wie auch immer es technisch möglich wurde: Maria konnte im Brustton der Überzeugung sagen: "Das war wohl der Heilige Geist".

Die Redensart hat heute eine ganz andere Bedeutung, nämlich eine vorwurfsvolle. Maria damals aber kam unschuldig, ohne Bemühung, ohne Erwartung und vollkommen überraschend zum Heiland: eben wie die Jungfrau zum Kinde.

Jungfrauengeburt auch aus anderen Mythen bekannt

Die Jungfrauengeburt kommt übrigens nicht nur im Christentum vor, sondern auch in anderen Mythen. Im Alltag dagegen bedeutete es oft großes Unglück, wenn eine Jungfrau plötzlich schwanger wurde. Ein beliebtes Sprichwort warnte trotzdem vor zu strikter Behütung: "Jungfrauen soll man nicht als Heiligtum einschließen, sonst tun sie Wunderzeichen, die man nicht gern verkündet."

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