Alltagsphänomene

Wirbelt Wasser im Abfluss auf der Südhalbkugel anders herum?

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Gábor Paál
Gábor Paál (Foto: SWR, Oliver Reuther)

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Wissenschaftlicher Mythos

Es ist ein weitverbreiteter wissenschaftlicher Mythos, dass Badewasser auf der Südhalbkugel anders abfließt als auf der Nordhalbkugel. Ich habe das selbst vor ein paar Tagen ausprobiert: Wasser, das rechtsherum abfließt, linksherum abfließt ... Das konnte ich ziemlich leicht beeinflussen, indem ich vorher einfach ein bisschen in der entsprechenden Richtung im Wasser gerührt habe. Und auch wenn ich gewartet habe, bis es ganz still ist und dann ganz vorsichtig den Stöpsel herausgezogen habe, hatte es auch gar keine Drehung. Es ist also ein wissenschaftlicher Mythos.

Ich muss aber fairerweise sagen: So ganz aus der Luft gegriffen ist die Überlegung nicht, denn in einem anderen Bereich lässt sich ein solches Phänomen tatsächlich beobachten, nämlich beim Wetter: Wir kennen das aus dem täglichen Wetterbericht, wenn wir die Karten sehen mit den Hoch- und Tiefdruckgebieten. Da ist es immer so, dass sich die Luftmassen in den Hochdruckgebieten im Uhrzeigersinn drehen und die Luftmassen in Tiefdruckgebieten entgegen dem Uhrzeigersinn. Und das ist tatsächlich auf der Südhalbkugel genau andersrum. Der Grund hierfür ist die Erddrehung.

Die Corioliskraft lässt Luftmassen in feste Richtungen wirbeln

Stellen Sie sich vor, Sie sind am Äquator. Der ist 40.000 km lang und dreht sich an einem Tag einmal um sich selbst. Nun können Sie sagen, alles, was sich am Äquator befindet, bewegt sich ständig mit einer Geschwindigkeit von 40.000 km pro Tag. In Deutschland dreht sich die Erde auch, aber die Bahngeschwindigkeit ist kleiner, einfach, weil der Breitengrad kürzer ist – wenn Sie bei einem Globus den Finger auf Europa legen und den Globus einmal um sich selbst kreisen lassen, dann hat der Finger eine kürzere Strecke zurückgelegt als am Äquator. Das heißt also, wenn sich etwas – also auch Wolken und Luftmassen – vom Äquator in Richtung Pole bewegt, bewegt es sich damit auch aus einer Gegend, die sich schnell bewegt in eine Gegend, die sich langsamer bewegt – und da passiert das gleiche, wie wenn Sie von einem fahrenden Zug springen – Sie sind zu schnell, einfach aufgrund der Trägheit der Masse. Sie bewegen sich noch mit der alten Geschwindigkeit.

Wenn man das auf die Atmosphäre überträgt, heißt das, dass die Luftmassen, die sich bei uns nach Norden bewegen, rechtsrum abgelenkt werden. Einfach, weil sie schneller sind als der Untergrund. Corioliskraft nennt man das.

Als man das erkannt hat, haben schlaue Leute an den Strudel in ihrer Badewanne gedacht und überlegt: Aha, das Gleiche passiert bestimmt auch dort im Kleinen. – Und so ist dieser Mythos entstanden, bis das in den 1990er-Jahren noch schlauere Leute einmal nachgerechnet haben und dabei feststellten: Das kann gar nicht sein. Dazu liegen, wenn man so will, der nördliche und der südliche Rand des Badewannenabflusses viel zu nah beieinander. Diese Ablenkungskraft, die gibt es zwar auch da. Aber sie ist bei dem kleinen Abflussdurchmesser so winzig klein, dass sie praktisch keine Rolle spielt. Das heißt, wenn das Wasser im Kreis abfließt, dann liegt das in der Regel an anderen Störeinflüssen, dass die Wanne zum Beispiel asymmetrisch ist und von der einen Seite der Wasserdruck höher ist oder so was. Aber nicht an der Corioliskraft, die das Wetter beeinflusst.

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