Geschichte

Schwarz-Rot-Gold: Wie entstand die deutsche Nationalflagge?

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Gábor Paál
Gábor Paál (Foto: SWR, Oliver Reuther)

Die Kombination Schwarz-Rot-Gold entstand vor ungefähr 200 Jahren. Doch wofür stehen die Farben?

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Schwarz-Rot-Gold: Eher zufällig entstanden

Die Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold entstanden in dieser Kombination vor ungefähr 200 Jahren, und zwar in der Zeit als sich die verschiedenen deutschen Länder von Napoleon und der französischen Besatzung befreien wollten. Es gab in diesen Befreiungskriegen 1813 – 1815 ein Freiwilligeneinheit innerhalb des Preußischen Heeres – das sogenannte Lützowsche Freikorps. Lützow war der Name des Heerführers.

Schwarz

Die Kämpfer trugen eine Uniform, die war erstmal schwarz. Das hatte ganz praktische Gründe, denn es waren ja Freiwillige, die auch ihre Ausrüstung selbst mitbrachten, dafür haben sie ihre ohnehin vorhandene Bekleidung eingefärbt – und das geht am einfachsten, wenn am Ende schwarz dabei herauskommen soll.

Gold und Rot

An der Uniform waren außerdem Messingknöpfe angebracht – die gab’s überall, und die hatten eine Goldene Farbe. Und rot wiederum war die Abzeichenfarbe – das ist die Farbe, z.B. an Ärmelaufschlägen sichtbar war, diese war wirklich bewusst als Erkennungszeichen gewählt.

Während dieser Befreiungskriege machen sich Menschen natürlich auch Gedanken: Was kommt danach, und da reifte vor allem in Preußen die Idee eines deutschen Nationalstaates, vor allem unter Studenten. Diese wiederum vereinigten sich in sogenannten Urburschenschaften.

Die Jenaer Urburschenschaft

Von denen gab es auch eine in Jena, und viele dieser Studenten haben auch im Lützowschen Freikorps gekämpft und von dort diese Farben Schwarz-Rot-Gold übernommen. Ihre erste Fahne hatte zwei rote und einen schwarzen Streifen und darüber und darüber ein goldener Eichenzweig.

Also in dem Moment wurden tatsächlich die Farben als deutsche Symbole verwendet. Die älteste Erwähnung ist ein Lied eines Kieler Studenten August Daniel von Binzer mit dem Text. Stoßt an, Schwarz-Rot-Gold lebe!

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Nachträglich symbolisch aufgeladen

Wenn das so war, dann hatten die Farben also erstmal überhaupt keine symbolische Bedeutung. Die wurde erst später hinein interpretiert, und zwar auf zwei Weisen. Zum einen wurden die Farben symbolisch aufgeladen. Man hat dann gesagt: Das Schwarz steht für die dunkle Nacht der Besatzungszeit. Das Gold für die Morgenröte am Horizont, und das Rot für das Blut, das für die Befreiung vergossen wurde. Aber nach allen Quellen waren die Farben zuerst da, und dann wurde das symbolisch aufgeladen.

Bezug zum Heiligen Römischen Reich?

Und der zweite Bezug, der nachträglich hergestellt wurde, war der zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, also im Mittelalter Auch da gibt es z.B. Wappen mit schwarzem Reichsadler auf Goldenem Schild mit roten Gliedmaßen – aber das waren keine offiziellen Nationalfarben. Diese alten Wappen waren nicht der Grund dafür, dass die Urburschen, die sich die Farben Schwarz-Rot-Gold zu eigen machten: Sondern sie hatten sie einfach, und irgendwann fiel jemanden auf, diese Farben finden sich schon im alten Kaiserreich, und dann wurde da eine Tradition hineingedeutet, die gar nicht da war.

Deutsche Trikolore

Zur deutschen Flagge gehören aber nur die Farben, sondern auch, dass diese in Form von drei Streifen angeordnet sind. Solche Flaggen nennt man Trikolore, die gibt es schon viele Jahrhunderte, aber durch die Französische Revolution waren sie im 19. Jahrhundert ziemlich populär. Alle möglichen Befreiungsbewegungen gaben sich Flaggen mit drei Streifen. Nun hatten die Franzosen Blau-Weiß-Rot senkrecht, und als Gegenmodell gaben sich dann die Deutschen Nationalstaatsbefürworter (und später der Deutsche Bund) horizontale Streifen mit ihren Farben Schwarz-Rot-Gold.

Bedeutung der Flagge hat sich gewandelt

Die Schwarz-Rot-Goldene Flagge war erstmal ein Symbol für die Idee einer national vereinigten Republik, verbunden mit der Idee der Freiheit von ausländischen Besatzern, sie war auch zwischenzeitlich aufgeladen mit völkischen großdeutschen Ideen, sie war nicht primär ein Symbol für Demokratie oder internationale Offenheit.

Dafür stehen die Farben eigentlich erst heute nach einer langen wechselvollen Geschichte. Denn die Flaggenfarben waren ja immer wieder abgeschafft worden, erst vom Kaiserreich 1871 - auf das die Reichskriegsflagge zurückgeht - dann nach dem Ersten Weltkrieg wieder eingeführt in der Weimarer Republik, dann wieder abgeschafft vom Nationalsozialismus und anschließend wieder eingeführt.

Übrigens in beiden deutschen Staaten – in dem Punkt waren sie sich dann tatsächlich einig – trotz des kleinen Unterschieds mit Hammer und Zirkel im Osten.

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