Redewendung

"Lasst die Toten die Toten begraben." – Stammt das aus der Bibel?

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Rolf-Bernhard Essig
Rolf-Bernhard Essig (Foto: IMAGO, SWR, imago/Lichtgut)

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Christus tritt revolutionär auf

Das ist ein typisch radikaler Jesusspruch. Das war ja kein Weichgespülter, sondern der hat von seinen Jüngern viel verlangt. Es gibt eine Berufungsgeschichte, in der er zu jemandem sagt: "Folge mir nach!". Der will das auch tun, sagt aber: "Ich muss erst meinen Vater begraben". Darauf kommt dieser sehr radikale Satz: "Lasst die Toten ihre Toten begraben", sprich: "Kümmere dich um dich. Ich bin hier mit einem neuen Gesetz angetreten." Das macht klar, wie revolutionär Christus auftritt.

Viele Redewendungen stammen aus der Bibel

Man sagt zum Beispiel "Alles hat seine Zeit" und denkt sich gar nichts dabei. Das kommt aus dem "Buch Prediger". "Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein" stammt ebenso aus der Bibel wie das "Tohuwabohu". "Im Anfang war das Wort" natürlich ohnehin.

Es gibt unendlich viele solcher Dinge, gerade in der Lutherübersetzung, aber auch in katholischen Landen. Da merkt man sehr schnell, ob jemand Katholik oder Lutheraner ist – je nachdem, wie diese Wendung übersetzt wurde.

Sprache Woher kommt das Wort "Tohuwabohu"?

Das Wort kommt aus der hebräischen Bibel, also dem "Alten Testament“, und zwar aus dem zweiten Satz. Der erste lautet bekanntlich: Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. "Bereschit bara Elohim et haSchamaim we‘et ha‘arez“, und dann geht es gleich weiter: va ha‘arez hajita tohu vavohu. Und die Erde war wüst und leer. Dieses "wüst und leer“ ist somit nichts anderes die Lutherübersetzung des biblischen "Tohuwabohu“ ("b“ und "v“ werden im Hebräischen durch den gleichen Buchstaben dargestellt)
"Tohu“ bedeutet so viel wie "leer“, "vohu“ entspricht dem deutschen Begriff öde oder eben wüst. Und das "wa“ heißt einfach nur "und“. Also eigentlich steht da, strenggenommen nicht: Die Erde war wüst und leer, sondern umgekehrt: leer und wüst. Aber die Freiheit hat sich Luther genommen.
Diesen Ursprung des Ausdrucks kennen heute viele nicht mehr – heute ist Tohuwabohu einfach ein Synonym für Chaos – was ja in der Bibel auch gemeint war: Die Welt war völlig unsortiert. Es gab keine Trennung von Land und Wasser, noch nicht einmal von Licht und Finsternis. Das war das Tohuwabohu der Bibel.
Sprachlich interessant ist auch, dass der Bibeltext zwei klanglich ähnliche Wörter verwendet, eben "tohu“ und "bohu“. Das ist ein sprachliches Stilmittel, ein "Homoioteleuton“ – das kennen wir im Deutschen auch in Ausdrücken wie: "Klein, aber fein“, "richtig und wichtig“, "Lug und Trug. Aber diesen Gleichklang von Tohuwavohu ins Deutsche zu übertragen, das hat selbst der sprachverliebte Martin Luther nicht geschafft. Auf "wüst“ reimt sich nun mal nichts Passendes. Wenn man es drauf anlegt, könnte man texten: Die Erde war öde und schnöde … aber das trifft nicht wirklich den Zustand des Tohubabohu. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.

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