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"Innerer Reichsparteitag" – ist das ein Nazi-Ausdruck?

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Gábor Paál
Gábor Paál (Foto: SWR, Oliver Reuther)

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Skandal bei der Fußball-WM 2010

Den Ausdruck hört man noch gelegentlich, und mancher zuckt da zusammen. Das wurde bei der Fußball-WM 2010 deutlich, als die ZDF-Moderatorin Katrin Müller-Hohenstein den Ausdruck verwendete: Miroslav Klose, dessen Stürmerleistung vorher umstritten war, hatte ein Tor geschossen, worauf Müller-Hohenstein meinte, das müsse für ihn doch ein "innerer Reichsparteitag" gewesen sein – im Sinne einer großen Genugtuung; Klose müsse also innerlich gejubelt haben.

Das war ein kleiner Skandal. Ein Mitglied des ZDF-Fernsehrats beschwerte sich mit den Worten: "Wir nehmen es nicht hin, wenn extremistische Terminologie im öffentlich-rechtlichen Fernsehen verbreitet wird". Die Moderatorin musste sich entschuldigen.

Ist es eine "extremistische Terminologie"?

Reichsparteitage waren eine Institution der Nazis und unstrittig ist, dass die  Redewendung "das ist mir ein innerer Reichsparteitag" auf die Zeit des Nationalsozialismus zurückgeht. Um den Ausdruck moralisch zu bewerten, lautet die entscheidende Frage aber: Von wem wurde dieser in welcher Form benutzt? Da ist die Quellenlage ambivalent. Klar ist: Es war kein Propagandaausdruck der Nazis, sondern der Ausdruck "innerer Reichsparteitag" entstand offenbar bald nach 1933 in der Studentenszene und wurde eher mit einer ironischen Distanz verwendet. Der Ausdruck ist auch fast schon zu absurd, um ernst gemeint zu sein.

Wenn jemand sagt: "Das ist mir ein innerer Reichsparteitag" bringt das ja zum Ausdruck, was die Reichsparteitage faktisch waren: Pompöse Selbstbeweihräucherungs- und Jubelveranstaltungen. In dem Ausdruck klang also eher ein gewisser Spott mit.

Manche Zeitzeugen sagen allerdings, dass dieser Ausdruck auch in der Hitlerjugend verwendet wurde – und da wohl eher unironisch. Insofern ist die Verwendung heute ambivalent.

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