Klimawandel

Hilft Baggern gegen den Meeresspiegelanstieg?

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Gábor Paál
Gábor Paál (Foto: SWR, Oliver Reuther)

Eine Auswirkung des Klimawandels ist, dass der Meeresspiegel in den kommenden Jahrzehnten ansteigt. Könnte man das stoppen, wenn man Ozeanböden mit Baggern abgräbt und etwas tiefer legt?

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Die Überlegung ist: Wir legen mit Baggern den Meeresboden etwas tiefer und verhindern damit den Anstieg des Meeresspiegels.

Wir können das durchrechnen. Man kennt ungefähr die Eismasse, die in der Arktis und Antarktis zurzeit abschmilzt. In der Antarktis waren das seit 2009 im Schnitt ungefähr 250 Milliarden Tonnen Eis pro Jahr. Auf Grönland sind es fast 300 Tonnen. Diese Eisschmelze hat in den letzten zehn Jahren im Vergleich zu früher gewaltig zugelegt. Dazu kommen Gletscher im Himalaya, den Anden und anderen Hochgebirgen. Wenn man die dazu rechnet, kommen wir ungefähr auf 600 Milliarden Kubikmeter Festlandeis, das jährlich schmilzt.

Darüber hinaus schmilzt auch noch Polareis in der Arktis, aber das lasse ich jetzt außen vor, denn dieses Eis schwimmt auf dem Wasser. Wenn es schmilzt, wirkt sich das auf den Meeresspiegel nicht aus. Für den Meeresspiegel ist nur das Festlandeis relevant. Wenn dieses Eis schmilzt, steigt der Meeresspiegel.

8.000 wasserdichte Riesenbagger baggern rund um die Uhr

Es gibt tatsächlich große Schaufelradbagger, die 200.000 Kubikmeter Gestein pro Tag fördern. Um dem Meeresspiegelanstieg entgegenzuwirken, müssten solche Bagger jährlich am Meeresgrund so viel Gestein wegbaggern, wie Schmelzwasser oben hinzukommt. Es lässt sich ausrechnen: Man bräuchte über 8.000 solcher Riesenbagger, die Tag und Nacht nichts anderes tun, als Meeresboden abzuräumen.

Meerwasser dehnt sich durch die Erwärmung aus

Und noch etwas: Der Meeresspiegel steigt nicht nur, weil die Gletscher auf der Erde schmelzen, sondern auch, weil durch den Klimawandel das Meerwasser wärmer wird und sich deshalb ausdehnt. Ganz grob kann man sagen: Der Meeresspiegel steigt derzeit um etwa 3 Millimeter im Jahr. Davon geht nur gut 1 Millimeter auf das Konto der Eisschmelze. Die anderen knapp 2 Millimeter kommen dadurch zustande, dass sich das Wasser ausdehnt. Wenn die Bagger das auch noch kompensieren sollten, bräuchte man also noch mehr Bagger.

Ökologisch unverantwortlich

Daran wird deutlich: Das wird wohl nichts. Zumal auch das noch eine ziemlich unrealistische Betrachtung ist. Denn die Schaufelradbagger, die zum Beispiel im Tagebau Erde und Gestein abtragen, können ja nicht einfach auf den Meeresboden gesetzt werden und dort die gleiche Leistung bringen. Selbst angenommen, sie wären wasserdicht gebaut, bräuchten sie unter Wasser wegen des hohen Widerstands und Drucks ein Vielfaches der Energie wie an Land. Und sie müssten den Abraum ja auch noch aus dem Meer herausschaffen, sonst nützt es nichts. Ökologisch wäre das auch überhaupt nicht zu verantworten, da das die Ökosysteme am Meeresboden komplett zerstören würde.

Aber die Rechnung ist trotzdem interessant. Denn sie zeigt, wie viel Eis jeden Tag auf der Erde schmilzt: Vom Volumen her nämlich so viel, wie 8.000 Riesenbagger an Gestein gleichzeitig abgraben könnten, wenn sie rund um die Uhr im Einsatz sind.

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