Sie haben eine Freundin, die womöglich dement ist und wissen nun nicht, wie Sie ihr helfen können, weil sie auch mal grantig wird, wenn Sie das versuchen. Wie geht man mit so einem Fall um?
Das ist eine ganz häufige und typische Situation. Meistens ist es so, dass Menschen, die sich im Anfangsstadium von Demenz befinden, diese Tatsache ganz weit von sich weisen, weil sie Angst davor haben und sich bedroht fühlen und merken, dass ganz viele Dinge nicht mehr klappen in ihrem Alltag. Und sie haben Angst davor, dass andere über sie bestimmen, dass sie abgestempelt, ausgegrenzt, bevormundet und dergleichen werden. Da ist natürlich guter Rat teuer.
Entweder Sie haben Glück, wenn Sie Ihre Freundin sehr vorsichtig und taktvoll darauf ansprechen und sie öffnet sich Ihnen. Dann könnten Sie ihr sagen: Hör‘ mal, es wäre vielleicht gut, wenn Du mal zum Arzt gehst und das abklären lässt. Vielleicht kann man ein bißchen was verbessern oder Dir tatsächlich helfen. Und übrigens ist nicht jede organische Einschränkung unbedingt auch gleich eine Demenz, die irreversibel ist. Vielleicht man im Einzelfall tatsächlich eine Heilung oder doch zumindest eine Besserung bewirken. Insofern lässt sich der Arztbesuch nicht nur als Bedrohung hinstellen, sondern als Möglichkeit zur Hilfe.
Leider verhält es sich in der Regel so dass potentiell Betroffene die Möglichkeit einer Erkrankung beim Ansprechen weit von sich weisen und sagen: Ich doch nicht. Oder sie beschuldigen anderen, verteidigen sich oder bluffen sehr gut. Das ist sehr typisch für Alzheimerkranke: Ich weiß es doch, oder Das musst Du doch selber wissen – frag‘ mich doch nicht solche Dinge. Da fallen dann solche Bemerkungen.
In so einem Falle ist nicht mehr so ganz leicht, damit umzugehen. Man sollte versuchen, innerhalb der Familie, ein gutes Gespräch zu führen und immer wieder zu versuchen, ob man den Menschen vorsichtig und offen miteinbeziehen kann. Wenn ja, ist es gut. Und wenn es gar nicht geht, muss die Familie weitere Schritte einleiten, so zum Beispiel schauen, wie man den Menschen doch zu einer Diagnose überreden kann und wie man für sein zukünftiges Leben doch eine vernünftige Weichenstellung bewerkstelligen kann.
Falls die Freundin jedoch sofort ganz aggressiv reagieren sollte, fühlt sie sich vermutlich sehr bedroht. Und wer von uns lässt sich schon gerne mit vermeintlichem Versagen und nachlassen des Gehirns konfrontieren?
Ich denke, es gibt Kleinigkeiten, die man tun kann. So kann man den Menschen gegenüber ganz liebevoll und verständnisvoll reagieren ohne ihn dabei zu entmündigen und ihm das Gefühl zu geben: Ich halte Dich für krank und nehme Dich nicht mehr ernst. Es geht darum dem Menschen zu zeigen: Ich mag und schätze Dich. Und man sollte ihm immer wieder zeigen, was er noch alles kann. Man sollte ihn nicht auf die Defizite hinweisen.
Die andere Möglichkeit wäre es, mal den Hausarzt anzurufen, falls man ihn kennt und ihm zu sagen, dass man einen ernsthaften Verdacht einer Demenzerkrankung hegt. Oft ist der Hausarzt doch seit Jahren eine Vertrauensperson im Leben von älteren Menschen. Er kann vielleicht einer ganz vertrauensvollen Situation dieses Thema ansprechen.
Und wenn das alles nichts hilft, wäre das eine von vielen Situationen, die ganz häufig vorkommen und mit denen man leben muss. Wenn dies eine Demenz ist, wird sie auf jeden Fall voranschreiten, und irgendwann wird dieses sehr aggressive Verhalten nachlassen. Und dann hat die Zeit ihre Funktion erfüllt.