Gesundheit

Fördert heißer Tee Speiseröhrenkrebs?

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Autor/in
Gábor Paál
Gábor Paál

Temperatur spielt eine Rolle, nicht das Getränk

Ganz allgemein gesprochen: Ja. Aber, wenn man die Studien genauer liest, stellt sich der Zusammenhang längst nicht so dramatisch dar, wie es teilweise auch im Internet zu lesen ist. Die meisten Teetrinker dürften davon nicht betroffen sein. Das Gleiche gilt übrigens auch für Kaffeetrinker – denn auch wenn die Studien mit Tee durchgeführt wurden, wird der Effekt ausschließlich auf die Temperatur zurückgeführt, nicht auf das Getränk als solches.

Bekannt wurde vor einigen Jahren eine Langzeitstudie aus dem Iran, die zu dem Ergebnis kam: Wer täglich mehr als 0,7 Liter heißen Tee mit einer Temperatur von mehr als 60°C trinkt, hat ein fast doppelt so großes Risiko, an Speiseröhrenkrebs zu erkranken, als der Rest der Bevölkerung. Genauer geht es um eine bestimmte Form von Speiseröhrenkrebs, das Plattenepithelkarzinom. Es gibt auch noch eine Studie aus Japan, die in eine ähnliche Richtung weist wie die aus dem Iran.

Prospektive Studie aus dem Nordosten des Iran bestätigt Zusammenhang

Nehmen wir also diese Studie aus dem Iran. Die ist insofern bemerkenswert, als dieser Studie Daten von 50.000 Männern und Frauen zugrunde liegen. Die Studie wurde in der Region Golestan im Nordosten des Iran, am Kaspischen Meer, durchgeführt. Sie gilt auch deshalb als besonders relevant, weil es eine prospektive Studie ist, d.h. man hat erst geschaut, wer trinkt wie heißen Tee – und dann hat man über mehr als zehn Jahre beobachtet, wer Speiseröhrenkrebs bekommt. Dort hat sich also dieser Zusammenhang bestätigt.

Aber: Warum wurde gerade die Region ausgesucht? Der Grund war, dass dort überdurchschnittlich viele Menschen an Speiseröhrenkrebs erkranken und gleichzeitig dort traditionell viel Tee getrunken wird und das auch noch heißer als anderswo. Die Forschenden berichten selbst, dass schon während die Studie lief, die Veröffentlichung erster Daten zu einer Aufklärungskampagne geführt hat und dazu, dass die Leute in der Region ihren Tee nicht mehr ganz so heiß trinken und seitdem auch die Zahl der Erkrankungen zurückgegangen ist.

Ich habe das selbst getestet. In Deutschland ist es üblich, den Tee wie folgt zu trinken: Man kocht Wasser auf, gießt es in eine Kanne, lässt den Tee mindestens 3 Minuten ziehen und gießt ihn dann in eine Tasse. So hat er unmittelbar nach dem Einschenken tatsächlich eine Temperatur von etwas über 60 Grad. In der Tasse kühlt er aber rasch ab – vor allem an der Oberfläche, wo man den Tee ja normalerweise, wenn er heiß ist, wegschlürft. Und ich muss sagen: Mehr als diese 60 Grad – also die erste Tasse aus der Kanne – wäre mir persönlich auch zu heiß. Und die zweite Tasse ist ja schon kühler.

Voraussetzungen werden in Deutschland beim Teetrinken kaum erfüllt

Das ist die erste beruhigende Nachricht: Selbst unter den passionierten Tee- und Kaffeetrinkern wird es hierzulande wenige geben, auf die die Voraussetzungen zutreffen, nämlich dass sie täglich mehr als 0,7 Liter trinken, die heißer sind als 60 Grad.

Plattenepithelkarzinom ist vergleichsweise selten

Die zweite gute Nachricht: Selbst wenn man zu den wenigen gehört, die regelmäßig so viel heißen Tee oder auch Kaffee trinken, muss man die Zahlen ins Verhältnis setzen. Generell ist das Risiko, an einem Plattenepithelkarzinom zu erkranken, relativ gering im Vergleich etwa zu Lungenkrebs, Darmkrebs, Brust- oder Prostatakrebs. Jede einzelne diese anderen Krebsarten kommt mehr als zehnmal häufiger vor. Also auch wenn regelmäßiger heißer Tee-Konsum das Risiko verdoppelt, ist die Wahrscheinlichkeit, daran zu erkranken, immer noch gering.

Speziell, was Speiseröhrenkrebs betrifft, bleiben die Hauptrisikofaktoren nach wie vor Rauchen und regelmäßiger Alkoholkonsum. Heißer Tee spielt dabei nur eine untergeordnete Rolle.

Trotzdem ist es natürlich sinnvoll, Tee und Kaffee nicht unnötig heiß zu trinken. Aber wenn man einfach darauf achtet, dass man sich nicht den Mund verbrennt, ist man da schon ziemlich auf der sicheren Seite.

Wobei Raucher insofern gefährdeter sind, als sie tendenziell im Mundraum weniger hitzeempfindlich sind.

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