Verschiedene bunte Verpackungen aus Plastik, wie Joghurtbecher Wasserflaschen oder Waschmittel.

Plastikmüll

Ist Bioplastik Greenwashing oder die Lösung für unser Müllproblem?

Stand
Autor/in
Hanna Meßmann
Onlinefassung
Annika Angele

Plastikverpackungen und der daraus entstehende Müll sind eine große Belastung für die Umwelt. Kann Bioplastik das Problem beheben? Wie nachhaltig ist die Plastik-Alternative? 

Bio-Plastik: Greenwashing oder Lösung für unser Müllproblem? I Ökochecker SWR

Inhalt

Was ist Bioplastik?

Generell lässt sich zwischen drei Kategorien von Bioplastik unterscheiden:

  • Kunststoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, die nicht biologisch abbaubar sind.
  • Kunststoffe, die aus nachwachsenden Rohstoffen - also biobasiert - UND biologisch abbaubar sind.
  • Und dann gibt es noch biologisch abbaubare Kunststoffe aus Erdöl. Das heißt, auch Plastik aus Erdöl darf sich „bio“ nennen, wenn es abbaubar ist! Das ist aber natürlich keine nachhaltige Lösung.  

Rohstoff für biobasierten Kunststoff können zum Beispiel Mais, Kartoffeln, Algen oder Zuckerrohr sein.  

Wie wird Bioplastik hergestellt?

Um aus Mais Kunststoff herzustellen, ist ein mehrstufiges chemisches Verfahren nötig. Vereinfacht gesagt: Aus dem Mais wird Stärke gewonnen. Mikroorganismen wandeln die Stärke in Milchsäure um, aus der in weiteren Prozessschritten der Kunststoff Polylactid hergestellt wird. Daraus wird dann Granulat gemacht, das sich zu Verpackungen weiterverarbeiten lässt.

Der genaue Herstellungsprozess und auch der Weg der verschiedenen Rohstoffe können sich stark unterscheiden. Meistens kommen die Rohstoffe für Bioplastik wie der Mais oder das Zuckerrohr aus Übersee - haben also, ähnlich wie das Rohöl, das für konventionellen Kunststoff benötigt wird, lange Transportwege hinter sich.  

Dem Experten Willem Ekkelkamp, der für einen Bioplastikhersteller tätig ist, zufolge ist der Energieaufwand zur Herstellung von Bioplastik vergleichbar mit dem, der für konventionelles Plastik benötigt wird. Belastbare, unabhängige Studienergebnisse dazu gibt es bisher nicht.

Zu welchem Anteil ein Produkt aus nachwachsenden Rohstoffen besteht, kann man an der Prozentangabe auf den Siegeln ablesen, mit denen viele Bioplastikverpackungen ausgezeichnet sind. 

Diese Siegel zeigen den Anteil an, zu viel viel Prozent ein Produkt aus nachwachsenden Rohstoffen besteht.
Die Siegel zeigen an, zu welchem Anteil das jeweilige Produkt aus nachwachsenden Rohstoffen besteht.

Woran erkenne ich Bioplastik?

Welches Bioplastik für eine Verpackung verwendet wurde, muss gekennzeichnet werden. Der gängigste Kunststoff ist PLA - Polylactid Acid. Ein Material, das sowohl biobasiert als auch biologisch abbaubar ist.  

Bioplastik, das biobasiert, aber nicht biologisch abbaubar ist, ist zum Beispiel Bio-PE - also Bio-Polyethylen - oder auch Bio-PET - das steht für Bio-Polyethylentherephthalat. Die chemische Struktur dieser beiden Biokunststoffe ist genauso wie bei konventionellem PET beziehungsweise PE. Heißt also, es kann genauso verarbeitet und entsorgt werden. Wenn es nicht gerade draufsteht, lässt sich kein Unterschied feststellen.  

Noch sind Bio-Kunststoffe ein Nischenmarkt: Aktuell machen sie circa 1,5 Prozent der globalen Kunststoffproduktion aus. Vor allem aufgrund geringerer Produktionskosten werden die meisten Kunststoffe aktuell aus Erdöl hergestellt. Laut Ekkelkamp sind die Kosten für den biobasierten Kunststoff aktuell noch etwa drei- bis fünfmal so hoch wie für konventionelle Verpackungen.

Eine neue, allerdings noch nicht marktreife Erfindung ist Bioplastik, das aus Bakterien, genauer aus PHA - Polyhydroxyalkanoate - hergestellt wird. Dafür werden die Bakterien, die eigentlich im Abwasser von Kanälen oder auch in der Bier- und Weinindustrie entstehen, im Labor gezüchtet, vermehrt und in einem aufwändigen Prozedere zu Granulat weiterverarbeitet, sodass letztendlich Folie daraus hergestellt werden kann. Vorteil an diesem Material wäre: Es könnte einfach auf dem heimischen Kompost entsorgt werden.

Darf biologisch abbaubares Plastik auf den Kompost?

"Biologisch abbaubar" heißt - im Gegensatz zu "kompostierbar" - nur, dass ein Produkt irgendwann zerfällt. In der Natur entsorgen, darf man Bioplastik deswegen auf keinen Fall und auch auf den heimischen Kompost sollten die Verpackungen nicht so ohne Weiteres.

Als biologisch abbaubar gilt eine Verpackung dann, wenn sie unter gewissen Bedingungen, wie einer bestimmten, hohen Temperatur nach sechs bis acht Wochen industriell kompostiert werden kann. Solche Produkte können in der Biotonne entsorgt werden. Erkennbar sind sie an bestimmten Siegeln.

In der Realität sind viele industrielle Kompostieranlagen allerdings noch nicht dazu in der Lage, Bioplastik wirklich verroten zu lassen. Das liegt daran, dass die Zerfallsdauer, so wie sie bei den Siegeln definiert ist, für viele Betriebe einfach zu lang ist. Außerdem können die Sortieranlagen meist nicht unterscheiden, aus welchem Kunststoff eine Tüte ist - ob also Biokunststoff oder ganz konventionelles Plastik verwendet wurde.

Produkte mit diesen Siegeln dürfen nur industriell kompostiert werden.
Produkte mit diesen Siegeln dürfen nur industriell kompostiert werden.

Produkte, die explizit mit dem Zusatz „heimkompostierbar“ auf den Siegeln gekennzeichnet sind, können auf dem Kompost im Garten entsorgt werden. Bisher sind allerdings wie wenigsten Produkte so zertifiziert.

Siegel für heimkompostierbare Verpackungen: Produkte mit diesen Siegeln dürfen auf den Kompost.
Produkte mit diesen Siegeln können theoretisch auch auf dem heimischen Kompost entsorgt werden.

Bioplastik – die Lösung für unser Plastikproblem?

Thomas Fischer, Experte für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe, sieht den Einsatz von Bioplastik kritisch. Denn eine Verpackung sei nicht besser, nur weil sie aus Bio-Plastik besteht - Plastik bleibe Plastik. Zudem werde Bio-Kunststoff häufig aus landwirtschaftlichen Nutzpflanzen erzeugt. Das gehe mit dem Einsatz von Pestiziden, Wasser, Herbiziden und Chemikalien einher, welche die Umwelt belasten. 

Kritiker befürchten außerdem, dass immer mehr Waldflächen für den Anbau der Rohstoffe des Bioplastiks - also Mais oder auch Zuckerrohr - gerodet werden. Wälder binden aber deutlich mehr Kohlenstoff aus der Atmosphäre als Nutzpflanzen.

Dagegen argumentiert Prof. Andrea Siebert-Raths vom Institut für Biokunststoffe und Bioverbundwerkstoffe in Hannover: Selbst dann, wenn alle Kunststoffe biobasiert wären, bräuchte man nur 2,9 Prozent der weltweit landwirtschaftlich genutzten Fläche für den Anbau der Bioplastik-Rohstoffe. Der Großteil aller landwirtschaftlichen Nutzflächen - rund 70 Prozent - werden aktuell als Weidefläche genutzt. Das sei der deutlich größere Knackpunkt.  

Fakt ist: Biokunststoffe haben im Vergleich zu erdölbasierten Kunststoffen noch keine bessere Ökobilanz. Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe ist deshalb der Meinung: Es wäre trügerisch und falsch zu behaupten, dass Bio-Kunststoff die Lösung für unsere Plastikmüllkrise ist.  

Ein weiterer Kritikpunkt: PLA - also biobasiertes und biologisch abbaubares Plastik - kann zwar theoretisch recycelt werden, allerdings sei der Stoffstrom noch nicht so weit vorhanden. Das heißt, die gängigen Recyclinganlagen, die bei uns im Einsatz sind, sind noch nicht auf PLA ausgerichtet. Somit kann das Material aktuell nur verbrannt werden - so wie klassischer Restmüll. Hier gibt es also noch Entwicklungsbedarf.    

Fazit

Biokunststoffe sind nur ein Teil der Lösung, wenn es darum geht, unser Müllproblem zu lösen. Die Recyclingfähigkeit muss auf jeden Fall noch verbessert werden. Der sinnvollste Weg, um Plastik zu vermeiden, ist generell, weniger einzusetzen. Biologisch abbaubarer Kunststoff ist vor allem dort sinnvoll, wo Plastik oft in der Natur verbleibt, wie Folien in der Landwirtschaft oder Fischernetze. 

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Hanna Meßmann
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Annika Angele