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Jährlich sterben rund 80.000 Menschen in Deutschland an einer Sepsis. Doch was passiert dabei im Körper? Woran erkennt man die Warnzeichen? Und wann ist schnelles Handeln gefragt?
Sepsis-Auslöser: Wie kommt es zu einer Blutvergiftung?
Was viele nicht wissen: Infizierte Wunden führen seltener zu Blutvergiftungen als Infektionen. Tatsächlich kann jede Infektion eine Sepsis auslösen. In etwa 40 Prozent der Fälle durch Infektionen der Lunge und Atemwege. Harnwegsinfektionen sind mit rund 20 Prozent ebenfalls ein häufiger Auslöser, gefolgt von Entzündungen im Bauchraum mit etwa 12 Prozent. Wunden hingegen machen nur 9 Prozent aus.
Was passiert bei einer Sepsis im Körper?
Bei einer Sepsis sind die körpereigenen Abwehrkräfte nicht mehr in der Lage, die Ausbreitung einer lokalen Infektion zu verhindern. Die Keime verbreiten sich dann im gesamten Blutkreislauf. Der Körper reagiert darauf mit einer überschießenden Aktivierung des Abwehrsystems. Dadurch werden jedoch nicht nur die Erreger, sondern auch die Organe wie Herz und Nieren angegriffen. Innerhalb weniger Stunden drohen diese zu versagen. Wird nicht rechtzeitig reagiert, kommt es zum Multiorgan- und zum Kreislaufversagen.
„Im schlimmsten Fall breitet sich die Sepsis in ein paar Stunden aus: Die Organe versagen und der Patient stirbt. Die Sterblichkeit bei Sepsis ist bei 10 bis 20 Prozent. Kommt das Versagen des Herz-Kreislauf-Systems und ein septischer Schock hinzu, ist die Sterblichkeit bei 40 Prozent und höher“, so Prof. Markus Weigand von der Sepsis-Gesellschaft.
Um das Leben des Patienten zu retten, kann es auch zur Amputation von Körperteilen kommen. Wenn Gewebe wegen einer Sepsis abstirbt, müssen die behandelnden Ärzte dieses Gewebe entfernen, um eine Ausbreitung zu verhindern.
Vorsicht Blutvergiftung Sepsis: Oft unerkannt, immer gefährlich
Pro Jahr erkranken mindestens 230.000 Menschen in Deutschland an einer Sepsis. Etwa ein Drittel stirbt daran. Was ist eine Sepsis, was sind die Warnzeichen und was kann man tun?
Symptome: Wie erkennt man eine Sepsis?
Eine Blutvergiftung zu erkennen, ist schwierig für Laien. Das macht diese Infektion zusätzlich gefährlich. Da sich die Symptome einer Sepsis teilweise mit denen einer Erkältung decken, wird die Infektion häufig nicht als solche erkannt und unterschätzt. Deswegen ist die Infektion schwierig zu erkennen. Oft beginnt eine Sepsis mit vagen, plötzlich auftretenden Beschwerden wie:
- Verwirrtheit
- starke Schwäche
- auffallend schnellem Puls
- fleckiger oder sehr blasser Haut
- Atemnot
- Fieber oder Untertemperatur
Wer ist besonders gefährdet, an Sepsis zu erkranken?
Risikogruppen für eine Sepsis seien Säuglinge und alte Menschen, sagt Dr. Felix Schmitt, Leiter der Sektion Sepsis im Universitätsklinikum Heidelberg.
Auch die Menschen seien besonders gefährdet, die eine sogenannte Immunsuppression aufweisen. Das könne aufgrund von chronischen Erkrankungen, Niereninsuffizienz, Leberinsuffizienz, Diabetes oder im Rahmen von Tumorerkrankungen sein.
Aber auch kurz nach einer Operation sei man besonders gefährdet.
Medizin Blutvergiftung – Unterschätzte Lebensgefahr?
Ein vereiterter Zahn, ein banaler Infekt mit Halskratzen oder eine Schnittwunde am Finger genügen, schon gelangen Keime in den Körper. Was harmlos beginnt, kann sich binnen Stunden zu einer tödlichen Blutvergiftung entwickeln. Denn selbst Ärzte erkennen eine Sepsis oft nicht.
Bei Sepsis schnell handeln!
Laut Sepsis-Forscher Thorsten Kaiser vom Klinikum Lippe könnten viele Fälle glimpflicher verlaufen, wenn sie schneller erkannt werden würden:
„Die Sterblichkeit bei einer Sepsis ist extrem hoch. Und mit jeder Stunde, mit der sich die Einleitung einer antibiotischen Therapie verzögert, steigt die Sterblichkeit an.“
Der oft genannte rote Strich unter der Haut, ausgehend von einer Wunde – eine Entzündung der Lymphbahnen - ist zwar ein Warnzeichen für eine drohende Blutvergiftung, aber nicht das alleinige. Denn Verletzungen der Haut sind nicht zwingend die Ursache einer Blutvergiftung.
KI hilft Ärzten, Sepsis (früher) zu erkennen
Selbst in Kliniken wird eine Sepsis oft nicht sofort erkannt. Erst, wenn Ärzte den Verdacht haben, können sie gezielt das Blut auf bestimmte Sepsis-Werte hin analysieren lassen.
Damit Sepsis früher erkannt wird, hat Prof. Thorsten Kaiser ein spezielles KI-Modell entwickelt. Es analysiert das kleine Blutbild, das ohnehin bei stationären Patienten gemacht wird, und errechnet daraus die Wahrscheinlichkeit einer Sepsis.
Über 1,2 Millionen Blutbilder hat die KI bereits ausgewertet – Tendenz steigend. Bald soll das System im gesamten Klinikum Lippe routinemäßig zum Einsatz kommen. Bei Erfolg vielleicht auch an weiteren Kliniken.
Eine neue Leitlinie soll helfen, dass deutschlandweit eine gleich hohe Qualität der Versorgung von Sepsis-Patienten garantiert wird.
Für diese “S3-Leitline Sepsis” haben verschiedenste Fachgesellschaften aus ganz Deutschland zusammengearbeitet, alle neuen Forschungsthemen und Forschungsergebnisse zusammengetragen und Handlungsempfehlungen formuliert.
Wie wird eine Sepsis behandelt?
Typisch für eine Sepsis ist Fieber, womöglich sogar in Verbindung mit einem sogenannten septischen Schock. Der Patient sollte so schnell wie möglich zu einem Arzt oder in eine Klinik gebracht und dort behandelt werden, bevor die Infektion sich weiter ausbreitet.
Dafür wird Blut abgenommen und untersucht, um den Erreger zu bestimmen. Meistens wird ein Antibiotikum gegeben. Je nach Erreger im Körper kommen noch weitere Behandlungen oder Medikamente in Frage.
So wird oft auch Kortison gegeben, damit sich der Körper nicht selbst zerstört. Wenn der Blutdruck abfällt und sich die Gefäße erweitern, wird Adrenalin eingesetzt. Eine Behandlung auf der Intensivstation kann notwendig werden.
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Antibiotika sollen in der Infektionszeit für schnelle Abhilfe sorgen. Doch eine falsche Einnahme kann gefährliche Folgen haben. Worauf sollte man achten und gibt es Alternativen?
Sepsis wird oft mit Tetanus verwechselt
Viele denken beim Stichwort Sepsis zunächst an eine andere Erkrankung: Tetanus. Wundstarrkrampf befällt durch eine Wunde die Nervenzellen. Deshalb verkrampft sich dann die Muskulatur. Weil viele an Tetanus erkranken, ist es so wichtig, die Impfung immer wieder aufzufrischen, bei Erwachsenen alle zehn Jahre. Jeder, der sich damit infiziert und nicht geimpft ist, erkrankt daran.
Folgen einer Blutvergiftung: Post-Sepsis-Syndrom
Wer eine Sepsis überlebt, hat meist noch lange mit den Folgen zu kämpfen. Das Ausheilen der Erkrankung nach einer Blutvergiftung ist möglich. Oft bleiben zunächst aber chronische Folgeerscheinungen, zum Beispiel Leistungsabfall, Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und ähnliches - das sogenannte Post-Sepsis-Syndrom. Das ist typisch für viele schwere Erkrankungen - und wenn Patienten lange auf der Intensivstation waren.
Wie kann man einer Sepsis vorbeugen?
Damit es gar nicht erst zu einer Sepsis kommt, empfiehlt die Deutsche Sepsis-Stiftung für Risikogruppen, Impfungen gegen Pneumokokken und Meningokokken, außerdem gegen die Grippe und gegen Covid-19. Denn all das kann eine Sepsis auslösen. Zu Risikogruppen zählen etwa über 60-Jährige, Immungeschwächte oder Säuglinge, aber auch für Menschen mit chronischen Erkrankungen.
Impfung gegen Keuchhusten, Tetanus, Grippe und Co. – Was Erwachsene wissen sollten
Impfungen schützen vor Infektionskrankheiten. Eine Hausärztin gibt Tipps, welche Impfung Erwachsene wann auffrischen sollten und was für Schwangere und Menschen ab 60 gilt.
Diese Impfungen bekämpfen nicht die Sepsis, sondern die Bakterien, Viren und Erreger, die in den Körper eindringen und sich über das Blut verbreiten. Es ist allerdings nicht möglich, gegen jeden Keim zu impfen. Deshalb ist es umso wichtiger, die Sepsis rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Sepsis-Prävention: Wunden richtig versorgen
Ein Kratzer auf der Haut durch Gartenarbeit, ein entzündlicher Mückenstich - selbst kleine Verletzungen können eine gefährliche Blutvergiftung, eine Sepsis, entwickeln.
Für Wunden sollte man stets beachten, selbst kleine Wunden immer richtig zu versorgen. Das heißt: Die Wunde mit Wasser säubern und anschließend desinfizieren, um mögliche Keime abzutöten, zum Beispiel mit Jodersatzmitteln.
Bei Unsicherheit lieber frühzeitig zum Arzt gehen.