Infopoints, App und Co.

Service im Baumarkt: Wird man bei Obi gut beraten?

Stand
Autor/in
Daniel Güldner
Onlinefassung
Margareta Holzreiter

Der Baumarkt Obi wirbt mit Beratung durch Experten im Markt und per App. Aber wie fachkundig sind die Mitarbeiter bei Obi wirklich? Marktcheck macht den Check.

Inhalt

Das Service-Versprechen
Wie gut ist die Beratung in Obi-Märkten?
Wie gut sind die Mitarbeiter geschult?
1. Der Unkrautvernichter
2. Der Waschmaschinen-Schlauch
3. Der Boden im Wintergarten
Lohnt sich der Download der App „heyObi“?
Fazit zum Service bei Obi

Das Service-Versprechen

Den Ohrwurm-Werbespot “Wie, wo, was weiß Obi” aus dem Jahr 2008 kennt in Deutschland vermutlich fast jeder: Seit Jahren wirbt Obi in Spots wie diesem mit gutem Service und stellt die Beratungsleistung in Obi-Märkten in den Vordergrund. Auch im Spot von 2022 stellt sich Obi wieder als kompetenter Berater des Kunden dar – auch für moderne Technik. Ein Ausschnitt aus dem Werbetext lautet: „Du musst nicht alles wissen. Frag uns. Alles machbar mit Obi.“

Die Webseite von Obi zeigt die Optionen zur Service-Beratung. Auch eine Live-Beratung ist über die Obi-App möglich.
Obi bewirbt Service: Auch eine Live-Beratung ist über die heyObi-App möglich.

Alexander Hennig ist Professor für Volkswirtschaftslehre und Digital Commerce und leitet die Studienrichtung „BWL – Digital Commerce Management“ an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mannheim. Er weiß, warum Baumärkte wie Obi den Fokus ihrer Werbeslogans immer stärker auf Service und persönliche Beratung lenken:

„Früher waren die Konkurrenten für die großen Handelsketten die kleinen Spezialhändler, und deswegen wurde dargestellt, hier bei Obi findest du alles an einem Ort. Du hast es als Kunde bequem, du musst nicht umherfahren. Heute sind die großen Konkurrenten die Onlinehändler, die auch ein sehr breites, vielfältiges Sortiment haben. Deswegen liegt heute der Fokus auf der persönlichen Beratung, die die Onlinehändler nicht bieten können.“

Der stärkste Konkurrent deutscher Baumärkte ist mittlerweile der Online-Handel, allen voran Amazon. Der Online-Riese ist inzwischen der umsatzstärkste Händler von Baumarkt-Produkten. Ist die persönliche Beratungsleistung bei Obi so überzeugend, dass man trotzdem lieber in den Baumarkt fahren sollte, statt bequem online zu bestellen? Hält Obi sein Service-Versprechen? Das wollen wir herausfinden.

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Wie gut ist die Beratung in Obi-Märkten?

Wir machen eine Service-Stichprobe in fünf Obi-Filialen. Dabei besteht die erste Schwierigkeit darin, Mitarbeiter zu finden, die uns beraten. Denn nur an vier von 20 Infopoints, die wir ansteuern, ist direkt Personal anzutreffen.

Für einen ehemaligen Obi-Mitarbeiter sind leere Infoschalter ein hausgemachtes Problem bei Obi. Er arbeitete 20 Jahre lang für den Baumarktriesen, war eine Zeit lang auch Betriebsratsmitglied und stellvertretender Marktleiter. Er weiß also, wovon er spricht, möchte mit seinen Aussagen allerdings anonym bleiben, deshalb nennen wir ihn Ralf. Ralf schildert uns die Veränderungen der Personalstrukturen, die er während seiner Zeit bei Obi wahrgenommen hat:

„Das Verkaufspersonal in den Märkten, in denen ich war, ist grob über den Daumen mehr als halbiert worden. Das heißt also, da ist man teilweise bei 50 Mitarbeitern gewesen und die Märkte, soweit ich heute informiert bin, sind jetzt überall unter 25. Also das ist teilweise auf Kante genäht.“

Laut Insider Ralf betreuen durch diese Personalkürzungen im Durchschnitt vier bis fünf Mitarbeiter eine Verkaufsfläche von etwa 4.000 Quadratmetern. Eine angemessene Beratung der Kunden im Markt ist so aus seiner Sicht kaum möglich.

Ein orangenes Overall mit dem Logo der Baumarktkette Obi. Obi ist einer der beliebtesten Baumarktketten in Deutschland.
Wenig Personal auf großer Fläche: Kundenberatung kann so zur Geduldsprobe werden.

Wie gut sind die Mitarbeiter geschult?

Es sind also wenige Mitarbeiter in den Märkten anzutreffen. Können uns diese aber zumindest kompetent beraten? Wir suchen in jedem der fünf Märkte Mitarbeiter auf und stellen drei fachspezifische Fragen.

1. Der Unkrautvernichter

Wir fragen in allen Märkten nach einem Unkrautvernichter, der auf versiegelten Flächen, wie gepflasterten Höfen oder Wegen, nicht angewendet werden darf. In zwei von fünf Märkten wird uns das Mittel von Obi-Mitarbeitern problemlos ausgehändigt, obwohl wir sagen, dass wir es auf versiegelter Fläche einsetzen wollen.

2. Der Waschmaschinen-Schlauch

Für die zweite Frage geben wir vor, ein Waschmaschinenmodell mit einem speziellen, geknickten Ablaufschlauch zu besitzen. Bei diesem Modell muss der Schlauch beim Hersteller nachbestellt werden und kann nicht durch einen Universalschlauch ersetzt werden. Obwohl wir Modell und Hersteller der Waschmaschine erwähnen, wird uns in allen fünf Märkten der Universalschlauch empfohlen. Den Mitarbeitern war also nicht bekannt, dass der Universalschlauch nicht auf alle Waschmaschinen passt.

3. Der Boden im Wintergarten

Zuletzt wollen wir für einen Wintergarten Vinylboden kaufen. Dieser eignet sich allerdings nicht für Wintergärten, weil er sich bei Hitze verziehen kann. Bei Obi wissen das offenbar nicht alle Mitarbeiter: Bei zwei von fünf Märkten landet Vinylboden im Einkaufswagen, der für Wintergärten ungeeignet ist.

Insgesamt konnten uns die Mitarbeiter von Obi also nicht einmal in der Hälfte der Fälle die richtigen Antworten auf unsere fachspezifischen Fragen geben. Obi möchte sich zu unseren Anfragen zum Thema Service nicht äußern.

Lohnt sich der Download der App „heyObi“?

Obi verspricht aber nicht nur Beratung im Markt: Die App „heyObi“ wirbt neben Rabatten, Coupons und DIY-Anleitungen auch mit kostenloser Kundenberatung, sogar via Videochat. Aber lohnt sich der Download der App, und ist sie wirklich so hilfreich, wie Obi es verspricht?

Um das zu testen, wollen wir eine der Heimwerker-Anleitungen aus der App umsetzen: eine selbstgebaute Schaukel für Kinder. In der Videoanleitung wirkt alles noch relativ einfach. Die DIY-Anleitung enthält eine Liste mit benötigten Materialien und Werkzeugen – allerdings fehlen genaue Maße und Mengenangaben. Wir fragen per Chat und Videoanruf nach Hilfe. Als wir nach mehreren Versuchen Mitarbeiter erreichen, haben diese zwar einige gute Tipps parat, können aber keine Detailfragen zu der DIY-Schaukel beantworten.

Deshalb fahren wir direkt in den Markt, um uns vor Ort beim Einkauf der Materialien helfen zu lassen. Dort berät uns ein Mitarbeiter ausführlich, verkauft uns allerdings Bauteile, die nicht so richtig zu unserem Projekt aus der App passen: zu dünne Balken, zu kurze Schrauben, zu kleine Schaukel. Und es fehlen sogar Balken. Weil wir bei Obi nicht alle benötigten Teile finden, müssen wir manche Einzelteile letztendlich bei anderen Baumärkten und im Fachhandel besorgen, um unsere DIY-Schaukel aus der “heyObi”-App fertigzustellen.

Obi reagiert auch dazu nicht auf unsere Anfragen.

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Daniel Güldner
Onlinefassung
Margareta Holzreiter