Steigende Preise

Kaffee als Luxusgut: Warum der Genuss bald noch teurer wird

Stand
Autor/in
Susann Kowatsch / SUPER.MARKT rbb , 05.02.2025
Onlinefassung
Stefan Warbeck

Der Klimawandel und eine steigende Nachfrage treiben den Preis für Kaffee nach oben. Wie lange machen wir Verbraucher das noch mit - und welche Alternativen gibt es?

Knapp vier Tassen Kaffee trinken wir in Deutschland am Tag - damit ist Kaffee hierzulande das beliebteste Getränk. Doch: Die Preise steigen massiv. Die Rohkaffeepreise sind 2024 im Vorjahresvergleich um 70 Prozent gestiegen. Kapseln und Pads sind seit 2020 um etwa 25 Prozent teurer geworden, Bohnenkaffee um 20 Prozent. Für 2025 wird von Agrarmarkt-Experten ein weiterer Preisanstieg prognostiziert - um bis zu 30 Prozent für Großpackungen. Der Preis für ein Pfund gemahlenen Markenkaffee, der im Supermarkt momentan durchschnittlich sieben Euro kostet, kann auf über neun Euro steigen.

Die ersten steigen bereits aus, zeigt eine deutschlandweit repräsentative Umfrage im Auftrag der ARD-Verbraucherredaktion. Danach trinkt ein Viertel wegen dieser Preisentwicklung bereits weniger Kaffee, neun Prozent sogar deutlich weniger.

Kaffee-Konkurrenten kämpfen um die Preise

Der Rohkaffeepreis 2024 ist laut Hannes Fendrich-Sander der höchste Kaffeepreis, den es seit 45 Jahren gab. Diese Entwicklung habe selbst die Branche "ein bisschen unter Schock oder Stress gesetzt". Fendrich-Sander ist "Head of Coffee" bei der Berliner Rösterei Coffee Circle. Seine Prognose für die Preisentwicklung 2025: "Ab April, Mai und Juni werden die Preissteigerungen umgesetzt." Und zwar flächendeckend: beim Fairtrade- und Spezialitätenkaffee genauso wie beim konventionellen Kaffee.

Wir haben die großen deutschen Kaffeeunternehmen gefragt, welche Folgen die angespannte Marktlage für ihre Preise hat. Von Tchibo, Jacobs und Melitta gibt es dazu keinen Kommentar. Lediglich Dallmayr antwortet: "Bei einer so starken Verteuerung von Rohkaffee (…) kommt die gesamte Kette aller Beteiligten im Kaffeehandel um die Weitergabe leider nicht herum."

Dabei ist die Preisgestaltung auch in der Branche ein heikles Thema, denn die Konkurrenz ist groß. Anfang des Jahres verklagte Marktführer Tchibo den Discounter Aldi Süd, weil der den Kaffee seiner Eigenmarke ungewöhnlich günstig angeboten hatte - für unter drei Euro das Pfund. Die Richter aber sahen kein Preisdumping, Tchibo scheiterte mit der Klage. Tchibo selbst erhöht zu Mitte Februar die Preise, Kunden müssen dann je nach Sorte zwischen 50 Cent und ein Euro pro Pfund mehr bezahlen. Das gab das Unternehmen auf seiner Webseite bekannt.

Klimawandel als einer der Preistreiber bei Kaffee

Eine der Ursachen für die drastischen Preissteigerungen ist der Klimawandel: Die extremen Wetterereignisse der letzten Jahre setzen den Kaffeeanbaugebieten im "Kaffeegürtel" um den Äquator herum zu. Denn: "Die Kaffeepflanze ist höchst sensibel", erläutert Sophie von Loeben. Die Agrarökonomin forscht am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Schon kleine Veränderungen der klimatischen Bedingungen wirkten sich direkt auf die Produktivität der Kaffeepflanze aus, "sowohl auf den Ertrag als auch auf die Qualität der Kaffee-Bohne". In Brasilien habe es 2024 eine Dürre gegeben, in Vietnam eine Dürre - gefolgt von Starkregen. Dabei seien die beiden Länder die zwei größten Kaffee-Exportländer, so von Loeben.

Es gibt Studien, die vorhersagen, dass bis 2050 die aktuellen Kaffeeanbaugebiete um die Hälfte schrumpfen könnten.

Hinzu kommen Transportprobleme und eine steigende Nachfrage in Ländern wie Indien und China. China mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern ist einer der am schnellsten wachsenden Märkte für Kaffeekonsum. Das facht die Preise zusätzlich an.

Neue Kaffee-Sorten könnten eine Lösung sein

Gibt es Auswege aus der Preisspirale? Ein Ansatz wäre mehr Forschung und Züchtung, sagt Sophie von Loeben. Denn obwohl Kaffee eine der wertvollsten Nutzpflanzen der Welt sei, sei die Pflanze im Vergleich zu anderen Nutzpflanzen wenig erforscht und gleichzeitig unterzüchtet. "Es ist schon erstaunlich, dass unser kompletter Kaffeekonsum auf nur zwei Kaffeearten beruht: Arabica und Canephora, also Robusta-Kaffee", meint die Agrarökonomin. Dabei gebe es weltweit insgesamt etwa 130 Kaffee-Arten.

Hoffnungen setzen einige in der Branche daher auf die bislang recht unbekannte Art Liberica. Sie hat laut von Loeben einen dickeren Stamm und tieferes Wurzelwerk. Die Sorte gilt deshalb als dürre- und schädlingsresistenter. Aber auch der Geschmack von Liberica ist anders als der von Arabica-Bohnen. Fendrich-Sander testet die Bohne für seine Rösterei, für den Kaffee-Kenner ist die Liberia weicher und anfangs süßer, doch hinten herraus bleibe eine gewisse Bitterkeit zurück. Die Macher von Coffee Circle experimentieren daher mit Liberica-Mischungen, z.B mit 50 Prozent Arabica.

Kaffee-Alternativen dringend gesucht

Potential steckt auch in den Abfallprodukten der Kaffeeproduktion, denn die Blätter und das Fruchtfleisch der Kaffee-Kirschen sind ebenfalls koffeinhaltig. Mit diesen Resten lassen sich etwa Tees und Limonaden herstellen, wie das Bielefelder Startup Cascaritas sie produziert. "Für ein Kilogramm Kaffeebohnen fallen ca. vier Kilo Fruchtfleisch an", sagt Kay Schadewald. Er und die anderen Gründer wollten etwas nutzen, was vorher nicht genutzt und weggeschmissen wurde - aber "tolle Eigenschaften" habe, so  Schadewald. Bei den Cascaritas-Produkten kann das Fruchtfleisch nachhaltig weitergenutzt werden, die Kaffeebauern haben eine weitere Einnahmequelle.

Doch auch jenseits der Kaffeepflanze sucht die Branche nach Alternativen. In Deutschland geht ein Trend gerade zum koffeinfreien Lupinenkaffee. Statt Kaffeebohnen werden die Samen der Süßlupine geröstet und gemahlen. Vor allem der Umweltaspekt hat Christine Wolter von der Eberswalder Waldstadtrösterei davon überzeugt, statt entkoffeiniertem Kaffee aus der Kaffeebohne Lupinenkaffee anzubieten. Denn: "Die Entkoffeinierung von Kaffee ist relativ umweltschädlich", so Wolter. Das passiere entweder mit sehr viel Wasser oder Chemie - "und beides finden wir nicht besonders nachhaltig". Als Alternative bietet die Unternehmerin jetzt den Kaffee aus Lupinensamen an, die von einem Brandenburger Biohof stammen und normalerweise als Kraftfutter für Tiere genutzt werden. Der Geschmack des Lupinenkaffees ist dem von Getreidekaffee ähnlich.

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Susann Kowatsch / SUPER.MARKT rbb , 05.02.2025
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