Anna Koktsidou, Integrationsbeauftragte des SWR (Foto: SWR, Pressestelle)

Anna Koktsidou, Beauftragte für Vielfalt und Integration

"Vielfalt bedeutet, den anderen zu akzeptieren, zu respektieren"

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Vielfalt und Toleranz sind feste Bestandteile unserer Unternehmenskultur, die kontinuierlich gepflegt wird. Als einer der ersten Sender der ARD haben wir die Position einer Integrationsbeauftragten eingerichtet. Anna Koktsidou ist die Beauftragte für Vielfalt und Integration des SWR – und damit Anlaufstelle und Impulsgeberin für das Thema Diversität im Unternehmen. Was Vielfalt im SWR bedeutet und wie ihr Arbeitsalltag aussieht, berichtet sie im Interview.

Welche Rolle kommt dem SWR beim Thema Vielfalt als Medienunternehmen zu?

Gerade als öffentlich-rechtlicher Sender haben wir die Verpflichtung, die Gesellschaft in all ihren Facetten abzubilden. Das heißt: wir müssen uns fragen, wen wir mit unserem Programm erreichen, und auch erreichen wollen. Je vielfältiger die Gesellschaft ist, das heißt unser Publikum, umso vielfältiger muss auch das Programm werden. Voraussetzung dafür ist aber Diversität im Personal. Wir müssen auch intern die Vielfalt der Gesellschaft abbilden. Hier tut sich in den letzten Jahren sehr viel: in vielen (aber nicht allen) Bereichen haben wir beim Thema Frauen aufgeholt, haben aber sicherlich Nachholbedarf bei Menschen mit Migrationshintergrund: also auch bei uns ist Luft nach oben.

Wie sieht der Arbeitsalltag einer „Beauftragten für Vielfalt und Integration“ aus?

Schwerpunkt meiner Arbeit ist der Bereich kulturelle Vielfalt. Ich bin aber auch Ansprechpartnerin für die LSBTTIQ-Mitarbeitenden im SWR. Meine Aufgabe ist, für Vielfalt zu sensibilisieren, zum einen intern: das geht beispielsweise über Fortbildungen für Volontär*innen genauso wie für Führungskräfte. Hier diskutieren wir über unser Handwerk, wie beispielsweise Begrifflichkeiten, Bilder oder die Auswahl der Gesprächspartner*innen. Denn wie Medien berichten, hat eine Wirkung – dessen muss man sich bewusst sein. Aber auch die Arbeit nach außen ist wichtig. Dazu gehört der Kontakt zu verschiedenen Communities und auch das SWR Medienforum Migration, das ich alle zwei Jahre im Funkhaus Stuttgart organisiere: Eine offene Tagung, mit einem ganz spannenden Austausch.

Was hat sich seit der Unterschrift der Charta der Vielfalt im Jahr 2016 geändert?

Mit der Unterschrift unter die Charta verpflichtet sich ein Unternehmen (also auch der SWR), an einem Arbeitsumfeld zu arbeiten, das frei von Vorurteilen ist und alle wertzuschätzen – unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter oder sexueller Identität. Die Charta der Vielfalt gibt einen Rahmen vor, mit Leben müssen wir es selbst füllen, und zwar alle gemeinsam. Wir fragen uns kontinuierlich, wie wir diese Verpflichtung angehen, was wir dafür tun können. Zum Beispiel haben wir den Ausschuss Charta der Vielfalt gegründet: hier erarbeiten wir direktionsübergreifend Vorschläge, wie Vielfalt im Haus umgesetzt werden kann. Außerdem haben wir jedes Jahr Aktionen zum Diversity-Tag: im einen Jahr lag der Schwerpunkt auf „Stereotype und Vorurteile“, in einem anderen auf „Barrieren überwinden“.

Es ist wichtig, dass die Spitze eines Unternehmens – bei uns also der Intendant – dafür einsteht, und das tut er. Insgesamt beobachte ich, dass der Blick für Diversität immer offener wird, ob im Programm oder bei der Personalsuche – und das freut mich sehr.

In Vielfalt leben und arbeiten ist nicht immer konfliktfrei – wie geht man das an?

Hinter der Idee von Diversity steckt ein menschenrechtlicher Ansatz, entstanden in den sechziger Jahren durch die Bürgerrechtsbewegung in den USA. Vielfalt bedeutet, den anderen zu akzeptieren, zu respektieren. Das verläuft nicht reibungslos. Man muss bereit sein, auf das vermeintlich „Andere“ zuzugehen. Man muss bereit sein, Macht zu teilen. Wenn jedoch alle am Tisch Platz nehmen wollen, geht das nicht ohne Diskussionen, ohne Konflikte ab. Dazu muss man bereit sein, aber genau das macht auch eine offene Gesellschaft aus.

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