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Pocken, Pest und Vogelgrippe – Alte und neue Pandemien

Stand

Von Autor/in Wolfgang U. Eckart

Was haben die Menschen aus den großen Pandemien Pest, Pocken und Cholera lernen können, was aus den Influenza-Pandemien der Moderne? Haben diese Katastrophen uns gewappnet für den Kampf gegen das Corona-Virus?
Ein Vortrag des Heidelberger Medizinhistorikers Prof. Wolfgang U. Eckart.

Die göttliche Strafe

Vergangene Seuchen, besonders globale Pandemien, haben die Weltbevölkerung immer wieder wie ein apokalyptisches Ereignis getroffen: Sie haben oft abrupt und explosiv begonnen und Millionen von Menschen getötet, um schließlich ebenso schnell wieder zu verschwinden. Ihre Erfahrungen aber wirkten meist über viele Generationen hinaus und prägten die Angst vor ihrer existenzbedrohenden Wirkung.

Solche Pandemien werden oft als dämonische oder göttliche Strafen für gesellschaftliches Fehlverhalten empfunden. Immer brechen sie verändernd in die kleinsten gesellschaftlichen Gruppen, in die Familien oder in andere örtliche Lebensgemeinschaften ein.

Die Spanische Grippe – eine Katastrophe

Im Frühjahr und Herbst 1918 infizierten sich weltweit über 700 Millionen Menschen mit dem Erreger der Spanischen Grippe. Die Seuche kam, als die Welt des Kriegsführens müde wurde. Sie fegte in wenigen Monaten über den Globus und verschwand, als der Krieg aufhörte. Sie ging auf ebenso mysteriöse Weise, wie sie gekommen war.

Besonders fatal an dieser Pandemie, die in zwei Wellen verlief, war einerseits ihre extreme Aggressivität, andererseits die Schnelligkeit, mit der sie sich rund um den Globus verbreitete. So harmlos der erste Influenza-Virusstamm im März 1918 noch daherkam, so heftig wütete dessen wohl mutierte Variante im Herbst.

Am Ende waren es Millionen Menschen, die der Seuche weltweit und rasend schnell erlagen. Zweifellos gehörte die globale Grippe-Pandemie der Nachkriegsjahre 1918 bis 1920 zu den einschnei­dendsten Gesundheitskatastrophen des frühen, wenn nicht sogar des gesamten 20. Jahrhunderts.

Kommen die großen Seuchen wieder?

Die großen klassischen Seuchen, die großen Pandemien Pest, Pocken und Cholera, werden im weltumspannenden Maßstab wohl nicht mehr wiederkommen, wenn ihnen nicht andere globale Katastrophen, ökologische Desaster, ein weltumspannender Krieg oder eine unerwartete kosmische Katastrophe, wie etwa ein großer Meteoriteneinschlag, den Boden bereiten.

Sehr wohl aber besteht die immerwährende Gefahr, dass virale Pandemien wie die Influenza, die Grippe, weltweit dramatisch auftreten und erneut Millionen Opfer fordern.

Die moderne Medizin wird in der Lage sein, den dramatischsten Auswirkungen solcher Pandemien im Rahmen ihrer neuen Möglichkeiten entgegenzutreten, z. B. durch gute Impfstoffe. Deshalb kann die jährliche Impfung gegen Grippe auch nur empfohlen dringend werden. Verhindern können wird sie solche Weltkrankheiten allerdings auch heute nicht.

Produktion 2007

Aula Der Körper und seine Säfte – Eine andere Kulturgeschichte

Die vier Kardinalsäfte des Körpers – Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle – haben das medizinische Denken der westlichen Welt mehr als 2000 Jahre lang beherrscht. Aber eine Medizin- oder Kultur-Geschichte der Körpersäfte fehlt bisher.

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Buchkritik Volker Reinhardt – Die Macht der Seuche. Wie die Große Pest die Welt veränderte

Seit die Corona-Pandemie uns mit immer neuen Ungewissheiten konfrontiert, ist die Sehnsucht nach Schutz und Orientierung groß. Es liegt nah, auf andere Epidemien zu schauen. Auf die Große Pest zum Beispiel, die Europa im 14. Jahrhundert heimsuchte.

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Buchkritik | Corona-Bibliothek „Pest und Corona“ Sachbuch zur aktuellen Krise: Parforceritt zur Seuchengeschichte

Was ist „das Besondere“ am Corona-Virus? Mit Seuchen, die ganze Kontinente heimsuchen, plagt sich der Mensch seit Urzeiten. Die beiden Medizinhistoriker Alfons Labisch und Heiner Fangerau erklären in einem der ersten Bücher, das sich aus wissenschaftlicher Sicht mit der aktuellen Krise beschäftigt, die Hysterie angesichts der Bedrohung. Sie zeigen aber auch, wie wir uns künftig vor Pandemien besser schützen können – nämlich durch eine moderne Gesundheitsvorsorge, die wirklich „global“ ist.

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Medizin 5 Jahre Corona: Was haben wir aus der Pandemie gelernt?

Vor fünf Jahren sind die ersten Menschen in Deutschland an einer SARS-Cov2-Infektion gestorben, kurz danach kam der erste Corona-Lockdown. Ein Anlass für uns, zurück und in Sachen Pandemien auch nach vorne zu blicken.
Jochen Steiner im Gespräch mit Pascal Kiss, ARD Wissenschaftsredaktion.

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Gesundheit Long Covid – viele Betroffene werden nicht ernst genommen

Es ist die Pandemie nach der Corona-Pandemie, sagen Fachleute. Long Covid wird als Krankheit noch immer unterschätzt, Beschwerden werden von Ärzten heruntergespielt. Tausende Patient*innen warten auf Termine in Spezialzentren. Die Betroffenen sind zum Teil sehr schwer krank.

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Medizin Neues Medikament wirksam gegen Migräne-Vorboten

Migräne ist die zweithäufigste Form von Kopfschmerzen in Deutschland, aber Betroffene haben weit mehr als „nur“ Schmerzen. Bisher wurden vor allem Medikamente gegen den Schmerz entwickelt, jetzt wurde offenbar ein Mittel entdeckt, dass auch gegen Symptome wirkt.
Christine Langer im Gespräch mit Veronika Simon, SWR-Wissenschaftsredaktion

Impuls SWR Kultur

Medizin Dr Ketamin - Folge 2: Der Rausch

In Deutschland hat sich die Verschreibung von Antidepressiva seit 1990 fast verachtfacht. Es braucht neue Wege in der Behandlung von Depressionen – da sind sich Forschende, Behandelnde und die Pharmaindustrie einig. Könnte Ketamin die Zukunft der Psychotherapie sein?
Auf einer Fortbildung zu Ketamin-Therapie in Barcelona treffen zwei völlig gegensätzliche Positionen aufeinander: Mario Scheib, der den klinisch-medizinischen Ansatz vertritt. Und Phil Wolfson, der mit psychedelischen Substanzen bereits ausgiebig experimentiert hat und nun eine spirituelle Ketamin-Zeremonie abhält. Außerdem erklärt Rick Doblin seine provokante These „Net zero trauma 2070“. Und: In dieser Folge gibt es mehrere Selbstversuche mit Ketamin – auch Host Yannic lässt sich Ketamin geben.
Eine vierteilige Story für Das Wissen von Pola.Berlin.
Produktion und Skript: Pola.Berlin - Yannic Hannebohn und Anna Scholz
Host: Yannic Hannebohn
Redaktion und Distribution SWR: Juliane Ziegler und Gábor Paál
Zusätzliches Reporting: Charlotte Witt und Freya Siewert.
Musik: Moritz Schuster
Regie und Schnitt: Jeff Emtman
Grafik: Britta Wagner
Factchecking: Nora Burgard-Arp
Skriptberatung: Fabian Federl
Weitere Mitarbeit: Elise Hulata
Der Ted Talk von Rick Doblin: The future of psychedelic-assisted psychotherapy | TED Talk: https://www.ted.com/talks/rick_doblin_the_future_of_psychedelic_assisted_psychotherapy
Interview mit John Krystal: Ketamine, depression, and your brain: https://www.youtube.com/watch?v=D6EHXOrOHb4
Unser Podcast-Tipp: 11KM: Der tagesschau-Podcast: https://1.ard.de/11KM_Podcast

Das Wissen SWR Kultur

Medizin Dr Ketamin - Folge 3: Das System

Kathi hat schwere Depressionen. Ausprobiert hat sie schon viel, nun bekommt sie zum ersten Mal Ketamin – mit schlimmen Nebenwirkungen. Yannics Selbstversuch verläuft hingegen ganz anders, und dann geistert noch der Todesfall Matthew Perry durch die Medien: Der Schauspieler der Serie „Friends“ hatte vor seinem Tod regelmäßig Ketamin konsumiert. Ketamin scheint also auch sehr gefährlich zu sein. Es stellen sich viele Fragen: Worin genau besteht das Risiko? Wie ist Ketamin-Therapie überhaupt gesetzlich geregelt? Was bedeutet die Erforschung Ketamins für die Pharma-Industrie? Einordnungen gibt es u.a. von Tom Bschor, Mediziner im Bundesgesundheitsministerium. Unterdessen muss Mario Scheib seine Praxen schließen.
Eine vierteilige Story für Das Wissen von Pola.Berlin.
Produktion und Skript: Pola.Berlin - Yannic Hannebohn und Anna Scholz
Host: Yannic Hannebohn
Redaktion und Distribution SWR: Juliane Ziegler und Gábor Paál
Zusätzliches Reporting: Charlotte Witt und Freya Siewert.
Musik: Moritz Schuster
Regie und Schnitt: Jeff Emtman
Grafik: Britta Wagner
Factchecking: Nora Burgard-Arp
Skriptberatung: Fabian Federl
Weitere Mitarbeit: Elise Hulata
Review u.a. über die Abhängigkeit von Ketamin (2024): https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/02698811241303597
Tom Bschor: Antidepressiva – Wie man sie richtig anwendet und wer sie nicht nehmen sollte (2018): https://www.penguin.de/buecher/tom-bschor-antidepressiva-wie-man-die-medikamente-bei-der-behand/buch/9783517097367
The Lancet: Review-Studie über die Wirksamkeit von Antidepressiva (2018): https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(17)32802-7/fulltext
Studien zur Wirkung von Esketamin bei therapieresistenten Depressionen: https://www.nejm.org/doi/10.1056/NEJMoa2304145 und https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0165032719319780
Unser Podcast-Tipp: Raus aus der Depression: https://www.ardaudiothek.de/sendung/raus-aus-der-depression/90479748/

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