Am 25. Juli 1978 kommt Louise Brown bei Manchester zur Welt. Sie ist das erste Baby, das aus einer künstlichen Befruchtung hervorgegangen war – damals "Retortenbaby" genannt. Die Mediziner geben ihr – mit dem Einverständnis der Eltern – den zweiten Vornamen "Joy".
Nobelpreis für Entwicklung der In-vitro-Fertilisation
Die verantwortlichen Mediziner waren der Physiologe Robert Edwards, der Gynäkologe Patrick Steptoe sowie die Forschungsassistentin und Embryologin Jean Purdy. Robert Edwards bekam für die Entwicklung der In-vitro-Fertilisation 2010 den Nobelpreis – die anderen beiden lebten da schon nicht mehr.
Über Louise und ihre Mutter Lesley Brown sagte er: "Diese Frau hat etwas bekommen, was sie ohne unsere Hilfe nicht hätte haben können."
Debatten nach der Geburt von Louise Joy Brown
Die Geburt von Louise Brown war eine Sensation und sorgte für ethische Debatten. Der Vatikan sprach von Gotteslästerung.
Wenige Tage nach der Geburt von Louise Brown kommt heraus: Ihre Eltern haben die Rechte an der Berichterstattung für viel Geld an die "Daily Mail" verkauft – und kommen dadurch zu unerwartetem Wohlstand.
In-vitro-Fertilisation setzte sich zunächst nur langsam durch
Louise Brown bleibt das einzige in vitro gezeugte Baby, das 1978 zur Welt kommt. Das zweite wird 1979 geboren, das dritte 1980. Die Methode setzt sich also zunächst nur langsam durch. Doch das hat sich geändert. Allein in Deutschland gehen heute rund 20.000 Babys jährlich aus einer künstlichen Befruchtung hervor.
Aus dem Beitrag: Beschreibung der künstlichen Befruchtung
"Der Frau wurden aus den verklebten Eierstöcken operativ mehrere reife Eizellen entnommen. In einer besonderen Nährlösung unter einem besonderen Luftgemisch erfolgte dann sozusagen im Reagenzglas die Befruchtung des Eis mit dem Samen des Ehemannes.
Unter dem Elektronenmikroskop konnte man dann exakt jenen Vorgang beobachten, der normalerweise im Mutterleib stattfindet: Ein Samenfaden drang in das reife Ei ein, das sich sofort abkapselte, um weitere Samenfäden am Eindringen zu hindern.
Danach begann sofort die erste Zellteilung des Eis, Leben war somit geschaffen. Sechs Tage nach der Ei-Entnahme setzten die Ärzte der Frau den Embryo in die Gebärmutter ein, wo sich der Embryo einnisten musste, um vom Körper der Mutter ernährt zu werden.
Das ist der kritische Punkt des gesamten Unternehmens. Was zuvor etwa 400 Mal misslungen war, bei Lesley Brown funktionierte es. Die Gebärmutter akzeptierte den, wenn man so will, Fremdkörper und machte ihn sich zu eigen. Alles andere war Routine."
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Medizin
5.1.1932 Franz Oehlecker über die moderne Bluttransfusion
5.1.1932 | Franz Oehlecker (1874 - 1957) gilt als Pionier der modernen Bluttransfusion. Als Hamburger Chirurg am Krankenhaus Barmbek sammelte er Erfahrungen mit der Verträglichkeit und der Hygiene bei der Übertragung von Spenderblut. In diesem Vortrag der Reichsrundfunkanstalt vom Januar 1932 erklärt er den Stand der Wissenschaft und wendet sich gegen das verbreitete Vorurteil, bei der Transfusion übertrügen sich auch Charaktereigenschaften des Spenders. Franz Oehlecker war einer der ersten bekannten deutschen Chirurgen, der 1933 das "Bekenntnis der deutschen Professoren zu Adolf Hitler" unterzeichnete. | Mehr historische Aufnahmen zur Medizingeschichte: http://swr.li/medizingeschichte
26.7.1933 Ministerialrat Arthur Gütt über Zwangssterilisation
26.7.1933 | Bereits kurz nach ihrer Machtergreifung im Januar 1933 legten die Nationalsozialisten die Pläne für ein "rassenreines" Deutsches Reich vor. Zu den Kernideen gehört das "Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses", vornehmlich erdacht und konzipiert von dem Mediziner und Ministerialrat im Innenministerium Arthur Gütt. In dieser Rundfunkansprache vom 26. Juli 1933 entwickelte Gütt die Nationalsozialistische Rassenpolitik aus medizinischer Perspektive. Menschen ohne ihre Einwilligung unfruchtbar zu machen, nur weil sie einer anderen "Rasse" als der gewünschten angehören, ist laut Gütt eine "Tat der Nächstenliebe".
11.11.1933 Ferdinand Sauerbruch begrüßt "Erwachen" Deutschlands
11.11.1933 | Ferdinand Sauerbruch (1875 - 1951) war einer der einflussreichsten deutschen Chirurgen im 20. Jahrhundert. Er entwickelte an der Charité und am Rudolf-Virchow-Krankenhaus in Berlin zahlreiche neue chirurgische Verfahren.
Sauerbruch war nach heutigem Stand kein Parteimitglied. Mal unterstützte er das Regime mit entsprechenden Aufrufen, mal übte er auch Kritik, etwa am sogenannten Euthanasieprogramm der Nazis. Es gibt Hinweise, dass er Hitler für eine Gefahr hielt.
In dieser Rundfunkansprache ist davon nichts zu hören. Sie stammt vom Anfang der Nazi-Diktatur, dem 11. November 1933. Das war ein Tag vor der Volksabstimmung zum Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund. Am selben Tag fand auch die Reichstagswahl statt, bei der nur noch eine nationalsozialistische Einheitsliste zugelassen war. Sauerbruch spricht dennoch von der Möglichkeit zum freien politischen Bekenntnis. | Mehr historische Aufnahmen zur Medizingeschichte: http://swr.li/medizingeschichte
29.1.1938 Ferdinand Sauerbruch freut sich über Nationalpreis
29.1.1938 | 1937 nimmt der berühmte Chirurg Ferdinand Sauerbruch den deutschen Nationalpreis entgegen. Auch das sollte ihm nach dem Krieg vorgeworfen werden, als seine Rolle in der Nazizeit untersucht wurde. Der Nationalpreis verstand sich als nationalsozialsozialistisches Gegenstück zum Nobelpreis. Sauerbruchs Dankesrede vom 29. Januar 1938 gerät zu einer Hymne auf den Nationalsozialismus. | Mehr historische Aufnahmen zur Medizingeschichte: http://swr.li/medizingeschichte
1.9.1939 Kampf gegen Tuberkulose: Die Röntgen-Reihenuntersuchungen
1.9.1939 | Um Tuberkulose-Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und so die Ansteckungsgefahr einzudämmen, wurde 1939 die Röntgen-Reihenuntersuchung eingeführt. Der Mediziner Hellmuth Ulrici erläutert Ende 1939 im Rundfunk die Wichtigkeit der neuen Untersuchung. | Mehr historische Aufnahmen zur Medizingeschichte: http://swr.li/medizingeschichte