„Ich darf Teil der Geschichte des Instruments sein“

Alte Instrumente von Stradivari und Co: Mythos, Wertanlage, Nachwuchsförderung

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Von Autor/in Theresa Berwian

Jahrhundertealte Geigen oder Celli können nicht nur mit ihrem Klang erfreuen, sondern auch eine lohnende Anlagemöglichkeit sein. Manchmal profitiert sogar der Nachwuchs davon.

Für sein Cello habe er eine tiefe Bewunderung, sagt der 18-jährige Arne Zeller aus Trier: „Das ist phänomenal schön und ein wahnsinniges Privileg, dass ich damit spielen darf.“ Mit sechs Jahren hat Arne Zeller angefangen Cello zu spielen.

Seitdem hat er zahlreiche Preise gewonnen, Konzerterfahrung gesammelt und war neben der Schule als Jungstudent an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig. Seit Oktober studiert er an der renommierten Kronberg Academy im Taunus – alles in allem beste Voraussetzungen für eine erfolgreiche Musikerkarriere.

Trotz technischem Fortschritt: Lieber alt statt neu

Dafür darf auch das richtige Instrument nicht fehlen, das optimalerweise kein neues ist. Denn bei den Profis sind vor allem Geigen, Bratschen oder Celli beliebt, die schon ein paar Jahrzehnte oder Jahrhunderte alt sind. Zwar gibt es auch hervorragende zeitgenössische Instrumentenbauer, doch gerade bei den Streichinstrumenten umschwebt vor allem die alten Instrumente ein regelrechter Mythos.

Allen voran: die Instrumente der Cremoneser Geigenbauer Antonio Stradivari oder Guarneri del Gesù. Ihre Arbeiten gelten bis heute als unerreicht meisterhaft und sind deshalb auch besonders wertvoll, vor allem, wenn sie prominente Vorbesitzer hatten oder Teil der Musikgeschichte sind.

Musik Die Violine – Das perfekte Instrument?

Die Geige ist schön anzusehen, aber nicht immer schön anzuhören: Das Instrument fordert viel vom Spieler. Der seelenvolle Klang kann tief berühren. Die Violine ist beliebt.

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Rekordpreise in Millionenhöhe für Stradivari

Erst Anfang Februar verkaufte das Auktionshaus Sotheby’s eine Stradivari-Geige für 11,3 Millionen Dollar. Ein fast schon enttäuschender Preis. Denn das Auktionshaus hatte die „Joachim-Ma“-Stradivari aus dem Jahr 1714 auf einen Wert von bis zu 18 Millionen Dollar geschätzt. Damit hatte das Instrument das Potenzial, das teuerste jemals verkaufte zu werden.

Laut „Guinness Buch der Rekorde“ ist das momentan eine andere Geige von Stradivari: die „Lady Blunt“, die 2011 für fast 16 Millionen Dollar versteigert wurde. Ihr Name geht auf Lady Anne Blunt zurück, die die Enkelin des britischen Dichters Lord Byron war. Da diese Geige meistens im Besitz von Sammlern war, wurde sie wohl wenig gespielt und ist deshalb besonders gut erhalten.

Daniel Hope spielt eine von Guarneri del Gesù gefertigte Geige.
Daniel Hope spielt eine von Guarneri del Gesù gefertigte Geige, die auch schon Karol Lipiński gehörte. Bild in Detailansicht öffnen
Die vielfach ausgezeichnete Geigerin Anne-Sophie Mutter besitzt gleich zwei Geigen von Stradivari.
Die vielfach ausgezeichnete Geigerin Anne-Sophie Mutter besitzt gleich zwei Geigen von Stradivari: die Emiliani (1703) und die Lord Dunn-Raven aus dem Jahr 1710. Bild in Detailansicht öffnen
Ray Chen trat beim 25. Classic Open Air in Berlin auf dem Gendarmenmarkt auf.
Der australisch-taiwanesische Violinist Ray Chen hatte bereits mehrere Geigen von Antonio Stradivari als Leihgabe. Momentan spielt er die Dolphin (1714) als Leihgabe der Nippon Music Foundation. Bild in Detailansicht öffnen
Applaus für Renaud Capuçon, Eva Ollikainen und das SWR Symphonieorchester in der Stuttgarter Liederhalle
Der französische Geiger Renaud Capuçon spielt eine Violine Guarneri del Gesù „Panette“ (1737), die zuvor Isaac Stern gehörte Bild in Detailansicht öffnen
Die Geigerin Lisa Batiashvili war 2022 zu Gast bei einer Fernsehsendung.
Fast 11 Jahre lang lieh die Nippon Music Foundation Lisa Batiashvili eine Stradivari Geige aus dem Jahr 1709. Anschließend spielte sie bis 2013 die Stradivari „Joachim“ von 1715. Momentan wird ihr eine Guarneri del Gesù von einem anonymen deutschen Sammler bereitgestellt. Bild in Detailansicht öffnen

Anlageklasse „Historische Streichinstrumente“

Dieses schweigsame Schicksal trifft alte Instrumente immer wieder. Eben weil sie teilweise mit so hohen Preisen gehandelt werden, können sie eine Wertanlage sein – auch jenseits der achtstelligen Summen für eine Stradivari. Manche Sammlerinnen und Sammler behandeln die Instrumente dann eher wie Kunstwerke und bewahren sie in Vitrinen oder Tresoren auf.

Die „MacDonald“-Viola von Stradivari sollte 2014 beim Auktionshaus Sotheby's verkauft werden.
Die „MacDonald“-Bratsche von Stradivari sollte 2014 beim Auktionshaus Sotheby's verkauft werden. Als eine von nur zehn erhaltenen Stradivari-Bratschen lag das Mindestgebot bei 45 Millionen Dollar. Ein Käufer fand sich aber nicht.

Viele andere sorgen dafür, dass ihre Schätze gespielt werden. Mithilfe von Stiftungen werden die Instrumente verliehen, oft gegen eine monatliche Gebühr. Um junge Talente zu fördern, werden Nachwuchsmusikerinnen und -musikern die Instrumente auch oft kostenfrei zur Verfügung gestellt.

Mit Leihinstrumenten zum Erfolg

Auch der Cellist Arne Zeller spielt momentan auf gleich zwei Leihinstrumenten aus dem 19. Jahrhundert. Für ihn ist es ein Privileg, dass er als 18-Jähriger auf solchen Celli spielen darf. „Ich darf Teil der Geschichte des Instruments sein“, sagt Zeller.

Man hat immer einen Gegenspieler, mit dem man eins werden kann.

Er spüre den Unterschied zwischen neuen und jahrhundertealten Instrumenten. Denn letztere hätten Charakter. Mit einem neuen Instrument könne man zwar machen, was man möchte – ganz wie auf einer weißen Leinwand, sagt Arne Zeller. „Aber ich fand es schön, von dem Instrument auch etwas zurückzukriegen. So ist man nie allein. Man hat immer einen Gegenspieler, mit dem man eins werden kann auf der Bühne.“  

In Tests schneiden neue Instrumente oft besser ab

Ob alte Instrumente wirklich besser klingen, darüber sind sich Expertinnen und Experten nicht ganz einig. Immer wieder gibt es Blindtests, in denen neue gegen alte Instrumente klanglich antreten. Dabei schneiden neue Instrumente oft besser ab. Doch über die Aussagekraft der Ergebnisse wird dann wieder gestritten.

Viele Musikerinnen und Musiker sind jedenfalls von den Vorteilen älterer Instrumente überzeugt. Arne Zeller fühlt sich fast schon angespornt von seinem deutlich älteren Bühnenpartner. „Dieses Cello wird uns alle noch überleben. Sein Sinn ist es, gespielt zu werden. Das ist meine Aufgabe und der sollte ich gerecht werden“, so der Jungcellist.

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