6. Mai 2025, 19:30 Uhr

Vivid Consort & David Bergmüller

Stand

INHALT

Termin
Besetzung
Programm
Programmtext
Interpreten
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TERMIN

Dienstag, 6. Mai 2025, 19:30 Uhr
Mozartsaal, Schloss Schwetzingen

Sendung am Donnerstag, 22. Mai, 20:03 – 21 Uhr im Radioprogramm SWR Kultur und zum Nachhören auf SWRKultur.de

BESETZUNG

VIVID CONSORT
Christine Gnigler Blockflöte, Gesang
Lorina Vallaster Blockflöte, Gesang
Sheng-Fang Chiu Blockflöte, Traversflöte

David Bergmüller Laute

Moderiert vom Vivid Consort

PROGRAMM

John Dowland 1563 – 1626
Paduan

William Brade 1560 – 1630
Galliard Nr. 9

John Dowland
I must complain, yet do enjoy my love

John Bull 1562/63 – 1628
Fantasia Nr. 1

Giles Farnaby ca. 1563 – 1640
His humour

John Dowland
Come again, sweet love doth now invite
Praeludium
Lachrimae gementes (Sighing tears)
Flow, my tears
Lachrimae amantis (A lover's tears)

Thomas Morley 1557/58 – 1602
Now must I die

Orlando Gibbons 1583 – 1625
Fantasia à 3, Nr. 3

John Dowland
All ye, whom love or fortune hath betrayed
What if I never speed
Mr. Bucton's Galliard
Sorrow, stay

Anthony Holborne 1545 – 1602
Bona speranza

John Dowland
Come, heavy sleep

Anthony Holborne
Galliard Nr. 24

John Dowland
Can she excuse my wrongs

Reise in die NachtPROGRAMMTEXT

Der Meister der Traurigkeit

Können Geiger eigentlich nur geigen und Trompeter nur blasen? Diese Frage hat schon den Humoristen Loriot zu absurden Denkvolten angetrieben, und wenn man sich mit dem Wiener Vivid Consort beschäftigt, wirkt sie wieder brandaktuell. Schließlich muss man bei zwei der drei beteiligten Flötistinnen ernsthaft damit rechnen, dass sie nicht nur Flöte spielen, sondern auch singen. Wenn also die Feststellung in Loriots Sketch zutrifft, Musiker seien mit ihren Instrumenten verheiratet, dann ist zu folgern: Bei diesem Trio geht es eindeutig um Polygamie, zumindest um Polyamorie.

Was uns, mal wieder, auf die Liebe verweist. Um die geht es in der emotionalen Kunstform Musik ohnehin oft, ganz besonders aber in dem Programm, mit dem das Vivid Consort uns auf eine Reise in die Nacht mitnimmt. David Bergmüller, der das Trio dabei an der Laute stützt und mit spielerischen Noten umgarnt, spielt das Instrument, mit dem auch der Protagonist des Programms, John Dowland, Ende des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts Karriere machen wollte. Und zwar am Königshof seiner Heimat England. Dass Dowland fast zwei Jahrzehnte auf seinen Traumjob als englischer Hof-Lautenist warten musste, hat ihn zwar betrübt, darf uns heute aber freuen. Denn nachdem er 1712 diesen Posten bekam, hat er kaum mehr komponiert. Seiner Betrübnis wie auch den Eindrücken von vielen Reisen und wechselnden Anstellungen (u. a. am dänischen Hof) entsprangen hingegen zahllose Werke: Lieder (Ayres) sowie Kompositionen für Laute und für Ensembles, vor allem für die damals populären Gamben.

Das Œuvre John Dowlands stützt auf überzeugende Weise die These, dass große Kunst auf dem Nährboden individuellen Leidens besonders gut gedeiht. Wobei in diesem Falle – dies zum Troste – zwischenzeitlich auch viel Freudiges, Aufmunterndes entstanden ist. Das hört man vor allem in Dowlands Instrumentalmusik, zumal dort, wo sich der Komponist beliebter Tanzformen seiner Zeit bedient, zum Beispiel der leichtfüßigen Galliarde (im Dreiertakt), des geradtaktigen Paartanzes Allemande oder des Schreittanzes Pavane.  

Aber gibt es Lieder, in denen sich auf ähnlich herzzerreißende Weise tiefe Melancholie und Ohrwurmqualität paaren wie in Dowlands Ayres? John Dowland ist in der Musik ein, nein: der Meister der Traurigkeit. Mit gutem Grund hat er seiner bedeutenden Sammlung von Lautenmusik den Titel Lachrimae ("Tränen") gegeben, und das Motto einer der darin enthaltenen Pavanen lautet ebenso selbstironisch wie bezeichnend: Semper Dowland semper dolens ("Immer Dowland, immer leidend"). Die Lautenstücke Lachrimae gementes, Lachrimae amantis und Mr Bucton’s Galliard stammen aus dieser Sammlung.

Bei Dowlands Ayres liegt der Schmerz in der Gesangslinie. Come again, sweet love, Flow my tears oder Come, heavy sleep sind nachsingbar, tanzbar und wiedererkennbar, also frühe Popsongs, und ihre Schönheit und Emotionalität überkommen uns wie eine Urgewalt. Dabei ist die Form, nehmen wir kürzere polyphone Passagen (etwa in Flow my tears) einmal aus, meist schlicht: Wir hören Strophenlieder mit überwiegend homophoner, also gleichstimmiger, Struktur und nur wenigen Verzierungen. Für Wirkung sorgen hier das Einfache und das Wiederholte.

Dabei sind die Inhalte keineswegs simpel. Auf welch komplexe Weise jemand enden könnte, der unter der Liebe leidet, entnimmt man etwa den letzten Versen des Liedes Can she excuse my wrongs ("Kann sie meine Fehler verzeihen"): "Besser ist's, tausend Tode zu sterben, / als so qualvoll weiter leben zu müssen. / Liebste, erinnere dich aber daran: / Ich war's, der deinetwegen zufrieden starb." Wenn das keine komplexe Beziehung ist!

Unser Programm lädt ein, die Tiefe von Dowlands musikalischen Empfindungen mit jener zu vergleichen, die britische Zeitgenossen wie Thomas Morley, Orlando Gibbons oder John Bull erreichten. Was von dem, was uns in Dowlands Musik packt und begeistert, ist seiner individuellen Gabe zu verdanken, was hingegen zuallererst Ausdruck des Zeitgeists, der das ganze Elisabethanische Zeitalter in England prägte? Dabei bleibt dem Protagonisten Dowland ein Joker: Nur seine Musik wird vom Vivid Consort auch gesungen, entspringt also der ältesten und wohl auch berührendsten musikalischen Ausdrucksform des Menschen. Zwei Blockflötistinnen werden dafür ihre Instrumente beiseitelegen. Sie dürfen davon ausgehen, dass niemand diesen Wechsel der Idiome so befremdlich findet wie die Dame in Loriots Sketch. Die beschließt, in kein Konzert mehr zu gehen, "wenn ich darauf gefasst sein muss, dass plötzlich ein Trompeter theoretisch oder praktisch in eine Geige bliese." Passiert hier auch nicht. Aber lebte die Dame noch, dann hätten wir sie zu diesem Abend eines Ensembles eingeladen, das seinen Auftrag schon im Namen trägt: vivid heißt lebendig.

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SWR