Die Neuen Vocalsolisten Stuttgart prägen seit Jahrzehnten die Landschaft der zeitgenössischen Musik. Ihr virtuoser Umgang mit der Stimme macht sie einzigartig. Vor 25 Jahren haben sie begonnen, ein eigenes Genre zu formen und zu definieren: das vokale Kammermusiktheater.
Sieben Stimmen, eine Bühne. Keine opulenten Kostüme, kein Orchestergraben, kein Dirigent. Stattdessen: pure vokale Energie, die sich zu packenden Miniatur-Dramen verdichtet. So klingt vokales Kammermusiktheater – ein Genre, das die Neuen Vocalsolisten Stuttgart vor 25 Jahren aus der Taufe hoben.
Konzert und Theater gleichzeitig und doch etwas ganz Eigenes
Die Kunstform sprengt den Konzertrahmen, ist mehr als reiner Ensembleklang: Die Persönlichkeit jedes Einzelnen steht im Rampenlicht. Die Stücke leben von Charakteren, verbinden Gesang mit Geste und Aktion. Es ist Konzert und Theater gleichzeitig und doch etwas ganz Eigenes. Zeitgenössische, oft vertrackte Vokalmusik so aufzuführen, ist die Königsdisziplin – erst recht ohne Dirigenten.
Jedes Mitglied übernimmt volle Verantwortung und kennt die gesamte Partitur. Es sei sehr schwer, einen gemeinsamen Impuls zu finden, erklärt Bassist Andreas Fischer, weil es gerade in moderner Musik oft komplexe Rhythmen gebe.
Ensemble gründet sich im Jahr 2000
Die Wurzeln des Ensembles reichen 40 Jahre zurück, damals noch als größerer Chor mit Dirigent, gegründet und 15 Jahre geleitet von Manfred Schreier. Geprägt von Clytus Gottwalds Schola Cantorum Stuttgart, bringt Schreier Erfahrungen mit bahnbrechenden Solostimmen-Werken ein, eine Befreiung der Stimme, die das Individuum ins Zentrum stellt.
Im Jahr 2000 kam der entscheidende Schritt zur heutigen Form: Aus zwölf Sängern wurden sieben. Sopranistin Susanne Leitz-Lorey ist seit 1991 dabei: „Es gibt neue Stücke, die noch niemand aufgeführt hat und wir kreieren das. Das war für mich auch eine Art Befreiung.“
Enge Zusammenarbeit mit Komponistinnen und Komponisten
Eine enge Partnerschaft mit den Komponistinnen und Komponisten ist das A und O. Die Werke sind oft wie maßgeschneidert. Christine Fischer ist seit Gründung Managerin des Ensembles und damit Strippenzieherin für solche kreativen Prozesse.
Komponisten werden meistens vom Ensemble eingeladen, bevor sie mit dem Komponieren beginnen, weiß Fischer. „Da muss man ein bisschen aufpassen, weil oft Stücke entstehen, die genau abrufen, was die Sänger bei beim Ausprobieren anbieten.“ Das Ensemble hat dadurch eine fast intime Verbindung zur Musik und ihren Schöpfern.

Neue Werke weiterleben und entdecken
Die Neuen Vocalsolisten arbeiten frei, oft finanziert durch selbst eingeworbene Fördergelder. Umso erstaunlicher ist diese Kontinuität, diese glühende Leidenschaft für immer neue Kompositionen.
Das Ziel ist klar, so Christine Fischer: Das Genre des vokalen Kammermusiktheaters weitertragen, auch über Besetzungsänderungen hinaus. Mit ihrer Pionierarbeit prägen die Neuen Vocalsolisten Stuttgart nicht nur ein Genre, sondern schaffen einen lebendigen Kreislauf, der Werke weiterleben und neu entdecken lässt.
JetztMusik ECLAT 2025 – Kammerspiele 2
Theo Nabicht (Kontrabassklarinette)
Neue Vocalsolisten Stuttgart:
Johanna Vargas, Susanne Leitz-Lorey (Sopran)
Helena Sorokina (Mezzosopran)
Daniel Gloger (Countertenor)
Martin Nagy (Tenor)
Guillermo Anzorena (Bariton)
Andreas Fischer (Bass)
Klangregie: Matthias Schneider-Hollek
Luxa Mart*in Schüttler:
Diskreter Wolf für 6 Stimmen und Elektronik (Uraufführung der Neufassung)
Elena Rykova:
a hollow heart full of holes für 5 Stimmen und Elektronik (Uraufführung)
Bernhard Lang:
loops for basses, Politische Reden für Bass und Kontrabassklarinette (Uraufführung)
Kuba Krzewinski:
Trigger Warning für 5 Stimmen und Video (Uraufführung)
Agnieszka Jakimiak: Dramaturgische Beratung
(Konzert vom 8. Februar 2025 im Theaterhaus Stuttgart)