Der Bolero von Maurice Ravel zählt zu den beliebtesten Werken der klassischen Musik und zu den bekanntesten des französischen Impressionismus. Ursprünglich als ein Ballett entstand das 1928 uraufgeführte Auftragswerk der russischen Tänzerin Ida Rubinstein. Auch das Kino ließ sich mehrfach von dem Bolero inspirieren, in Filmen wie „Crescendo“ oder auch „Die leisen und die großen Töne“. Nun kommt ein Film ins Kino, der die Entstehungsgeschichte des Stücks erzählt. Inszeniert hat ihn die Französin Anne Fontaine, deren eigene künstlerische Karriere als Tänzerin begann.
Das Orchester als Maschinerie
Die entscheidende Inspiration für sein berühmtestes Werk lässt lange auf sich warten. Maurice Ravel fühlt sich von der Tänzerin Ida Rubinstein, die ihn mit einem Ballett beauftragt hat, von dem sie sich wünscht, dass es voller Kraft und Erotik sei, überfordert. Bis zur geplanten Uraufführung läuft ihm die Zeit davon.
Der Film „Boléro“ erzählt die schwierige Geburt dieses Werks, das Ravel schließlich nach dem Besuch einer Fabrik unter dem Eindruck der gleichmäßig ratternden Maschinen schrieb.
Bunte Musikauswahl
Aber nicht nur das Erfolgsstück, das Ravel zunächst selbst gar nicht als ein Meisterwerk erachtet, sondern auch zahlreiche andere Stücke aus seinem Oeuvre erhalten im Film Raum: die Orchesterwerke „Pavane pour une infante défunte“, „La Valse“, „Ma mère l’Oye“ sowie das Klavierkonzert in G-Dur und zahlreiche Klavierstücke, darunter Le Gibet aus dem Zyklus Gaspard de la nuit oder die „Sérénade Grotesque“.

Im Zentrum steht der Komponist selbst, in dem die Regisseurin einen ungewöhnlichen Menschen ausmacht. Die neurologische Krankheit, die ihm in seinen letzten Lebensjahren zu schaffen machte, resultiert hier nicht erst aus dem Unfall, den Ravel 1932 als Fahrgast eines Taxis erlitt. Düstere Zukunftsvisionen überschatten sein Leben bereits Jahre zuvor in einer Orchesterprobe.
Wenn er zu Beginn des Films seinen Valse dirigiert und abbricht, wirkt er bereits verloren. Darin erkenne ich die ersten Symptome für seine Krankheit.
Das fünfmalige Scheitern beim Prix de Rome, dem damals bedeutendsten Wettbewerb für französische Künstler, sowie der Tod der Mutter während seines Genesungsurlaubs von der Front im Ersten Weltkrieg hatten gewiss einen Teil an Ravels Melancholie.
Eine Liebe nur für die Musik
Raphaël Personnaz verkörpert den Protagonisten überzeugend als einen introvertierten Charakter. Seinen Zugang zu ihm fand er vor allem über das Spielen von Ravels Musik. Ein Jahr hat er dafür Klavierunterricht genommen und sich inspirieren lassen von dem Pianisten Alexandre Tharaud, der viele Titel für den Film eingespielt hat.

Zu entdecken gilt es bei alledem einen sonderbaren Mann ohne Verlangen nach Sexualität. Noch nicht einmal seine Muse Misia, zu der sich Ravel emotional stark hingezogen fühlt, vermag ihn zu verführen.
Ich würde sie küssen können und müsste lügen, um zu sagen, ich würde keine Lust verspüren. Aber das würde jeder Mann einfach tun. Ich bevorzuge es, Musik für sie zu schreiben.
Darüber, ob Ravel homosexuell gewesen sein mag, wie einige seiner Biografen mutmaßen, spekuliert Anne Fontaine nicht. Vielmehr deutet sie subtil an, dass die erotische Fantasie des Komponisten allein von der Musik beflügelt wurde. Darin liegt der Reiz ihres anspruchsvollen, zarten, geheimnisvollen Films, der sich mit eleganten Bildern aus der Belle Epoque auch der großen Leinwand empfiehlt.
ARD Klassik 150 Jahre Ravel
Voller Leidenschaft pulsiert der „Boléro“, das berühmteste Werk von Maurice Ravel. Bekannt ist er auch für sein Orchesterstück „La valse“ oder das virtuose Klavierkonzert in G-Dur.