Buchkritik

Venki Ramakrishnan – Warum wir sterben

Stand
Autor/in
Johannes Kaiser

Der menschliche Körper ist ein Wunderwerk, wie wir spätestens seit der Entdeckung des Doppelstrangs der DNA wissen. Die Gene bestimmen unser Leben und eben auch unser Altern. Das Altern aufzuhalten, das streben derzeit zahlreiche Startups an. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass dies gelingt, ist sehr gering, wie Venki Ramakrishnan, 2009 Chemie-Nobelpreisträger, in seinem Buch „Warum wir altern“ detailliert erklärt.

Der indische Strukturbiologe Venki Ramakrishnan steht den Versprechen ewiger Jugend und Fitness ausgesprochen skeptisch gegenüber. Sie sind, wie er jetzt in seinem Buch „Warum wir sterben“ nachweist, absurd, denn der Alterungsprozess unseres Körpers lässt sich nicht abschaffen. 

Für Laien wie mich ist „Warum wir sterben“ keine leichte Lektüre, denn der ausgewiesene Genexperte beschreibt in aller Detailfreude, wie die Zellen funktionieren. So allgemeinverständlich Ramakrishnan auf 300 Seiten die genetischen Vorgänge auch erklärt, man muss sich die verschiedenen Funktionen der unterschiedlichen Zellformen immer wieder in Erinnerung rufen. Bisweilen helfen kleine Zeichnungen beim Verständnis. 

Die Erforschung des Alterns 

Ramakrishnan geht weit zurück in der Geschichte der Erforschung des Alterns. Er stellt berühmte Forscherinnen und Forscher vor, beschreibt, wie sie oft gegen den Widerstand ihrer Wissenschaftsgemeinschaft auf ihre Entdeckungen gestoßen sind.  

Spätestens seit der Entdeckung des Doppelstrangs der DNA sind rasante Fortschritte gemacht worden. Sie zeigen deutlich, wie kompliziert das Zusammenspiel der verschiedenen Bestandsteile einer Zelle ist. Entscheidend sind die Gene der DNA, denn sie enthalten die Information, wie Proteine aufgebaut werden.

Ohne Proteine kein Leben. Proteine steuern den Körper und befähigen die Zelle, Fette, Kohlehydrate, Vitamine und Hormone herzustellen. Sie produzieren die Antikörper, die Infektionen bekämpfen, speichern sogar Erinnerungen im Gehirn.  

Die dafür verantwortlichen Gene der DNA werden von der Ribonukleinsäure, der RNA kopiert und dann zur Produktion der Proteine genutzt. So unterschiedlich die Proteine sind, so unterschiedlich ist ihr Aufbau, ihre Funktion und ihre Lebenszeit. Ohne sie gibt es keine neuen Körperzellen, von der Gehirnzelle über die Herzmuskeln bis zur Leber.  

Die Fehleranfälligkeit der Zellen 

In elf Kapiteln erläutert Ramakrishnan, wie die Zellen entstehen und wie sie sterben, denn fast alle Zellen im Körper haben eine kurze Lebenszeit, müssen sich beständig vermehren und dabei geschehen Fehler. Normalerweise werden diese alle eliminiert. Doch die Reparaturmechanismen sind nicht perfekt. So sammeln sich im Laufe der Zeit immer mehr beschädigte Zellen an. Reaktion des Körpers:  

1. Die fehlerbelastete Zelle dazu zu bringen, sich selbst zu zerstören, quasi Selbstmord zu begehen. 
2. Die Zelle stillzulegen, so dass sie keinerlei Funktion mehr ausübt und sich nicht mehr vervielfältigen kann.  
3. Sie zu reparieren, also alle Fehler zu beseitigen.  

Je mehr Zellen stillgelegt werden, desto schlechter arbeitet das entsprechende Organ, in dem sie sich befinden. Je weniger repariert wird, desto heftiger werden die Funktionen einzelner Organe beeinträchtigt. Das ist der unvermeidbare Alterungsprozess der Organe. Wenn die stillgelegten oder zerstörten Zellen die Überhand gewinnen, stirbt man.  

Man hofft, mit besserem Verständnis der Reparaturmechanismen die Fehler eindämmen oder sogar beseitigen zu können. Das könnte tatsächlich zu einer Verlängerung des Alters führen. Mehr als 120 Jahre aber sind kaum zu erreichen. 

Die Unvermeidbarkeit des Alterns 

Es ist eine fremde Welt, in die man eintaucht. Sie zeigt uns zudem, dass das Altern ein natürlicher und beabsichtigter Vorgang der Evolution ist. Auch wenn sich das Alter heute dank zahlreicher medizinischer und pharmazeutischer Entdeckungen gegenüber früheren Zeiten gut verdoppelt hat, steckt der Prozess des Alterns aber noch immer voller Geheimnisse. Ramakrishnan beweist überzeugend, dass er sich kaum unendlich verlängern lassen wird. Einen Methusalem wird es nicht geben. 

Buchkritik Volker Kitz – Alte Eltern

Alte Eltern ist ein Thema, mit dem früher oder später die meisten von uns konfrontiert werden. Volker Kitz schildert sehr persönlich den Alltag mit seinem dementen Vater und hat damit einen wertvollen Begleiter für erwachsene Kinder geschrieben, die vor demselben Problem stehen.
Rezension von Margrit Irgang

SWR Kultur am Abend SWR Kultur

Gespräch Delphine de Vigan - Dankbarkeiten

Die Geschichte vom allmählichen Erlöschen einer Person. Der neue Roman der französischen Erfolgsautorin Delphine de Vigan ist recht rührselig geraten.
Aus dem Französischen von Doris Heinemann
DuMont Buchverlag
ISBN 978-3-8321-8112-3
176 Seiten
20 Euro

SWR2 lesenswert Magazin SWR2

Stand
Autor/in
Johannes Kaiser