Das Thema „Macht“ lässt Autor Ilija Trojanow nicht los. Zehn Jahre nach seinem beeindruckenden Roman „Macht und Widerstand“ über die kommunistische Vergangenheit Bulgariens hat er jetzt eine sehr originelle und eigenwillige Erzählung vorgelegt.
Im Mittelpunkt steht über 100 Jahre alter Text, ein Großgedicht des bulgarischen Schriftstellers Stojan Michailowski, das wegen seiner komplizierten, vielsprachigen Konstruktion als unübersetzbar gilt.
Absurd, brutal und sehr aktuell
Ilija Trojanow hat das Großgedicht, das nach einem alten orientalischen Märchen klingt, auf seine eigene Weise nacherzählt. Ein in die Jahre gekommener Wesir klärt seinen Nachfolger in 15 Tagen und Nächten über die Grundzüge des Herrschens auf. Es ist eine menschenverachtende Handlungsanweisung, die zugleich sehr satirische Anklänge erkennen lässt.
Obwohl 1897 entstanden, habe der Originaltext sehr aktuelle Bezüge, meint Ilija Trojanow: „es gibt eine Universalität, was die Mechanismen der Macht betrifft, die ganz und gar erstaunlich ist.“
Die Konzentration von Macht verhindern
Seine Erzählung lässt der Autor durch bekannte Stimmen aus der Weltliteratur kommentieren. Der Bogen reicht von Aristoteles über Thomas Hobbes und Machiavelli bis Hannah Arendt. Zitate aus chinesischen, japanischen und indischen Werken widersprechen den autoritären Herrschaftsregeln.
„Das Buch der Macht. Wie man sie erringt und (nie) wieder losslässt“ ist ein spannender, aufschlussreicher Dialog über die eine zentrale Frage, die schon Michailowski umgetrieben hat: Wie kann eine gute Politik aussehen, die den Menschen nützt, aber für den Machterhalt von Nachteil ist?
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Rezension von Mario Scalla (Übernahme vom HR).
S. Fischer Verlag, 528 Seiten, 30 Euro
ISBN 978-3-10-397339-6
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