Platz 8 (25 Punkte)

Arno Frank: Ginsterburg

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Er habe sich, so sagt es der in Kaiserslautern geborene Journalist und Schriftsteller Arno Frank, vor allem für diejenigen Menschen interessiert, die man nach dem Ende des Dritten Reichs gemeinhin als „Mitläufer“ charakterisiert habe. Die einfachen Leute also, die irgendwie durchkommen mussten und sich dabei, wie könnte es anders sein, auch schuldig gemacht haben.

Arno Frank erzählt aus unterschiedlichen Perspektiven aus einer deutschen Kleinstadt und das im Fünfjahres-Rhythmus: 1935, 1940, 1945. Frank erfindet keine Identifikationsfiguren, verteilt keine Sympathien. Da sind eine Buchhändlerin und ihr Sohn, der später als Flieger Karriere machen wird. Da ist der Redakteur der lokalen Zeitung, der vor der NS-Zeit noch Kontakte zu linken Intellektuellenkreisen gepflegt hat. Irgendwann sind alle Ambitionen und auch alle Wertmaßstäbe begraben worden. Eine Mischung aus Angst, Karrieresucht und Opportunismus hat die Oberhand gewonnen. Man ist ein bisschen Täter und ein bisschen Opfer, und natürlich gibt es in diesem Kleinstadt-Wimmelbild auch die echten Zyniker und Schurken wie den Blumenhändler, der zum Kreisleiter aufsteigt.

Frank zeichnet das Bild einer sich wandelnden und abstumpfenden Stadtgesellschaft, flicht dokumentarisches Material ein und erreicht auf diese Weise eine hohe Anschaulichkeit und Nähe. Frank nennt Kempowski und Klemperer als wichtige Referenzgrößen seines Romans. Das sind gewiss nicht die schlechtesten.

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Autor/in
SWR