Harmlos, fast heiter kommt dieses Debüt der in Wiesbaden geborenen Schriftstellerin daher, aber hinter dem umgänglichen Tonfall lauern Ängste und deutsche Abgründe. Die Ich-Erzählerin wächst auf einem hessischen Dorf auf. „Gude“, sagen die Menschen, wenn sie sich auf der Straße begegnen. Die Kapitel sind kurz; wie aus Puzzleteilen wird ein Bild zusammengesetzt – etwa aus Fragmenten und Listen, die häufig durch Piktogramme ergänzt werden.
Die Eltern der Erzählerin verkaufen Versicherungen. Die Großeltern haben auch bereits Versicherungen verkauft. Eine Dynastie. Aber bieten Versicherungen auch Sicherheit? Wovor schützen sie? Wer Versicherungen verkauft, weiß alles über die Dorfbewohner, ist Schutzpatron und Machthaber zugleich. Im Zentrum dieses Romans steht ein Trauma. Alles, was geschieht, ist wie an einem Dorn daran aufgehängt. Ein Unfall. Da war die Ich-Erzählerin drei Jahre alt. Seitdem wird ihr häufig übel. Wie sie gegen die Angst angeht? Sie schreibt. Keine Tätigkeit, die Sicherheit verspricht für die Zukunft. Aber zumindest gibt es die Künstlersozialkasse.
Sprunghaft geht es in „Lebensversicherung“ zu, aber untergründig ist alles fein miteinander verwoben, werden alle Gewissheiten in Frage gestellt. Ein ungemein feines und detailreich beobachtetes Buch, das einen ganz eigenen Kosmos entwirft und doch Allgemeingültigkeit beanspruchen darf.