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Julia Schoch: Wild nach einem wilden Traum

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Im Jahr 2022 veröffentlichte Julia Schoch den ersten Teil ihrer Romantrilogie, der sie den bewusst vage und offen gehaltenen Titel „Biographie einer Frau“ gegeben hat. Die Ich-Erzählerin dieser Romane ist Schriftstellerin; ihre biografischen Daten decken sich mit jenen der Autorin Julia Schoch. „Das Vorkommnis“, so hieß der erste Roman, erzählt davon, wie nach einer Lesung der Ich-Erzählerin aus einem ihrer Bücher plötzlich eine Frau vor ihr stand, die behauptete, denselben Vater wie die Erzählerin zu haben.

Im zweiten Roman „Das Liebespaar des Jahrhunderts“, erschienen 2023, beschließt die Protagonistin, ihre jahrzehntelange Beziehung zu beenden und ihren Mann zu verlassen. Nun, im Abschlussband, erzählt Julia Schoch von der Liebe ihrer Erzählerin zu einem katalanischen Schriftsteller, den sie während eines Auslandsstipendiums in den USA kennenlernte. Alles geschieht wie selbstverständlich und endet nach drei Monaten.

Doch diese Geschichte ist bei weitem nicht alles: In Rückblenden erinnert die Erzählerin sich an ihr Aufwachsen in einer Garnisonsstadt am Stettiner Haff, an die folgenreiche Begegnung mit einem jungen Soldaten, an ihre Schreibanfänge. Diese Trilogie geht weit über das Private hinaus. Julia Schoch hat eine kluge Reflexion auf das Schriftstellerdasein und die verzehrende Macht familiärer Verhältnisse geschrieben.

Neuer Roman „Wild nach einem wilden Traum“ Julia Schoch blickt zurück auf ihre Zeit als Mainzer Stadtschreiberin

Die Schriftstellerin Julia Schoch legt zum Abschluss ihrer Zeit als Stadtschreiberin der Stadt Mainz einen neuen Roman vor: „Wild nach einem wilden Traum". Es ist gleichzeitig der Abschluss der autofiktionalen Trilogie „Biographie einer Frau" über eine Schriftstellerin. In dem Buch geht es um eine wilde Liebesaffäre, aber auch um literarisches Schreiben und wie sich darin Erleben und Erinnern gegenseitig beeinflussen.
Schreiben aus der Erinnerung
Julia Schoch notiert ihre Erlebnisse nicht dokumentarisch. Ihr ist es wichtig, dass zwischen dem Erleben und dem Schreiben über ein Ereignis ausreichend Zeit vergeht: „Das ist für mich ein Prozess, der sehr lange dauert. Erst die Erinnerung zeigt eigentlich, was erzählenswürdig ist. Und das entspricht natürlich nie der dokumentarischen Wirklichkeit." Für Julia Schoch ist das Vergessen eine Voraussetzung dafür, Geschichten neu erfinden zu können.
Film zum Buch
Das ZDF hat einen Film über Julia Schoch und das Ende ihrer Zeit als Stadtschreiberin produziert. dafür hat die Autorin ein Interview mit sich selbst geschrieben. Dabei spielt der Tatort–Darsteller Jörg Hartmann die Autorin. „Vor der Kamera in einem Interview fängt man ja automatisch an zu schauspielern. Da habe ich mir gedacht, ich nehme gleich jemanden, der das kann".

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Gespräch Julia Schoch: Das Liebespaar des Jahrhunderts - Julia Schoch erzählt vom Ende einer Ehe

Eine Frau will sich von ihrem Mann trennen. 30 Jahre lang waren sie verheiratet. 2 gemeinsame Kinder. Was geht der Frau durch den Kopf? Ein Gespräch mit der Autorin Julia Schoch.

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SWR2 lesenswert Kritik Julia Schoch – Das Liebespaar des Jahrhunderts. Biographie einer Frau

Warum an der Liebe arbeiten, wenn man sich auch trennen kann? Messerscharf und exemplarisch analysiert Julia Schoch in "Das Liebespaar des Jahrhunderts" die Ermüdungserscheinungen einer langjährigen Beziehung. Und stellt die Frage, wie man eingeschlichenes Unglück wieder loswird.

dtv Verlag, 192 Seiten, 22 Euro
ISBN 978-3-423-28333-5

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Diskussion über vier Bücher SWR Bestenliste Februar mit Büchern von Samantha Harvey, Julia Schoch, Jonas Lüscher und Wolf Haas

Über den Wolken und durch die Jahrhunderte: Meike Feßmann, Julia Schröder und Paul Jandl diskutierten vier auf der SWR Bestenliste im Februar verzeichnete Werke, die von berauschenden und bedrückenden Reisen handeln. Zunächst ging es um den mit dem Booker Prize ausgezeichneten Roman „Umlaufbahnen“ von Samantha Harvey in der deutschen Fassung von Julia Wolf, in dem sechs Astronauten auf einer Raumstation durchs Weltall schweben und ihr Verhältnis zur bedrohten Mutter Erde neu justieren (Platz 4).
Besprochen wurde in der ausverkauften Mediathek in Bühl Julia Schochs Abschluss ihrer Trilogie, die mit „Biographie einer Frau“ überschrieben ist und auf Platz 3 der Februar-Bestenliste steht: Nach „Das Vorkommnis“ und „Das Liebespaar des Jahrhunderts“ heißt der dritte Teil der autofiktionalen Romanreihe „Wild nach einem wilden Traum“, in welchem es um die Erinnerung an eine Affäre und die Entscheidung der Erzählerin geht, Schriftstellerin zu werden.
Auf Platz 2 wird auf der Bestenliste im Februar der neue und vieldiskutierte Roman von Jonas Lüscher gelistet: „Verzauberte Vorbestimmung“ heißt das Werk, das einerseits ein Post-Covid-Roman ist und andererseits das angespannte Verhältnis von Mensch und Maschine in unterschiedlichsten Epochen reflektiert.
Der Spitzenreiter der Bestenliste im Februar ist der neue Roman „Wackelkontakt“ von Wolf Haas. Darin wird zunächst von einem Trauerredner namens Franz Escher erzählt, der auf einen Elektriker wartet und einen Roman über einen Mafioso liest. Schon bald geht es aber auch um einen Mann im Zeugenschutzprogramm, der sich die Zeit mit einem Buch vertreibt, in dem wiederum der Trauerredner Escher auf den Elektriker wartet. Der Text ist ein Prosa-Labyrinth, das an die unmöglichen und unendlichen Gemälde des niederländischen Grafikers M.C. Escher erinnert. Jury und Publikum waren gleichermaßen amüsiert.
Aus den vier Büchern lasen Isabelle Demey und Dominik Eisele. Durch den Abend führte Carsten Otte.

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