Die 1967 geborene Französin Maylis de Karangal gilt in ihrem Heimatland bereits seit langem als Anwärterin für den bedeutendsten Literaturpreis, den Prix Goncourt, in Deutschland allerdings ist ihr der ganz große Durchbruch bislang verwehrt geblieben, was sich mit diesem gerade einmal 90 Seiten umfassenden, aber hoch intensiven Buch ändern könnte. „Weiter nach Osten“ ist im Original bereits 2012 erschienen und hat trotzdem eine verblüffende Aktualität.
„Die da“, so heißt es zu Beginn, „kommen aus Moskau und wissen nicht, wohin sie fahren. Es sind viele, über hundert, junge Kerle, blass, geradezu bleich, abgezehrt und kahlgeschoren, die Arme sehnig, der Blick starr, der Oberkörper in ein khakifarbenes Unterhemd gezwängt.“ Wohin der Zug fährt, der sie gleich im riesigen Bahnhof von Nowosibirsk aufnehmen wird, hat man ihnen nur vage gesagt. Es sind Rekruten der russischen Armee, zumeist junge Leute, die es nicht geschafft haben, sich durch Tricks oder Beziehungen davonzumachen und dem Wehrdienst zu entkommen.
Einer von ihnen ist der junge Aljoscha, arm und mutterlos, der an jedem Bahnhof die Hoffnung hegt, abzuspringen und zu fliehen. Doch der Zug ist zu gut bewacht. Alles ändert sich, als an einem Zwischenhalt die Französin Hélène zusteigt. Zwischen den beiden entspinnt sich etwas, das dem Geschehen eine neue Richtung geben könnte. Ein transsibirischer Trip; eine Reise in die Ungewissheit.