Chaim Nachman Bialik, 1873 in der heutigen Ukraine geboren und 1934 in Wien gestorben, gilt bis heute als einer der bedeutendsten hebräischen Autoren. Die Stadt Tel Aviv vergibt bereits seit 1933 einen nach Bialik benannten Preis. In Israel gilt er als Nationaldichter. Aus Odessa war Bialik 1924 nach Tel Aviv ausgewandert; dort ist er auch begraben.
Die Schriftstellerin und Psychologin Ayelet Gundar-Gosgen erläutert in ihrem Nachwort zu dem Band „Wildwuchs“, der den Untertitel „Geschichten aus Wolhynien“ trägt, dass der israelische Ministerpräsiden Benjamin Netanjahu am Abend des 7. Oktober 2023 einen Vers Bialiks zitierte, was vielen Zuhörern gar nicht bewusst gewesen sei, weil die Zeile „Nicht kann selbst die Hölle so grausig Verbrechen, / nicht Kindesblut rächen“ zum Allgemeingut, zu einem geläufigen Spruch geworden war.
Gleiches gilt für die Kinderlieder, die auf Texten Bialiks basieren und mit denen seit Generationen Eltern ihre Kinder in den Schlaf singen. Bialik, so schreibt Ayelet Gundar-Gosgen, sei stets ein am Rande stehender, unauffälliger Beobachter gewesen: „Als Kind linste er von der Seite auf seinen Vater, der die Wirtshausgäste bediente, sah ihn in seiner ganzen Armseligkeit.“
Die drei Erzählungen in diesem Band, ergänzt durch das dramatische Poem „In der Stadt des Tötens“, sind dort erstmals in deutscher Übersetzung zu finden. Es sind Geschichten, die von einem versunkenen Leben, von einer untergegangenen Welt erzählen. Texte, die weit mehr als nostalgischen Wert haben.