Der Text erschien erstmals 1842 und wurde später in den renommierten „Deutschen Novellenschatz" aufgenommen. Seither gehört er zum literarischen Kanon.
Leben im Münsterland
Annette von Droste-Hülshoff wurde 1797 im Münsterland geboren, auf Burg Hülshoff.
Die Familie: westfälischer Landadel. Gebildet, naturverbunden und musikalisch. Der Onkel Maximilian von Droste-Hülshoff war Komponist. Annette wuchs auf Burg Hülshoff auf. Hier schrieb sie ihre ersten Werke. Als der Vater starb, übernahm ihr Bruder Werner das Schloss.
Die Mutter siedelte mit ihren unverheirateten Töchtern Jenny und Annette ins sogenannte Rüschhaus über. Dieser Witwensitz liegt rund fünf Kilometer von der Burg entfernt.
Die Burg ist heute ein Museum, samt Parkgelände und Café-Terrasse. Man kann sich die Bibliothek ansehen, in der die Hülshoff-Kinder unterrichtet wurden, das Wohnzimmer, in dem man sich abends zum Vorlesen, Handarbeiten und Musizieren traf, und das geräumige Esszimmer.
An den Wänden hängen die Porträts der Familienmitglieder in Öl.
Meersburg am Bodensee
Annette von Droste-Hülshoff reiste in ihren letzten Lebensjahren mehrmals an den Bodensee. Ihre Schwester Jenny lebte nach ihrer Heirat auf Burg Meersburg und Annette besuchte sie dort.
Von hier aus verfolgte sie auch das Erscheinen der „Judenbuche" als Fortsetzungsroman im April und Mai 1842. Das Stuttgarter „Morgenblatt für gebildete Leser" veröffentlichte die Novelle.
"Die Judenbuche"
Annette von Droste-Hülshoff erzählt die Geschichte von Friedrich Mergel, der in prekären Verhältnissen aufwächst: Der Vater ist Alkoholiker und stirbt früh. Deshalb nimmt der windige Onkel Simon den Jungen mit zu sich nach Hause. Auf dem Weg dahin müssen sie einen Ausläufer des Teutoburger Waldes durchqueren. Eine schauerromantische Szenerie. Friedrich erzählt Simon, dass seine Mutter regelmäßig den Rosenkranz betet, er selbst aber nicht.
Simons Einfluss verdirbt den jungen Friedrich. Er fängt an zu trinken, feiert viel und lässt sich vom Juden Aaron eine silberne Taschenuhr liefern, die er sich eigentlich nicht leisten kann. Die Geschichte eines haltlosen und deshalb gefährdeten jungen Mannes – ein zeitloses Thema.
Friedrich ist Hirte und schläft nachts bei seinen Kühen am Waldrand. Einmal tritt der Förster Brandis mit einigen Jägern aus dem Unterholz. Sie durchkämmen den Wald nach Holzdieben. Als der Förster fragt, wohin seine Leute gelaufen seien, schickt Friedrich ihn in die falsche Richtung. Am nächsten Tag liegt Brandis erschlagen im Wald. Waren es die Holzdiebe? Oder war es Friedrich? Der aber wurde zur Tatzeit im Dorf gesehen und hat somit ein Alibi. Der Täter wird letztlich nicht gefunden.
In diesem Herbst ist das ganze Dorf zu einer Hochzeitsfeier geladen. Friedrich feiert kräftig mit. Als alle es gut sehen können, zückt er seine prächtige silberne Taschenuhr. Nach einer Weile aber sieht man Friedrich nicht mehr auf der Tanzfläche. Der Grund:
„Eine große, unerträgliche Schmach hatte ihn getroffen, da der Jude Aaron, ein Schlächter und gelegentlicher Althändler aus dem nächsten Städtchen, plötzlich erschienen war, und nach einem kurzen, unbefriedigenden Zwiegespräch ihn laut vor allen Leuten um den Betrag von zehn Talern für eine schon um Ostern gelieferte Uhr gemahnt hatte. Friedrich war wie vernichtet fortgegangen." (Aus: Die Judenbuche)
Einige Tage später wird Aaron erschlagen im Brederholz gefunden. Wieder fällt der Verdacht auf Friedrich. Der aber flieht. Nach Friedrichs Verschwinden versammeln sich die Juden der Umgebung, kaufen die Buche, unter der der Mord wohl stattgefunden hat und schlagen einen hebräischen Satz in die Rinde. Eine Prophezeiung, eine Drohung:
„Wenn du dich diesem Ort nahest, so wird es dir ergehen, wie du mir getan hast." (Aus: Die Judenbuche)
War Friedrich wirklich der Mörder? Nach einer Weile gesteht ein Jude den Mord an Aaron, völlig unerwartet. Doch Friedrich bleibt verschwunden.
Aufzeichnung eines Gesprächs im Literaturhaus in Stuttgart
Ulrike Draesner und John von Düffel sprechen mit Anja Brockert am 6. November 2017 im Literaturhaus Stuttgart über das Werk „Die Judenbuche". Mit einer poetischen Performance von Timo Brunke.