Die Wissensplattform Wikipedia setzt erfolgreich auf die Schwarmintelligenz: Wo viele ihr Wissen zusammentragen, entsteht ein umfangreiches Lexikon. Doch im Schwarm gibt es auch Haie: Rechtsextremisten schlossen sich unter dem Namen „Sockenpuppenzoo“ zusammen. Mit Fake-Accounts haben sie Artikel in ihrem Sinne umgeschrieben. Wie das funktionierte, erzählt ein neuer SWR Doku-Podcast.
Hier spricht der Rosa-Liebknecht-Sockenpuppenzoo. Nach wie vor brüten wir vor dem Problem, wie es möglich ist, ohne allzu großen Zeitaufwand das Projekt nachhaltig zu schädigen.
Das Projekt, um dessen Schädigung es geht, heißt Wikipedia. Hinter dem Namen „Rosa Liebknecht Sockenpuppenzoo“ verbargen sich in den 2000er-Jahren ein oder wenige User, die mit Hilfe von hunderten Fake-Accounts die Informationen der Online-Enzyklopädie, die wir alle fast täglich nutzen, manipulierten. Sockenpuppen, weil die vermeintlichen Autoren genauso unecht waren, wie die aus Socken gebastelten Handpuppen von Bauchrednern.
Podcast Sockenpuppenzoo – Angriff auf Wikipedia
Wikipedia ist die vielleicht wichtigste Webseite unserer Demokratie. Eine Internet-Utopie, wo jede und jeder freien Zugang zu Wissen hat. Und sogar selbst mitschreiben darf. Doch das System ist fragil.
Rechtsextreme haben die Offenheit Wikipedias genutzt, um Informationen und Diskurse unerkannt zu manipulieren. Mutmaßlich schrieben sie mithilfe von hunderten von Fake Account Artikel zur deutschen Geschichte um, erfanden Fakten, relativierten den Holocaust – bis sich ihnen eine Handvoll Wikipedianer*innen mutig entgegenstellte. Ob die Täter wirklich gestoppt wurden, ist bis heute nicht klar.
Die Investigativjournalisten Christoph Schattleitner und Daniel Laufer nehmen im Podcast "Sockenpuppenzoo" die Spur auf und fragen: Was sind das für Menschen, die hinter diesem Angriff stecken? Und können wir Wikipedia heute wirklich noch vertrauen? Ihre Recherche führt sie von den dunkelsten Ecken des Internets zu holzvertäfelten Burschenschaftskellern bis in die Kaderschmiede der Bundeswehr.
Die Investigativjournalisten Christoph Schattleitner und Daniel Laufer nehmen im Podcast „Sockenpuppenzoo“ die Spur auf und fragen: Was sind das für Menschen, die hinter diesem Angriff steckten? Und wie groß ist die Gefahr heute noch.
Aus NS-Widerstandskämpfern werden Mörder
Wie die Einflussnahme vom Sockenpuppenzoo auf Wikipedia genau funktioniert hat, schildern die Journalisten zum Beispiel anhand des Eintrags zum Widerstandskämpfer Georg Elser:
Elser, so berichten sie, wurde heimlich und ohne Gerichtsurteil von der SS hingerichtet. Der Rosa-Liebknecht-Sockenpuppenzoo änderte das Wort „NS-Opfer“ zu „Mörder“. So wurde aus dem Opfer Georg Elser auf Wikipedia ein Täter.

Eine der wichtigsten Webseiten unserer Demokratie
Die Podcast-Hosts Christoph Schattleitner und Daniel Laufer sind sich sicher: Wikipedia ist eine der wichtigsten Webseiten unserer Demokratie. Denn jede unserer Entscheidungen hängt davon ab, was wir wissen.
Jahrelang konnte der Sockenpuppenzoo die Realität umschreiben und auf rechts drehen, bis sich ihm eine Handvoll Wikipedianer mutig entgegenstellte. Inzwischen hat Wikipedia verschiedene Kontroll-Mechanismen eingerichtet. Diese sollen verhindern, dass sich Fake-Accounts unter die Autoren mischen und damit Unwahrheiten verbreiten. Aber auch die Gegenseite schläft nicht.
Der Podcast „Sockenpuppenzoo“ beweist: Wissen ist Macht. Im Netz sind einfache Wahrheiten mit besonders viel Vorsicht zu genießen.