Das Leben ist eine Partie Minigolf. Leider wahr. Man wird geboren. Man steht an einer zwölf Meter langen Betonbahn. Man haut erfolglos einen Ball in Richtung Loch – als Kind, als Teenie, Vater oder Mutter, Opa oder Oma. Und nachdem auch der letzte Enkel seinen Schlag versemmelt hat, ist es vorbei.
Minigolf im Frühjahr: Tapern von Loch zu Loch
Etwa 2.000 Anlagen in Deutschland stehen dafür zur Verfügung. Millionen Menschen tapern im Frühjahr und Sommer von Loch zu Loch. Man wartet darauf, dass die vorneweg spielenden Dilettanten endlich die Bahn freigeben. Man ärgert sich über nachfolgende Drängler, die einem nie Zeit lassen.

Konzentrieren und danebenhauen. Nochmal konzentrieren – und nochmal danebenhauen. Wer sich diese Art zu leben ausgedacht hat? Kaum verwunderlich: ein Schweizer. Die ersten Bahnen gab es vor etwa 100 Jahren. Aber erst ein Genfer Landschaftsarchitekt normte das harmlose Vergnügen 1954 zum Freizeitwahnsinn des Alltags.
Minigolf als Hindernis-Parcours des Lebens
18 Bahnen, 12 Meter lang, 1,25 Meter breit. Beton, Filz oder Gummi. Unverzichtbar die üblichen Hindernisse: Looping, Vulkan, Kippe, Schnecke – und die furchtbare Sprungschanze, bei der man in ein Netz schlagen muss.
In Ascona in der Schweiz wurde dieser Hindernis-Parcours des Lebens erstmals errichtet. Der erste deutsche Nachbau entstand in Traben-Trarbach. Danach war es zu spät, um das Minigolf-Desaster noch zu vereiteln.

Erstes Date beim Minigolf: Immer schön anschmiegsam
Man mag glauben, die Sache sei nach ein paar Urlauben und Kindergeburtstagen ausgestanden. Doch weit gefehlt. Selbst für das erste Date scheint Minigolf eine bevorzugte Wahl zu sein. Elf Prozent geben bei Parship an, sich am liebsten beim Putten kennenlernen zu wollen. Beliebter ist unter den Breitensportarten nur die gemeinsame Fahrradtour.
Dabei warnen sie am Minigolf-Geburtsort in Ascona: Mit der Verliebtheit könnte es schnell vorbei sein. Schluss mit der anschmiegsamen Hilfestellung. Jetzt heißt es: Ich oder Du. Wir haben schon alles gesehen, sagt der Betreiber der Anlage im Tessin. Auch Dates, die aus Frust im Fiasko endeten.

Trotzdem spielen viele weiter. Warum? Weil es trotz erstem Date beim Minigolf doch noch geklappt hat. Weil Kinder da sind, die ebenfalls ihre Frusterfahrungen sammeln sollen. Außerdem schlummert in Erwachsenen der Nerd, der spätestens jetzt nach seinem Recht verlangt.
Minigolf-Profis entdecken den Nerd in sich
Das Fernziel: jede Bahn mit einem Ass absolvieren. Professionelle Spieler horten dafür 200 bis 300 Bälle. Für jedes Wetter und jede Bahn die richtigen. Man kühlt sie im temperierbaren Köfferchen, damit sie gemächlicher rollen. Wärmt sie im Spezialstrumpf, um sie lauffreudiger zu machen. Nicht zu vergessen: der Minigolf-Handstaubsauger, mit dem sich störende Blätter entfernen lassen.

Das Leben – ein Minigolf-Spiel. 8.000 Vereinsmitglieder gehen in Deutschland „all in“. Minigolf total. Die vielfache Weltmeisterin Stefanie Blendermann lebt in Mainz. Ihre Devise: Höchste Konzentration. Und vor jedem Turnier ein genauer „Pistenplan“: Wo liegt die ideale Schlaglinie auf jeder Bahn? Bitte genau einprägen, damit irgendwann ein Schlag endlich mal ins Loch geht.