Frankreich debattiert über Verschärfung des Sexualstrafrechts

Emilia Roig: Vergewaltigung als kulturelles Phänomen in den Blick nehmen

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Nach dem schrecklichen Fall von Gisèle Pelicot sei Frankreich definitiv bereit für eine Verschärfung des Strafrechts in Bezug auf Vergewaltigung, sagt Emilia Roig im Gespräch mit SWR Kultur. Heute wird in der französischen Nationalversammlung über die Aufnahme des „Ja heißt Ja“-Prinzips in das französische Strafrecht debattiert.

Dieses Prinzip sei besser als das „Nein heißt Nein“, da Letzteres möglicherweise Spielraum für Interpretationen lassen könne. Das „Ja“ hingegen „könnte einen besseren Schutz für Frauen darstellen, weil die Zustimmung ausdrücklich geäußert werden muss“, so Roig.

Es gehe heute nicht nur um eine mögliche neue strafrechtliche Regelung, sondern auch um die Debatte über eine „Vergewaltigungskultur“. Daher ist Roig skeptisch, was die „Individualisierung von Phänomenen“ angehe. Im Fall Gisèle Pelicot, die eine bestimmte gesellschaftliche Klasse verkörpere, stelle sich die Frage: „Hätten wir auch so darüber gesprochen, wenn sie einer bestimmten Arbeiterklasse angehört, eine Migrantin oder eine Frau mit Behinderung gewesen wäre?"

Roig hält es für notwendig, über das Thema „Vergewaltigungskultur“ zu sprechen, betont jedoch, dass es wichtig sei, dieses Thema von der individuellen Person zu entkoppeln.

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Das Interview führte
Doris Maull
Doris Maull
Interview mit
Emilia Roig