Ein Viertel der Menschen in Deutschland hat eine Einwanderungsgeschichte: Das bildet sich inzwischen auch in der Gegenwartsliteratur ab. „Das Bedürfnis solche Geschichten zu erzählen, ist jetzt groß", sagt Schriftsteller Deniz Utlu, einer der Gäste beim diesjährigen SWR Medienforum über Migration in Stuttgart.
Deniz Utlu hat über die Generation seines Vaters geschrieben und betont: „Es ist wichtig zu wissen, dass diese Geschichten nicht erst jetzt entstehen und nicht erst jetzt erzählt werden, sondern schon lange". Bereits Mitte der 1950er Jahre mit den ersten italienischen Gastarbeiter*innen kam eine Form der Poetisierung.
Mehr mit Deniz Utlu
Buchkritik Tanja Raich (Hg.) – Frei sein. Das Ringen um unseren höchsten Wert
Die Autor:innen des Bandes "Frei sein" begeben sich auf Spurensuche in ihrem eigenen Leben und gewähren überraschende Einblicke in zentrale Aspekte wie Konsum, Körper, Populismus, Arbeit, Klasse, Literatur und Liebe. Mit Texten unter anderem von Deniz Utlu, Anna Kim, Şeyda Kurt, Sven Pfizenmaier, Luna Al-Mousli, Ninia LaGrande, Franziska Hauser und Illustrationen von Nicolas Mahler.
Kein & Aber, 240 Seiten, 18,99 Euro
ISBN 978-3-0369-5028-0
Gespräch Die neue Literaturzeitschrift „Delfi“
Es gibt eine neue Literaturzeitschrift: „Delfi. Magazin für neue Literatur“. Zweimal im Jahr erscheint das Magazin als Themenheft, solide finanziert durch den Ullstein-Verlag. Alle Texte in „Delfi“ sind Erstveröffentlichungen.
Claassen Verlag, 152 Seiten, 15 Euro
ISBN 978-3-5461-0090-8
Was geht - was bleibt? Zeitgeist. Debatten. Kultur. 3 Jahre nach Hanau - Was bleibt außer Bitterkeit und Misstrauen?
“Wir sind alle Hanau”, hieß es nach dem rechtsextremen Anschlag in Hanau.
Stimmt das? Oder schaut ein großer Teil der Gesellschaft weg - aus fehlender Betroffenheit, aus Ignoranz oder Rassismus? Und wie könnte im Gegenteil dazu eine solidarischere Gesellschaft aussehen?
Am 19. Februar 2020 riss ein Rassist in Hanau neun junge Menschen aus dem Leben. Seitdem sind drei Jahre vergangen, aber “nichts ist aufgearbeitet worden", beklagt der Rapper Aksu, der in seinem Song “Wo wart ihr?” den rechtsextremen Anschlag verarbeitet hat. Die vielen offenen Fragen und auch das offensichtliche Fehlverhalten der Sicherheitsbehörden verstärken sein Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Er hätte sich auch in der Musikszene mehr Anteilnahme gewünscht.
Wegsehen zu können sei ein Privileg, meint der Autor Deniz Utlu. Solidarität heißt für ihn, “sich bewusst dafür zu entscheiden, dieses Privileg nicht zu nutzen”.
Aber selbst wenn die Gesellschaft mehr Mitgefühl, mehr Menschlichkeit entwickeln würde - Armin Kurtović, der Vater eines Opfers, gibt zu bedenken: “Egal was wir machen, nichts bringt mir meinen Sohn zurück”.
Habt ihr weitere Themen oder Feedback?
Schreibt uns an kulturpodcast@swr.de.
Hosts: Kristine Harthauer und Philine Sauvageot
Showrunner: Giordana Marsilio
Wir empfehlen zur Folge:
Der Song “Wo wart ihr?” von Aksu https://www.youtube.com/watch?v=gAjHPu3jJKc
Die Soli-Lesung am 11.2. in Hanau und digital https://www.betterplace.org/de/fundraising-events/43634-soli-lesung-in-hanau-wir-vergessen-nicht
SWR2-Feature zur “Lücke von Hanau” https://www.swr.de/swr2/doku-und-feature/die-luecke-von-hanau-100.html
Das Sammelband “Anders bleiben” https://www.rowohlt.de/buch/anders-bleiben-9783499010804
Das Sammelband “Eure Heimat ist unser Albtraum” https://www.ullstein.de/werke/eure-heimat-ist-unser-albtraum/hardcover/9783961010363
Eine ARD-Doku zu den Folgen von Hanau https://www.ardmediathek.de/video/dokus-und-reportagen/hanau-eine-nacht-und-ihre-folgen/hr-fernsehen/Y3JpZDovL2hyLW9ubGluZS8xMjY5MzE
Keywords: Hanau, Anschlag, Rassismus, Solidarität, Gesellschaft, Jahrestag