Mit 551 Fragen nimmt die CDU zahlreiche NGOs ins Visier – darunter Correctiv, Omas gegen Rechts und netzwerk recherche. Während die Union Transparenz betont, sehen Kritiker darin den Versuch, kritische Organisationen zu delegitimieren und einzuschüchtern. „Die Zivilgesellschaft muss wertebasiert handeln – nicht neutral“, meint unser Kommentator Arne Semsrott.
Die 551 Fragen der Union sind äußerst ungewöhnlich
Es ist schon verwunderlich, dass es die kleine Anfrage der Unionsfraktion überhaupt zur Drucksache im Bundestag geschafft hat. in den Fraktionen weiß man nämlich, dass die Bundestagsverwaltung derart umfangreiche und skurrile Anfragen in der Regel gar nicht erst zur Beantwortung an die Bundesregierung durchlässt.
Kleine Anfrage der CDU NGOs und Demokratie: Wie zivilgesellschaftliches Engagement die Politik stärkt
NGOs sind essenziell für Klimaschutz, Pressefreiheit und Gerechtigkeit. Doch nun nimmt die CDU einige ins Visier. Geht es um Transparenz oder politische Attacken?
Hier ist es aber geschehen. Und die 551 Fragen der Union sind tatsächlich äußerst ungewöhnlich, nicht nur in Sprache und Stil, sondern auch im Inhalt. Eine Kostprobe aus der Anfrage, Frage 68: „Haben die Kampagnen des Vereins Omas gegen Rechts Deutschland e. V. nach Einschätzung der Bundesregierung direkte Auswirkungen auf Wahlergebnisse oder politische Entscheidungen?“
Na, was meinen Sie? Haben die Omas gegen Rechts an den Wahlurnen geschraubt? Hätte Friedrich Merz ohne die Omas eine absolute Mehrheit? Ist das Bundesinnenministerium von den Omas unterwandert?
Es geht darum, die Arbeit von Demokratie-Initiativen und Medien zu delegitimieren
Eines muss klar sein: Wer diese Fragen stellt, hat kein Interesse an Antworten. Es geht um etwas anderes. Wenn die Union etwa mit einer weiteren Frage suggeriert, der Verein netzwerk recherche, in dem sich Investigativjournalisten organisieren, würde „gezielt politische Gegner diskreditieren oder diffamieren“, geht es ihr offenbar darum, die Arbeit von Demokratie-Initiativen und Medien zu delegitimieren.
Das soll vor allem einschüchtern. Man muss befürchten, dass die Union es in der kommenden Bundesregierung nicht nur bei solchen Anfragen belässt, sondern zivilgesellschaftliche Strukturen des Zusammenhalts angreifen wird.
Die Union verabschiedet sich zusehends von der demokartischen Mitte
Die CSU hat in ihrer „Bayern-Agenda“ zur Bundestagswahl bereits angekündigt, alle „Förderungen von Nicht-Regierungsorganisationen durch die Bundesregierung auf den Prüfstand zu stellen“. Es dürfe keine „Finanzierung linker Vorfeldorganisationen durch Steuermittel“ geben.
Damit verabschiedet die Union sich zusehends von der demokratischen Mitte. Jüngst kritisierte Irmgard Braun-Lübcke, die Witwe des ermordeten CDU-Politikers Walter Lübcke, Friedrich Merz für seine Entgleisungen gegenüber der Zivilgesellschaft. Nach der Ermordung ihres Mannes habe es „ein starkes gesellschaftlich breites Bekenntnis zu unserer Demokratie und ihren Werten“ gegeben. Dieses Bündnis greift die Union jetzt offen an.
Die Zeit ist gekommen, die Zivilgesellschaft zu schützen
Umso wichtiger ist es jetzt, dagegenzuhalten. Zum einen müssen wir als Zivilgesellschaft klar machen, dass wir nie neutral sind und es auch nicht sein dürfen. Ein von der Union gefordertes Neutralitätsgebot gibt es für die Zivilgesellschaft nicht. Im Gegenteil: Sie muss wertebasiert handeln.
Zum anderen ist die Zeit gekommen, die Zivilgesellschaft zu schützen: Mit Spenden, mit Tatkraft und mit Zuspruch. In Zeiten der Härte braucht es mehr Zärtlichkeit untereinander. Und: Wer als nächstes von der Union ins Visier genommen wird, sollte das vielleicht sogar als Auszeichnung verstehen.
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