Einen "unermüdlichen Aufklärer" nennt ihn Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der deutsche Bundesaußenminister Heiko Maas sieht in ihm "einen der größten Intellektuellen unserer Zeit".
Wenn der Philosoph Jürgen Habermas öffentlich auftritt, dann schart sich die politische Elite um ihn, sucht seine Nähe, seinen Rat. Auch zu seinem 90. Geburtstag am 18. Juni sind die Zeitungen voll mit Glückwünschen an den deutschen Vorzeigedenker, dem zuletzt gar nicht zum Feiern zumute war.
Der Zerfall Europas und der Rückzug hinter nationale Grenzen stellen politische Werte in Frage, für die Habermas seit Jahrzehnten kämpft. Gleichzeitig wirkt eine Philosophie seltsam unzeitgemäß, die auf "kommunikative Vernunft" und Konsens setzt - in einer Situation, in der sich die politischen Lager abschotten, in der moralische Empörung öffentliche Debatten bestimmt und Teile der Bevölkerung für vernünftige Argumente scheinbar nicht mehr zu erreichen sind.
Ist Habermas mit seinem philosophischen Projekt der Verständigung gescheitert? Wie anschlussfähig ist sein Denken angesichts der weltweiten Krise der Demokratie?